Vorstehen
, [
1301-1302] verb. irreg. neutr. (
S. Stehen,) welches in den meisten Fällen mit seyn, bey
einigen manchen Fällen auch wohl mit haben verbunden wird. 1. Vorwärts, hervor
stechen; wo es im Hochdeutschen gemeiniglich mit haben gebraucht wird. Er
stehet vor, raget vor. Das Haus stand zu weit vor, vorwärts. 2. Vor einem
andern Dinge stehen. (1) Eigentlich, wo es doch seltener gebraucht wird. Man
siehet nichts, es stehet etwas vor, besser davor. Im engern Verstande sagt man
in der Jägerey, der Hund stehet vor, oder stehet dem Hasen, den Wachteln u. s.
f. vor, wenn er so abgerichtet ist, daß er vor den aufgespürten Hasen oder
Federwildbrete so lange stehen bleibt, bis sie geschossen oder gefangen werden,
da denn ein solcher Hund ein vorstehender Hund genannt wird. Die Hühnerhunde
und Wachtelhunde sind von dieser Art. In eben demselben Verstande sagt man, der
Hund stehet den Hasen, wenn er vor demselben vorstehet. (2) Häufiger ist es in
einigen figürlichen Bedeutungen, a) Vorstehen müssen, persönlich vor Gericht
erscheinen müssen. Die Parteyen sind heute vorgestanden, vor Gericht. (
S. Vorstand.) b) Es stehet mir vor, es ahndet mir; ein
nur im gemeinen Leben üblicher Gebrauch, in welchem auch vorgehen üblich ist.
c) Einem Dinge vorstehen, die Aufsicht über die Bestimmung des Veränderlichen
in demselben führen, doch nur von Menschen und noch häufiger von menschlichen
Angelegenheiten. Abrahams Knecht stand allen Gütern seines Herren vor, 1 Mos.
24, 2. Jotham stand dem Hause des Königes vor, 2 Chron. 26, 1. So jemand seinem
eigenen Hause nicht weiß vorzustehen, 1 Tim. 3, 5. Die Ältesten, die wohl
fürstehen, Kap. 5, 17; für vorstehen, ob es gleich absolute, und mit
Verschweigung der dritten Endung im Hochdeutschen ungewöhnlich ist. Einem Amte
vorstehen. Seinem Geschäften nicht länger vorstehen können. Die Sonne dem Tage
vorzustehen, den Mond und Sterne, der Nacht vorzustehen, Ps. 136, 8, 9. Daher
das Vorstehen.