Üben
, [
733-734] verb. reg. act. 1) * Plagen,
eigentlich, durch heftige und gewaltsame Bewegungen unangenehme Empfindungen
erwecken; eine veraltete Bedeutung. Meine Tochter wird vom Teufel gefatzet, er
übet sie, sie schümet u. s. f. heißt es noch bey den Kaisersberg. 2) In weiterm
Verstande, durch mehrmahlige Bewegungen Einer Art, und in noch weiterm
Verstande, durch mehrmahlige Handlungen Einer Art, Fertigkeit darin
verschaffen. Die Truppen in den Waffen üben. Geübte Soldaten. Sich in etwas
üben. Sich im Reiten, Fechten, Tanzen u. s. f. üben. Seinen Verstand üben,
durch mehrmahliges Nachdenken. In den Sprachen geübt seyn. Im Unglück geübte
Menschen sind gemeiniglich die brauchbarsten und hülfreichsten, Gell. Es ist
gut, daß sie sich bey mir in den Liebeserklärungen gegeübt haben, ebend. 3) Oft
verliert sich der Begriff der Absicht, und da bleibt nur die Vorstellung der
mehrmahligen Wiederhohlung einer Handlung übrig. Eine Kunst, eine Wissenschaft,
ein Handwerk üben, im gemeinen Leben treiben. Mit andern Hauptwörtern wird es
in diesem Verstande seltener gebraucht; denn die biblischen Hochmuth üben,
allerley Bosheit üben u. s. f. sind veraltet. 4) Ehedem verlor sich auch der
Begriff der mehrmahligen Wiederhohlung, und da sagte üben weiter nichts, als
thun, merklich machen. Noch jetzt sagt man zuweilen, Rache an jemanden üben,
sich an ihm rächen; allein in den meisten übrigen Fällen ist es auch hier
veraltet. Ther sinan uuillon uabit, Ottfried. Wohin auch folgende biblische
Stellen gehören. Der Herr hatte an ihren Göttern Gericht geübt, 4 Mos. 33, 4.
Wo er sich hinwandte, da übte er Strafe, 1 Sam. 14, 47. Seine Macht, die er
geübt (gezeigt) hat, 1 Kön. 16, 27. Du hast Gewalt im Lande geübt, Hiob. 22, 8.
Wenn ihr fastet, so übt ihr euren Willen, Es. 58. 3. Ihr fahret fort mit Morden
und übet Greuel, Ezech. 33, 26. Und so in andern Stellen mehr. Er übet großen
Fleiß, Opitz. Der gerechtes Urtheil übt, ebend. Die zusammen gesetzten ausüben
und verüben haben noch etwas von dieser weitesten Bedeutung. Daher die Übung,
S. solches an seinem Orte besonders, ingleichen üblich.
Anm. Schon bey dem Ottfried, Notker und andern uoben, uaben, im Angels. ywan,
im Nieders. öven, im Schwed. ofva, im Dän. öve. Die Bedeutung der heftigen
Bewegung scheinet hier der Stammbegriff zu sey, und in so fern kann es auch mit
übel verwandt seyn, wenn diese Bedeutung gleichfalls als die herrschende, in
demselben angenommen wird. Das Lat. Opus, operari, und unser oft sind
unstreitig damit verwandt. (
S. Oft.) Bey dem Notker kommt auch das Iterativum
uoberen, oft üben (operari,) vor, welches aber längst veraltet ist.