Die Treue
, [
673-674] plur. car. das Abstractum des
vorigen Wortes. 1. Die Eigenschaft einer Sache, nach welcher sie der Wahrheit
völlig gemäß ist. Die Treue eines Gemähldes, einer Abschrift. Noch häufiger ist
es die Eigenschaft oder Fertigkeit einer Person, da sie sich der Wahrheit mit
Anwendung aller Kräfte zu befleißigen sucht; doch auch nur in einigen Fällen.
Die Treue eines Mahlers, eines Geschichtschreibers. 2. Die Fertigkeit des
beständigen und möglichsten Gebrauches seiner Kräfte. Seine Kräfte mit
möglichster Treue gebrauchen. Die Treue eines Arbeiters. Sich der Treue
befleißigen. Jemanden mit aller Treue pflegen und warten. 3. In engerer
Bedeutung, diese Fertigkeit in Beförderung des Besten anderer, man mag dazu
verpflichtet seyn oder nicht. Im ersten Falle gehöret es eigentlich zur
folgenden vierten Bedeutung. Treue an jemanden beweisen, jemanden viele Treue
erweisen. Die Treue eines Hundes. Sich jemandes Treue befehlen. 4. Diese
Fertigkeit in Erfüllung seiner Pflichten. 1) Im weitesten Verstande. Jemandes
Treue auf die Probe stellen. 2. In einigen engern Bedeutungen. (a) Diese
Fertigkeit in pflichtmäßiger Beförderung des Besten anderer, in welchem
Verstande die Treue eine Pflicht der Unterthanen gegen ihre Obrigkeit, der
Bedienten gegen ihre Herren u. s. f.; im Gegensatze der Untreue und der
Treulosigkeit. Die Treue halten, eine veraltete R. A. Die Treue verletzen,
brechen. Zuweilen wird auch dieses feyerliche Versprechen der Treue gegen den
Landesherren und die Obrigkeit die Treue genannt. (
S. Handtreue.) Der Obrigkeit Treue und Pflicht leisten.
(b) Diese Fertigkeit in unverletzter Erhaltung der einer Person andern
Geschlechtes versprochene Liebe; im Gegensatze der Untreue. Die Treue eines
Liebhabers. In engerer Bedeutung ist die eheliche Treue, die Enthaltung vor
allen Beywohnung fremder Personen. (c) Diese Fertigkeit in pflichtmäßiger
Haltung und Beobachtung seines Versprechens, die Wahrhaftigkeit in Ansehung
seiner Zusagen; in welcher Bedeutung das Beywort treu nicht gewöhnlich ist.
Seine Treue zum Pfande setzen. Treu und Glauben. Das ist wider Treu und
Glauben. Auf Treu und Glauben handeln. Bey meiner Treu! Auf meine Treu! eine im
gemeinen Leben übliche Art der Versicherung, mea fide, Franz. ma foi. (d) Diese
Fertigkeit alle Entwendung des Eigenthums anderer pflichtmäßig zu vermeiden; im
Gegensatze der Untreu. Die Treue des Gesindes. Jemandes Treue auf die Probe
stellen. Seine Treue ist mir verdächtig. Anm. Bey dem Willeram Truiuua, bey dem
Notker Triuua, im Nieders. Troue, welches daselbst aber auch eine
Eheversprechung, ein Verlöbniß, ingleichen ein Brautgeschenk bezeichnet. (
S. 1. Trauen,) im Angels. Treova, im Schwed. Tro, im
Epirot. Droe. Treu. treue, 1 und 2 Trauen trau und Traut, sind insgesammt
Wörter Eines Geschlechtes; allein alle ihre heutigen Bedeutungen sind
figürliche, indem die eigentliche veraltet ist, daher sich dieselbe so wohl,
als das Band zwischen diesen figürlichen Bedeutungen nur muthmaßlich errathen
lässet. (
S. Trauen.) Daß Treue ehedem auch Zutrauen bedeutet
haben müsse, erhellet unter andern auch aus dem folgenden treuherzig. Das e an
dem Hauptworte Treue, als das Zeichen des Abstracti, wird im gemeinen Leben oft
verbissen, besonders, wenn ein Selbstlaut folgt; Treu und Glauben. Im
Oberdeutschen pflegt man dieses Wort statt der dritten Endung des Singulars
gern in die dritte Endung des Plurals zu setzen; mit Treuen. Die ich mit
Triuwen minne, einer der Schwäbischen Dichter. Auf Recht und in Treuen, Opitz.
Euch, euch wird er und eurer Kinder Schaar Mit allen Treuen
meynen, eben ders. Das Volk, das du regierest, Das dich mit Treuen meynt, eben
ders.
Das zeig ich euch an aus Trewen, Theuerd. Welche Form aber im
Hochdeutschen unbekannt ist. [
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