Treu
, [
671-672] -er, -este, adj. et adv. ein
in verschiedenen Bedeutungen übliches Wort, wofür auch getreu gebraucht wird,
ohne daß sich genau bestimmen ließe, welchem von beyden der Vorzug gebühret,
indem sie beyde gleich üblich zu seyn scheinen. So fern getreu länger, und
daher zur Erhaltung der Ründe der Rede bequemer ist, wird es dem treu in der
anständigen Schreib- und Sprechart oft, obgleich nicht alle Mahl, vorgezogen.
Es bedeutet, 1. Der Wahrheit völlig gemäß; im Gegensatze des untreu. Ein treues
Gemählde, eine treue Copie, eine treue Ab- schrift. Ein treues Bekenntniß.
Ingleichen Fertigkeit besitzend, sich mit Vorsatze nie von der Wahrheit zu
entfernen, und darin gegründet. Ein treuer Geschichtschreiber, Mahler u. s. f.
Doch in dieser ganzen Bedeutung ist getreu üblicher. (
S. dasselbe.) Im Englischen ist true, wahr, wahrhaft. 2.
Mit ununterbrochener und möglicher Anstrengung seiner Fähigkeiten und Kräfte,
und darin gegründet. Jede Demüthigung, die treu genutzt wird, ist die letzte
ihrer Art. Die Tugend war schon außer der Ehe der Beruf ihres Gewissens, dem
sie treu folgten, Gell. Der treue Gebrauch der verordneten Gnadenmittel und
verliehenen Gnadenkräfte. In dieser Bedeutung ist treu üblicher als getreu. (
S. auch Treulich.) Daher die besonders in den
Kanzelleyen üblichen Zusammensetzungen treueiferig, treufleißig, treugehorsam
u. s. f. in welchem das Wort treu diese Bedeutung hat. 3. In engerer Bedeutung,
beständig und möglichster Anwendung seiner Kräfte und seiner Zeit bemühet,
jemandes Beste zu befördern, und darin gegründet; in welcher Bedeutung man so
wohl treu als getreu sagt. Jemanden treu seyn, bleiben. Ein treuer Vater,
Freund, Sohn, Bedienter. Es treu mit jemanden meinen. Figürlich sagt man auch
der Wahrheit treu oder getreu bleiben, alle Verletzung derselben geflissentlich
vermeiden. Seinem Vorhaben, seiner Absicht, seinem Vorsatze treu bleiben, sie
mit geflissentlicher Anwendung seiner Kräfte auszuführen suchen. Ob ich mich
gleich gegen sie verstellte, so blieb ich mir doch selbst treu. 4. Beständig
und mit möglichster Anwendung seiner Kräfte bemühet, seine Pflichten zu
erfüllen, und darin gegründet; wo so wohl treu als getreu üblich sind. 1) Im
weitesten Verstande. Ein treuer Arbeiter. Treu in seinem Berufe seyn. Jemanden
treu seyn, bleiben. 2) In einigen engern Bedeutungen. (a) Beständig und
geflissentlich bemühet, dem Versprechen, in welchem man sich zur Beförderung
des Besten eines andern anheischig gemacht, aus allen Kräfte nachzuleben; so
wohl treu, als getreu, im Gegensatze des untreu und treulos. Seinem Herren, der
Obrigkeit treu seyn. Ein treuer Unterthan. (b) Beständig und geflissentlich
bemühet, die einer Person andern Geschlechtes versprochene Liebe nicht zu
verletzen, und darin gegründet; so wohl treu als getreu, im Gegensatze des
untreu. Einer Person treu seyn, bleiben. Ein treuer Liebhaber. In engerer
Bedeutung sind verehelichte Personen einander treu, wenn sie alle Beywohnung
mit andern Personen geflissentlich vermeiden. (c) Beständig und geflissentlich
bemühet, alle Entwendung des Eigenthums anderer pflichtmäßig zu vermeiden, und
darin gegründet; im Gegensatze des untreu. In dieser Bedeutung wird getreu
nicht leicht gebraucht. Treues Gesinde, welchem man sein Eigenthum ohne Furcht
der Entwendung anvertrauen kann. Anm. Bey dem Ottfried drud. welches unserm
traut gehöret, bey dem Ulphilas mit einem andern Endlaute triggwa, im Nieders.
trou, im Angels. treowa, triwe, truwa, im Engl. true, im Dän. tro, im Schwed.
so wohl tro als trygg, im Isländ. trur und tryggur.
S. 1 und 2 Trauen, von welchem Zeitwörtern dieses Wort
abstammet.