2. Das Spiel
, [
195-196] des -es, plur. die -e,
Diminut. welches doch nur in einigen Bedeutungen üblich ist, das Spielchen, von
dem Zeitworte spielen. 1. So fern dasselbe ein unmittelbarer Ausdruck eines
gewissen Lautes ist, ist Spiel, (1) * eine Rede, ingleichen eine Geschichte;
eine sehr alte Bedeutung, in welcher Spel, Spela nicht nur schon in den
ältesten Deutschen Denkmahlen, sondern auch in allen mit der Deutschen
verwandten Sprachen angetroffen wird. Bey dem Notker ist Spileuuorto,
Schwatzhaftigkeit. Ottfried und andere gebrauchen Gotspel, häufig für
Evangelium, als eine buchstäbliche Übersetzung dieses Griechischen Wortes, von
got, gut, und Spel, Geschichte, Bothschaft, Erzählung. Doch in dieser Bedeutung
ist es ganz veraltet, und nur noch in Beyspiel, Gegenspiel, Widerspiel üblich.
(2) Der Klang, besonders die hervor gebrachten harmonischen Töne vermittelst
eines musikalischen Instrumentes; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, in
welcher Spil bey dem Ottfried die Musik ist. Man gebraucht es nur noch in
einigen Fällen von gewissen musikalischen Instrumenten; z. B. das Glockenspiel.
Bey den Soldaten wird die Trommel häufig nur das Spiel genannt. Der Tambour
spannet sein Spiel zur Reveille. Das Spiel rühren, die Trommel. Mit klingendem
Spiele und fliegenden Fahnen ausziehen. (3) Lärmen, Getöse, eine nur im
gemeinen Leben einiger Gegenden übliche Bedeutung. Ein gräßliches Spiel
anrichten, Lärmen. Im Niedersächsischen hat man davon das Intensivum Spalk, ein
Lärmen, und spalken, lärmen, welches in Preußen scherzen bedeutet. 2. Von
spielen, sich leicht bewegen, ist das Spiel, (1) Im weitesten Verstande, (a)
Eigentlich, freye Bewegung und dann eine jede bestimmte Bewegung überhaupt;
ohne Plural, außer von mehrern Arten. Das Spiel des Perpendikels einer Uhr, der
Stampfer in einer Stampfmühle u. s. f. Das Spiel der Hände eines Schauspiel: s,
die in seiner Kunst gegründete Bewegung der Hände, da denn auch wohl seine
Geberden und Gestus überhaupt das Spiel genannt werden. Jeder Sinn hat seine
eigene schickliche Materie, welche die Nerven in das erforderliche Spiel
setzet. (
S. Spielraum.) Wenn bey den Jägern die Beize, oder die
Jagd mit Falken das Federspiel genannt wird, so scheinet Spiel hier ein Jagen,
eine heftige Bewegung zu bedeuten und mit dem Lat. pellere verwandt zu seyn.
(b) Ein bewegliches, sich bewegendes Ding; eine nur in einigen Fällen übliche
Bedeutung. Bey den Jägern wird der bewegliche Schwanz der Aglaster das Spiel
genannt. Bey den Büchsenmachern ist das Spiel ein schmales bewegliches Stück
Stahl in der Nuß, welches bey dem Abdrucken des Hahnes hindert, daß die Stange
nicht in die Mittelrast fallen kann; wo aber auch der Begriff eines Bleches,
vom Schwed. Spjäll, ein Blech, und dieß von spellen, spalten, ingleichen einer
Spiele, oder Spille, Statt finden kann. Bey den Jägern werden auch die
Federlappen das Federspiel oder das Spiel schlechthin genannt. Auch die
zusammen gebundenen Federsittige bey der Falkenjagd, womit man den geworfenen
Falken wieder an sich lockt, werden ohne Zweifel aus eben derselben Ursache das
Spiel oder Federspiel genannt. Es scheinet, daß nach einer noch weitern Figur
Spiel ehedem auch ein lebendiges, d. i. sich selbst bewegendes Geschöpf
bedeutet habe. Denn das Federwildbrät wird noch jetzt bey den Jägern das
Federspiel oder Federgespiel genannt, wohin denn auch Windspiel, d. i.
Windhund, gehören würde. (2) In engerer und theils figürlicher Bedeutung ist
das Spiel eine Bewegung und Beschäftigung, welche aus keiner andern Absicht als
zum Zeitvertreibe oder zur Ergetzung des Gemüthes unternommen wird. (a) Im
weitern Verstande, wo alle Beschäftigungen dieser Art Spiele genannt werden
können. Indessen scheinet es, daß man jetzt nur noch diejenigen mit diesem
Worte benenne, welche mit keinem eigenen Nahmen versehen sind; denn Spazieren
gehen oder reiten, fechten, tanzen, jagen, u. s. f. werden jetzt nicht mehr
Spiele genannt, obgleich die Ritterspiele noch unter diesem Nahmen bekannt
sind. Das Schattenspiel, die Belustigung des Gemüthes vermittelst gewisser
durch den Schatten hervorgebrachter Figuren. Ein Kind in seinem Spiele stören.
Die Spiele eines Kindes leiten. Das Soldatenspiel, Gänsespiel u. s. f. In noch
weiterm Verstande ist das Spiel, doch ohne Plural, noch zuweilen so viel als
ein Scherz, in welcher Bedeutung es ehedem noch gangbarer war. Sein Spiel mit
jemanden haben, seinen Scherz. Rechtschaffenheit, Gewissen, alles ist ihm nur
ein Spiel. Sonnenf. (b) In engerer Bedeutung von besondern Arten solcher
Beschäftigungen. [
197-198] aa) Gewisse durch Regeln
bestimmte Ergetzlichkeiten dieser Art, besonders wenn sie darauf abzielen,
einen Vorzug oder gesetzten Gewinnst von dem andern zu erlangen, wo das Wort
wieder in verschiedenen Einschränkungen der Bedeutung gebraucht wird. 1. Oft
bedeutet das Spiel, ohne Plural, oder das Spielen collective, alle
Beschäftigungen dieser Art, besonders so fern sie auf die Erlangung eines
Gewinnstes von dem andern abgesehen sind. Das Spiel für unerlaubt halten. Das
Spiel hassen. Im Spiele glücklich seyn. Dem Spiele ergeben seyn. 2. Noch öfter
werden darunter besondere durch ihre Regeln bestimmte Arten verstanden.
Glücksspiele. Das Kartenspiel, Bretspiel, Schachspiel, Würfelspiel, Kegelspiel,
Pfänderspiel, Hombre-Spiel, Picket-Spiel u. s. f. Ein Spiel spielen. 3.
Ingleichen, den jedem Spiele Einer Art, die dazu gehörigen Handlungen bis zur
Entscheidung des Vorzuges oder Gewinnstes. Zwey Spiele Billiard spielen. Ein
Spielchen machen oder spielen, es sey nun in der Karte u. s. f. Geld auf das
Spiel setzen. Es stehen zehn Thaler auf dem Spiele, es wird darum gespielet.
Mein ganzes Glück stehet auf dem Spiele, figürlich, es kommt dabey auf mein
ganzes Glück an. Ein Spiel gewinnen, verlieren. Das Spiel ist aus, ist zu Ende.
Daher die figürlichen R. A. wo Spiel ein jedes Geschäft bedeutet. Die Hand mit
im Spiele haben, bey einer Sache mit wirksam seyn.
Gott hat die Hand im jeden Spiel, Bald gibt er wenig und bald
viel, Can.
Sich mit in das Spiel mengen, in eine Sache. Jemanden mit in
das Spiel mischen. Lassen sie das unschuldige Schicksal aus dem Spiele, Less.
4. Der Zustand jedes Spielenden in Ansehung des Spieles. So sagt man z. B. in
den Kartenspielen, man habe ein gutes, ein schlechtes Spiel, wenn man gute oder
schlechte Karten hat. Jemanden sein Spiel verderben. 5. So viel Hülfsmittel
oder Werkzeuge als zu einem Spiele jeder Art gehören. Ein Spiel Karten. Zwey
Spiele Kegel. Drey Spiele Würfel. bb) Die nach gewissen Regeln eingerichtete
Nachahmung menschlicher Handlungen, so fern sie zur Belustigung anderer dienet.
Im Oberdeutschen sagt man daher noch, in das Spiel gehen; allein im
Hochdeutschen ist es für sich allein veraltet. Desto gangbarer ist es hingegen
in den Zusammensetzungen Schauspiel, Trauerspiel, Lustspiel, Vorspiel,
Nachspiel, Zwischenspiel, Possenspiel, Singespiel, Schäferspiel u. s. f. Anm.
Im Nieders. Spell.
S. Spielen. [
197-198]