Spielen
, [
197-198] verb. reg. act. et neutr.
welches im letztern Falle das Hülfswort haben bekommt. Es ist so wie alle
Zeitwörter, eigentlich eine Onomatopöie, welche so wohl den Laut der Stimme,
als auch den mit gewissen leichten Bewegungen verbundenen Laut nachahmet, und
hernach, nach einer sehr gewöhnlichen Figur, diese und andere ähnliche
Bewegungen selbst ausdrückt. 1) Als ein unmittelbarer Ausdruck eines gewissen
Lautes, wo es mit bellen verwandt ist. (1) * Von der menschlichen Stimme, für
reden, sprechen; eine jetzt veraltete Bedeutung, wohin das Angels. spellan und
Isländ. spialla, erzählen, das Engl. to spell, buchstabieren, und ohne
Zischlaut auch das Lat. pellare, in appellare; compellare und interpellare
gehören. (2) Von dem harmonischen Laute so wohl der menschlichen Stimme, als
auch musikalischer Werkzeuge. Von der menschlichen Stimme ist es gleichfalls
veraltet, doch scheinet das Griech. hier nichtlateinischer Text, siehe
Image, singen, mit dieser Bedeutung verwandt zu seyn. Jetzt bedeutet es
nur noch harmonische Klänge auf einem musikalischen Instrumente hervor bringen.
Auf der Violine, auf der Orgel, auf dem Flügel, auf dem Claviere u. s. f.
spielen, wo es doch nur von gewissen sanft klingenden Instrumenten gebraucht
wird, denn von Trompeten, Posaunen, Pauken, Trommeln und andern stark
klingenden Werkzeugen gebraucht man dieses Zeitwort nicht gern; woraus bey nahe
zu erhellen scheinet, daß spielen in dieser Bedeutung zunächst nicht so wohl
den Klang, als vielmehr die leichte schnelle Bewegung der Finger oder Hände
ausdruckt, da es denn zur folgenden Bedeutung gehören würde. Wenn das
musikalische Instrument in der vierten Endung mit diesem Zeitworte verbunden
wird, die Laute, die Violine, die Flöte, das Clavier u. s. f. spielen, so
bedeutet solches nicht allein, gegenwärtig harmonische Laute auf diesen
Instrumenten hervor bringen, sondern auch überhaupt, Fertigkeit besitzen, auf
diesen Instrumenten harmonische Klänge hervor zu bringen. Gut, schlecht,
vortrefflich spielen. Ein Lied, eine Menuet u. s. f. spielen. Eine Spieluhr
spielen lassen. (3) * Lärmen, ein Getöse machen, eine veraltete Bedeutung, von
welcher in einigen gemeinen Mundarten noch das Zeitwort spalken übrig ist,
welches lärmen, rasen, in Preußen aber scherzen bedeutet. 2. Als eine
Nachahmung des mit gewissen Bewegungen verbundenen Lautes, da es denn diese
Bewegungen selbst bezeichnet. (1) Von gewissen heftigen Bewegungen, da es mit
fallen, wälzen, hier nichtlateinischer Text, siehe Image, pellere
u. s. f. verwandt ist. Io spilota in theru muater, und hüpfte in der Mutter
Leibe, Ottfr. Es ist in dieser Bedeutung nur noch in einigen Fällen üblich. So
sagt man, eine Mine spielen lassen, für springen. Mit Mörsern auf eine Festung
spielen, für schießen. Ein Gang, unter welchem die Sturmböcke gegen die Mauer
spielten. (2) Von gewissen leichten und freyen Bewegungen, deren eigentlicher
Ausdruck dieses Zeitwort zu seyn scheinet. Die Lat. Veles, velox; volare u. s.
f. sind damit verwandt. (a) Eigentlich. Das Pferd spielt mit der Zunge, mit dem
Gebisse, wenn es dieselben häufig und frey beweget. Die Fahne spielen lassen,
fliegen. Sanft spielt ein leichter Wind auf dem vergoldeten Teich, Willam. Der
Henker spielet ein gutes Rad, wenn er es leicht und geschickt zu führen weiß.
In der Mechanik wird dieses Zeitwort sehr häufig von der freyen ungehinderten
Bewegung eines Körpers in einem bestimmten Raume gebraucht. Die Zapfen des
Rades oder der Wellespielen in ihrer Pfanne, wenn sie sich frey in derselben
herum drehen. Das Riedblatt muß in der Lade des Webers spielen (beweglich
seyn), weil es sonst zerbricht. Dahin gehören allem Ansehen nach auch die
figürlichen Ausdrücke. Jemanden etwas in die Hand, aus der Hand spielen, es ihm
auf eine behende, unmerkliche Art in die Hand, aus der Hand bringen. Eine Sache
ins Weite spielen, sie zu verlängern suchen. Er sucht es dahin zu spielen, daß
u. s. f. es dahin zu bringen. Einen frommen Betrug, jemanden eine List, einen
Possen, einen bösen Streich spielen. Bankerott spielen, machen. Wenn er
bankrott gespielet, so wird mein Gut noch wahren, Opitz. Wo es doch in einigen
Fällen auch eine Figur der folgenden Bedeutung seyn kann. (b) In engerer
Bedeutung ist spielen, eine Bewegung, und in weiterm Verstande eine
Beschäftigung zum Zeitvertreib oder zur Ergetzung vornehmen. aa) Überhaupt, wo
es doch, so wie Spiel, nur von solchen Beschäftigungen dieser Art üblich ist,
welche keinen eigenen und besondern Nahmen haben. Mit den Fingern, mit einem
Papiere, mit einem Stäbchen spielen, mit einem jungen Hunde spielen. Kannst du
mit dem Leviathan spielen, wie mit einem Vogel? Hiob 40, 24. Die wilden Thiere
spielen, V. 15. Das Kind spielt mit der Puppe. Aus der Tasche spielen,
wunderbar scheinende Veränderungen durch die Geschwindigkeit der Bewegung und
vermittelst einer Tasche hervor bringen. (
S. Taschenspieler.) Mit jemanden unter dem Hütlein,
unter dem Mäntellein spielen, figürlich, in einer bösen Sache mit ihm
einverstanden seyn, eine von einer ehemahligen Art betrüglicher Taschenspiele
hergenommene Figur. Im gemeinen Leben wird es auch noch häufig für scherzen,
gebraucht, daher sagt man auch figürlich, mit der Religion, mit einem Eide, mit
der Tugend spielen, sie als bloß zur Belustigung erfundene Dinge behandeln.
Nach einer andern Figur, wo der Begriff der Belustigung verschwindet, und
dagegen der Begriff der Mannigfaltigkeit merklich hervor sticht, sagt man, die
Naturspiele, wenn sie zufällige Veränderungen unter den Geschöpfen hervor
bringet, (
S. Spielart und Naturspiel.) Das Glück spielet oft
wunderlich, wenn es mannigfaltige Veränderungen hervor bringet. Die Weisheit
Gottes spielet auf dem Erdboden, durch die Mannigfaltigkeit ihrer Werke und
Veranstaltungen. bb) Besonders von einigen einzelnen Arten solcher bloß auf die
Zeitverkürzung oder die Ergetzung abzielender Handlungen. 1. Gewisse durch
Regeln bestimmte Handlungen dieser Art vornehmen, um von einem andern einen
gewissen Vorzug oder Gewinnst zu erlangen. Der Nahme des Spieles stehet
allemahl in der vierten Endung. Ein leichtes Spiel spielen. Zwey Spiele
spielen. L'Hombre, Picket, Schach, Billiard u. s. f. spielen. Im Oberdeutschen
auch wohl in der zweyten. Versteckens spielen, der blinden Kuh spielen. Das
Werkzeug oder Hülfsmittel des Spielens erhält oft das Vorwort in. In der Karte,
im Brete spielen. Seltener das Vorwort mit, mit Würfeln spielen, wofür man doch
lieber würfeln sagt. Zuweilen stehet es auch in der vierten Endung. Regel
spielen, Ball spielen. Um Geld, um Pfänder spielen. Sehr hoch spielen, um
vieles Geld. Falsch spielen, ehrlich spielen. Sich arm, sich reich spielen. In
engerer Bedeutung ist in manchen, besonders einigen Kartenspielen, spielen dem
passen entgegen gesetzet. Ich spiele nicht, sondern passe. 2. Menschliche
Handlungen nach gewissen Regeln zur Belustigung anderer nachahmen. (1) Eine
Komödie, eine Tragödie spielen. Heute wird nicht gespielet. Der Acteur ist
krank, und kann nicht spielen oder mitspielen. Seine Rolle gut, schlecht
spielen, auch figürlich von der Art und Weise des Betragens in einem
übernommenen Geschäfte. In engerer Bedeu- [
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ist jemanden spielen, ihn in einem Schauspiele lächerlich machen. Schon Notker
nennt das Schauspielhaus Spilehus. (2) Figürlich, wo es für vorstellen, seyn
wollen, und zuweilen für wirklich seyn gebraucht wird. Den Herren spielen,
einen Herren vorstellen, sich in seinem äußern Betragen, wie ein Herr geberden.
Kaum aus dem Flügelkleide spielt sie schon stolz die Dame,
Zachar.
Ich glaube, du spielst den Freygeist, Less. Es ist eine
verwirrte Sache, bey der ich eine sehr ungewisse Person spiele, Gellert. (3)
Figürlich wird spielen auch häufig von glänzenden Körpern gebraucht, wenn sie
die Lichtstrahlen auf eine dem Anblicke nach bewegliche Art zurück werfen.
Geschiehet dieses Zurückwerfen in einem hohen Grade, so daß zugleich das Bild
der umstehenden Gegenstände mit vorgestellet wird, so wird solches durch das
intensive spiegeln ausgedruckt. Dein spiluder augen glast, der von Gliers. Der
Demant spielet schön. Ein spielender Glanz. Besonders wenn die zurück
geworfenen Lichtstrahlen mehrere Farben zeigen.
Des Körpers seidner Anzug spielt Bunt, wie ein Taubenhälschen,
Weiße. Wie spielt die schöne Blase nicht So bunt am goldnen Sonnenlicht! eben
ders.
In welchem Verstande es denn auch wohl von Körpern gebraucht
wird, welche eben keine glänzende Oberfläche haben. Die Farbe spielt ein wenig
in das Gelbliche. Das Niedersächsische spelder nij, völlig neu, gehöret
vermuthlich auch hierher, so daß es mit dem Hochdeutschen funkel neu gleich
bedeutend ist. So auch das Spielen, denn das Hauptwort die Spielung ist nicht
üblich. Anm. Im Nieders. spelen, im Schwed. spela. Daß die Onomatopöie des
Lautes hier die erste und eigentlichste Bedeutung ist, erhellet unter andern
auch das andern Sprachen. So ist z. B. das Lat. ludere mit unserm Laut und
lauten verwandt, und wird in allen Bedeutungen unsers Spielens gebraucht, außer
in der letzten des Glanzes nicht. In dieser ist indessen die Figur sehr
begreiflich, indem eine spielende Oberfläche die Lichtstrahlen wirklich auf
eine bewegliche Art zurück wirft. In dem Oberd. kostspielig, kostbar, viele
Kosten verursachend, gehöret die letzte Hälfte nicht hierher, sondern zu
spielen, jetzt spillen, verspillen, verschwenden.
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