Der Mann
, [
51-52] des -es, plur. die Männer,
Diminut. das Männchen, (im Plural auch wohl Männerchen,) Oberd. Männlein,
welche Verkleinerungen aber nur in einigen Bedeutungen üblich sind. Es ist
eines der ältesten Wörter nicht nur der Deutschen. sondern aller Europäischen
und vieler Asiatischen Sprachen. Es bedeutete, I. Einen Menschen, ohne
Unterschied des Geschlechtes, in welcher Bedeutung Man von des Kero Zeiten an
vorkommt. 1. Überhaupt. Thaz uuort th' ist man uuorten, heißt es bey dem
Ottfried, für, das Wort ist Mensch geworden. Fehes inti mannes, Menschen und
Vieh, ebend. Parn manno sind bey dem Kero Menschenkinder. Das alte Gothische
Manna, das Angels. Man, Monn, Mon, das Bretagnische und Englische Mon, Man, das
Wallisische Myn und Mon, das Dänische Mand, das Isländ. Madr, und andere mehr
haben diese allgemeine Bedeutung gleichfalls noch. Ein Mann in den folgenden
Bedeutungen hieß daher im Angels. Waerman, eine Jungfer Maedeman, und eine Frau
Wifman, bey den ältern Schweden Quindismadr, und noch bey den heutigen Isländ.
Kuehman. So gar im Hoch-Malabarischen bedeuten Manden und Mander Menschen.
Morhof, Ihre und andere haben weitläufig gezeiget, daß die zweyte Sylbe in den
Lat. Homo, (bey den ältern Lateinern Hemon, Homon, Humon,) in humanus, nemo,
und immanis, unmenschlich, nichts andres als unser Mann ist. Ho, Hu in Homo ist
der alte morgenländische Artikel, welcher in nemo, niemand, dem alten Semo für
Semihomo, und immanis, unmenschlich, wieder weggefallen ist. Im Deutschen ist
es in dieser Bedeutung veraltet, seit dem das davon abgeleitete Mensch üblicher
geworden ist. Indessen sind doch noch das unbestimmte Fürwort man, und die
Zusammensetzungen jedermann, niemand, jemand, und vielleicht auch männiglich,
Beweise davon. Auch Kundmann, Währmann und einige andere Zusammensetzungen
dieser Art, werden von beyden Geschlechtern gebraucht. Zwar gibt es noch
verschiedene Fälle, wo das Wort Mann menschliche Individua beyderley
Geschlechtes bezeichnet. Der gemeine Mann, gemeine Leute beyderley
Geschlechtes. Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet, Jac. 1, 1, 3. So
jemand ist ein Hörer des Wortes und nicht ein Thäter, der ist gleich einem Mann
u. s. f. V. 23. In welchem Falle es nur im Singular allein üblich ist. Allein
es scheinet hier vielmehr eine Figur der folgenden zweyten Hauptbedeutung zu
seyn, weil das männliche Geschlecht von je her als der vornehmste Theil des
menschlichen angesehen worden. 2. In engerer Bedeutung, eine Person,
gleichfalls nur im Singular allein, und nur noch in einigen Redensarten des
gemeinen Lebens und der vertraulichen Sprechart. Die Heirath ist durch den
dritten Mann verabredet worden, durch die dritte Person, auch wenn sie
weiblichen Geschlechtes ist. Es fehlet uns zum Spiele noch der dritte Mann, die
dritte Person. Soll ich in dem Streite den dritten Mann abgeben? kann auch ein
Frauenzimmer fragen. Eine Waare an den Mann bringen, sie verkaufen. Wenn die
Noth an den Mann geht. Ich kenne meinen Mann, die Person, mit welcher ich zu
thun habe. Die ganze weibliche Gesellschaft beschloß Mann für Mann, es nicht zu
bewilligen, einmüthig. Ich halte mich an meinen Mann, an die Person, von
welcher ich es empfangen oder erfahren habe. In welchen und andern ähnlichen
Arten dieses Ausdruckes das Wort entweder gleichfalls noch ein Überbleibsel der
vorigen allgemeinen Bedeutung, oder auch eine Figur der folgenden engern
Bedeutung ist, wenigstens in denjenigen Fällen, wo sich ein Nebenbegriff der
Herzhaftigkeit, Gegenwehr u. s. f. mit einschleicht; wie in den Ausdrücken, er
wird schon seinen Mann an mir finden, an den unrechten Mann, an den rechten
Mann kommen u. s. f. II. Mit dem Nebenbegriffe der Stärke, der Herzhaftigkeit,
Tapferkeit, des gesetzten Muthes und Betragens. 1. Eine Person männlichen
Geschlechtes, in der weitesten Bedeutung ohne Unterschied des Alters; im
Gegensatze des Wortes Frau in seiner alten weiten Bedeutung. Ottfried nennt
Christum, da er als ein Knabe in dem Tempel war, den liobon man. Das
Bretagnische und Wallisische Man, Mon, Myn, das Ulphilanische Manna, das
Isländ. Madr. das Angels. Man, Mon, das Engl. Man haben gleichfalls diese
Bedeutung. Daß [
53-54] das Lat. Mas nur in der
Ableitungssylbe verschieden ist, erhellet aus dem Finnländ. Mies, Estländischen
Mes und Russischen Musch, welche gleichfalls diese Bedeutung haben, welches s
in Maris, Maritus, maritare in das verwandte r übergehet. Im Deutschen ist es
in dieser weitesten Bedeutung wenig mehr gebräuchlich, indem man dafür
Mannsperson oder von vornehmen Personen Herr gebraucht. Es waren drey
Mannspersonen in der Gesellschaft (im gemeinen Leben auch wohl drey Männer) und
vier Frauenspersonen, oder Frauenzimmer; von Vornehmern, drey Herren und vier
Frauenzimmer oder Damen. Doch pflegt man wohl noch im Scherze Kinder männlichen
Geschlechtes im Diminutivo Männchen zu nennen. Eben dieses Diminut. Männchen,
Oberd. und in der edlern Schreibart der Hochdeutschen Männlein, wird in noch
weiterm Verstande auch von Thieren gebraucht, ein Individuum des männlichen
Geschlechtes derselben zu bezeichnen, im Gegensatze des Weibchen, wofür im
gemeinen Leben die Ausdrücke Er und Sie und von Vögeln Hahn und Henne, oder
Hahn und Sieke üblich sind. Am häufigsten gebraucht man es von kleinern
Thieren, oder von Thieren überhaupt, ohne Rücksicht auf ihre Größe. Und du
sollt in den Kasten thun allerley Thiere und von allem Fleisch, je ein Paar,
Männlein und Fräulein, 1 Mos. 6, 19. Von größern Thieren gebraucht man es nicht
gern mehr, weil die meisten derselben eigene Nahmen haben, oder doch durch die
männliche oder weibliche Endung unterschieden werden können. So wird man für 2
Mos. 12, 5: ihr sollt aber ein solch Lamm nehmen, da kein Fehler an ist, ein
Männlein und eines Jahres alt, lieber sagen, ein Böckchen oder Bocklämmchen.
Auch von menschlichen Individuis ist es in dieser Bedeutung nicht mehr üblich.
Der Tag müsse verloren seyn; da ich geboren bin, und die Nacht, da man sprach:
es ist ein Männlein empfangen, Hiob 3, 3; wofür es bey Michaelis dem heutigen
Sprachgebrauche gemäßer heißt: es ist ein Sohn empfangen. Ingleichen 1 Mos. 1,
27: und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, - und er schuf sie ein Männlein
und Fräulein; und Gott schuf den Menschen - einen männlichen und eine
weiblichen Geschlechtes, Michael.
S. Entmannen. 2. In engerer Bedeutung, eine Person
männlichen Geschlechtes nach zurück gelegtem Jünglingsalter, da sie ihren
völligen Wachsthum, ihre völlige und beste Stärke erlangt hat. 1) Überhaupt,
zum Unterschiede von einem Knaben und Jünglinge. Dreyßig Jahr ein Mann, d. i.
im dreyßigsten Jahre ist ein menschliches Individuum männlichen Geschlechtes
ein völliger Mann, ob man gleich das männliche Alter schon von dem zwanzigsten
Jahre an zu rechnen, und eine männliche Person zwischen dem 20sten und 30sten
Jahre wenigstens aus Achtung gleichfalls schon einen Mann, oder doch einen
jungen Mann zu nennen pflegt. Ein ehrlicher, rechtschaffener Mann. Da ich ein
Kind war, da redete ich wie ein Kind - da ich aber ein Mann ward, thät ich ab
was kindisch war, 1 Cor. 13, 11. Ein kluger, erfahrner, gelehrter, geschickter
Mann. Ein frommer, tapferer Mann. Ein alter, betagter Mann. Ein vornehmer,
ansehnlicher Mann. Ein armer Mann. Ein Mann von Geschäften, ein Hofmann,
Landmann u. s. f. So wird der Mann von Geschmacke in den Künsten ein Mann von
Lebensart, Gell. Ein armer Mann, ein gemeiner Mann. Sich Mann für Mann
schlagen. Es wird in dieser Bedeutung bald ohne allen Nebenbegriff gebraucht,
bald mit einem Nebenbegriff der Achtung, der Würde, bald aber auch mit einem
verächtlichen Nebenbegriffe, oder doch dem Nebenbegriffe des Gemeinen. Wenn man
z. B. sagt, es ist ein fremder Mann draußen, so bezeichnet man damit eine
männliche Person gerin- [
55-56] gern Standes; indem
man eine bessern Standes lieber eine fremde Mannsperson, und eine vornehmern
Standes einen fremden Herren nennet. Das Diminut. Männchen, Oberd. Männlein,
gebraucht man in der vertraulichen Sprechart theils von einem Manne von kleiner
Statur, theils aus vertraulicher Zärtlichkeit von einem lieben werthen Manne;
dagegen der verkleinernde Plural Männerchen gemeiniglich nur aus Verachtung
gebraucht wird. Hierher gehören auch noch einige figürliche Arten des
Gebrauches. Der alte Mann ist im Bergbaue das ausgehauene und wieder mit Schutt
vollfüllte Feld. Den alten Mann finden, auf den alten Mann kommen, wenn man ein
solches Feld geräth. In den alten Mann bauen, in den ehedem weggestürzten
Schutt bauen. Der arme Mann ist im gemeinen Leben einiger Gegenden in Butter
geröstetes Brot, vermuthlich weil es von armen Leuten anstatt des Fleisches
gegessen wird; dagegen bey den Müllern das Diebesloch, wohin sie das entwendete
Getreide zu stecken pflegen, das arme Männchen genannt wird. Der Hase, das
Kaninchen macht ein Männchen, wenn sie sich auf die Hinterbeine setzen, wo es
ein Überbleibsel der ersten allgemeinen Bedeutung eines Menschen zu seyn
scheinet. Bey den Buchdruckern wird ein Buch Männchen auf Männchen abgedruckt,
wenn ein schon gedrucktes Buch aufs neue so abgedruckt wird, daß die Seiten und
Spalten beyder Auflagen genau auf einander treffen, wo es aber zu einem andern
Stamme zu gehören scheinet; so wie im Bergbaue, wo der silberne Mann ist, wenn
durch die Zusammenkunft mehrerer Gänge ein weiter reichhaltiger Ranm, oder wie
man auch sagt, ein Bauch entstehet, wo es zu dem Geschlechte des Wortes Mund
und Mand zu gehören scheinet. Bey den Jägern heißt der geschränkte Gang des
Hirsches, welchen er nur nach erreichtem völligen Wachsthume hat, der volle
Mann, oder der volle Schrank, entweder so fern Mann hier figürlich einen
ausgewachsenen Hirsch bedeutet, oder auch von dem alten mahnen, ziehen, führen,
(
S. dieses Zeitwort,) so daß Mann hier den Gang oder
Schritt bedeuten würde. In der Seefahrt heißt ein Schiff, welches vor einem
andern segelt, dessen Vormann, so wie das Schiff, welches hinter dem andern
segelt, der Hintermann oder letzte Mann genannt wird; da es denn im Plural die
Männer hat. Ja man hat Spuren, daß Mann ehedem auch überhaupt ein Ding bedeutet
habe,
S. Haarmann. Im mittlern Lateine ist Mannus ein Pferd.
2) In engerer Bedeutung, wo der Nebenbegriff der Stärke, des Muthes, der
Tapferkeit auf eine herrschende Art hervor sticht. (a) Ein ernsthafter,
gesetzter Mann, ein Mann von entschlossenem Muthe und gesetztem Betragen. Ein
großer Mann, ein solcher Mann von großen Verdiensten, der nicht eben ein großer
Herr seyn darf, so wie große Herren nur selten große Männer sind. David sagte
zu seinem Sohne Salomo: ich gehe hin den Weg aller Welt. So sey getrost und sey
ein Mann, 1 Kön. 2, 2. Ein Mann der alles so kaltblütig dulden kann, ist in
meinen Augen kein Mann. In dem Schooße des Glückes ist nicht selten ein Mann
erzogen worden, Dusch. Bin ich nicht Mannes genug, ihm einmahl alles zu
ersetzen? Less. in welchem Verstande auch mehrere Personen in der einfachen
Zahl sagen können, sind wir nicht Mannes genug, u. s. f. Ich bin dir Mann
dafür, d. i. stehe dafür, leiste dafür Gewähr, Bürgschaft; in welchem Falle der
Plural gleichfalls nicht üblich ist.
Zu viel! Fast sank der Mann zum feigsten Wurm in mir, Weiße. O
weiche Söhne tapferer Franken, sprechet Helvetien um Männer an! Raml.
[
55-56] (
S. Männlich, Ermannen, Übermannen.) Ehedem bedeutete es
auch einen ehrlichen, so wie Unmann einen ehrlosen Mann; daher noch die R. A.
ein Wort, ein Wort, ein Mann, ein Mann, d. i. ein ehrlicher Mann hält sein
Wort. (b) Ein tapfrer Mann, eine Bedeutung, welche ehedem üblicher war, als sie
es jetzt ist. Schwed. Man. Sie ist, so fern sie von der vorigen Bedeutung noch
unterschieden ist, nur noch in einigen einzelnen R. A. übrig, in welchen es
größten Theils nur allein im Singular vorkommt. Es wehrte sich als ein Mann.
Sie wehrten sich als Männer. (
S. Mannhaft.) Sie stehen alle für einen Mann. Ich stehe
meinen Mann, d. i. ich werde mich möglichst tapfer vertheidigen; bey dem Opitz,
seinen Mann wehren:
Also ritterlich Ich meinen Mann gewehrt.
In noch engerer Bedeutung bezeichnete es ehedem einen Ritter,
ingleichen einen adeligen Vasallen, der sein Lehen durch Kriegsdienste
verdienen mußte; in welchem Verstande es in den mittlern Zeiten sehr häufig
vorkommt, da es denn im Plural nach Oberdeutscher Art Manne hatte. Die
Churfürsten führeten zu diesen Zeiten mehrmahls den Nahmen der Reichsmanne.
Nachmahls gebrauchte man es von einem Lehensmanne und Vasallen, so wie das
Schwed. Man, und mittlere Lat. Homo, und dessen Ableitungen Homagium und
Hominium. Ja endlich wurde ein jeder Knecht und Leibeigener ein Mann genannt,
in welchem Verstande man jetzt noch zuweilen die Wörter Kerl und Leute
gebraucht. Das Latein. Homo und Griech. -
hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - wurden auf eben dieselbe Art gebraucht, und dem Hesychius zu
Folge bedeutete -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - bey den
ältern Griechen einen Knecht. (c) Ein Soldat, ein streitbarer Mann, als eine
Fortsetzung der vorigen Bedeutung, in Rücksicht entweder auf die Tapferkeit,
oder auf die Dienstleistung, wenn es anders hier nicht die bloße Bedeutung der
Person hat. Es wird in diesem Verstande sehr häufig von gemeinen Soldaten
gebraucht. Das Regiment hat in der Belagerung nicht einen Mann verloren. Einen
Mann stellen. Wenn es ein Zahlwort vor sich hat, bleibt es im Plural
unverändert, so wie Pfand, Loth, Jahr, Maß, Faß u. s. f. Zwanzig tausend Mann
zu Fuß, 1 Chron. 19, 4. Vierzig tausend Mann zu Fuß, Kap. 20, 18. Es sind nicht
mehr als sechs Mann geblieben. Das Regiment stehet drey Mann hoch. Die
Compagnie hat hundert und zehen Mann. So auch mit zählenden Beywörtern. Mit wie
viel Mann kamen sie? So viel Mann haben in dem Dorfe nicht Raum. Der Plural
Männer ist in dieser Bedeutung nicht üblich, sondern man gebraucht dafür, wenn
er stehen sollte, das Wort Leute; woraus zu erhellen scheinet, daß Mann hier so
viel als einen Knecht bedeutet, welches Wort ehedem in diesem Verstande
gleichfalls üblich war. Die obige Art des Ausdruckes mit dem Oberdeutschen
Plural Mann und einem Zahlworte ist nicht bloß von Soldaten üblich, sondern
überhaupt von männlichen Personen, wenn sie in einer gewissen Ordnung da sind
oder handeln, besonders von männlichen Personen geringerer Art, z. B. von
Bürgern, bey bürgerlichen Aufzügen, im Jagdwesen, von Arbeitsleuten u. s. f.
Die Bürger gingen sechs Mann hoch, d. i. es gingen ihrer sechs in jeder Reihe.
Mann bey Mann, einer an dem andern. Den Stein konnten zehen Mann kaum bewegen.
Zu dieser Arbeit sind sechs Mann hinlänglich. Es scheinet, daß hier die
allgemeine Bedeutung [
57-58] eines Menschen oder einer
Person zum Grunde liege.
S. Bemannen. (d) Ein Reiter, nur in einigen Arten des
Ausdruckes, im Gegensatze seines Pferdes, wo gleichfalls die allgemeine
Bedeutung eines Menschen hervor zu stechen scheinet. Wenigstens ist der Plural
Männer auch hier nicht üblich. Mann und Roß hat er ins Meer gestürzt, 2 Mos.
15, 21. Das Pferd hat seinen Mann abgeworfen. Von der ganzen Escadron ist weder
Mann noch Pferd davon gekommen. 3) In einer andern Einschränkung bedeutet Mann
einen Ehemann, eine verheirathete Person männlichen Geschlechtes, im Gegensatze
der Frau oder des Weibes. Bey dem Ottfried schon Man, im Schwed. Man, im
mittlern Lat. Homo. Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter
verlassen, und an seinem Weibe hangen, 1 Mos. 2, 24. Dein Wille soll deinem
Manne unterworfen seyn, Kap. 3, 16. Einen Mann nehmen, haben, bekommen. Seiner
Tochter einen Mann geben. Die Frau ist ihrem Manne entlaufen. Freylich bist du
älter als deine Schwester, und solltest auch eher einen Mann haben, Gell. Es
ist in diesem Verstande besonders so wohl in der ernsthaften Schreibart, als
auch im gemeinen Leben und im vertraulichen Umgange üblich. Wenn man Ursache
hat mit Achtung zu sprechen, so gebraucht man dafür im gemeinen Leben das Wort
Liebster, in der anständigern Sprechart Gatte und Ehegatte, und von vornehmen
Personen Gemahl. Siehe Mannbar. Im Scherze wird es auch wohl von Thieren
männlichen Geschlechtes gebraucht. Seht wie der Mann der Herde den Morgen
fühlt, Haged. Anm. 1. Fast in allen den Bedeutungen, in welchen jetzt dieses
Wort gebraucht wird, war ehedem auch das Wort Kerl üblich. Das weibliche
Hauptwort Männinn
S. an seinem Orte besonders. Anm. 2. Die meisten der
obigen Bedeutungen kommen auch in den Zusammensetzungen vor, wo dieses Wort,
wenn es voran stehet, bald Mann -bald Manns -bald aber auch Männer - lautet.
Die meisten Zusammensetzungen der mittlern Art sind niedrig. In den meisten
Fällen, wo Mann hinten stehet, bedeutet es eine Person männlichen Geschlechtes,
besonders eine erwachsene Person dieser Art, welche durch die erste Hälfte
näher bestimmt wird, da denn das Fämininum am häufigsten auf -frau in einigen
auch auf -männinn gemacht wird, (
S. Männinn.) In einigen wenigen ist die allgemeine
Bedeutung eines Menschen noch vorhanden, wie in Kundmann, welches daher auch
von beyden Geschlechtern gebraucht wird. Noch mehrere, welche aber nur im
gemeinen Leben üblich sind, bedeuten eine männliche Person, welche mit etwas
handelt; wie Obstmann, Holzmann, Kräutermann, Biermann u. s. f. Im Schwed.
bedeutet es auch eine wirkende Ursache; Saramadr, derjenige, welcher verwundet.
Anm. 3. Der Plural dieser mit -mann zusammen gesetzten Wörter hat einige
Schwierigkeiten, indem einige männer, andere -leute, und noch andere beydes
zugleich haben. Ein Paar allgemeine Regeln werden hoffentlich auf die meisten
Fälle passen. 1) Wo Mann einen Ehemann bedeutet, hat es im Plural nur allein
Männer; Ehemänner, Tochtermänner, Wittmänner. 2) Der Plural auf -leute ist
niedrig, zeigt wenigstens einen Mangel der Achtung an, daher man ihn nur von
geringern Personen gebraucht, oder von solchen, denen man keine Achtung
schuldig zu seyn glaubt, so wie man im gegenseitigen Falle ihn lieber auf
-männer macht. Arbeitsleute, Bettelleute, Landsleute, Edelleute, Fuhrleute,
Kaufleute, Spielleute, Dienstleute, Zimmerleute, Miethleute, Schiedsleute,
Schiffleute, Steuerleute, Bergleute, Hofleute, Lehensleute, Amtleute,
Hauptleute u. s. f. Ist Achtung nöthig, wird man alle Mahl lieber Amtmänner,
Hauptmänner, Landmänner, [
57-58] Kaufmänner,
Schiedsmänner, Steuermänner, Hofmänner, Lehensmänner u. s. f. sagen Nur
Edelmänner ist nicht üblich, welches Wort aber auch im Singular niedrig ist. In
der Schweiz unterscheidet man die Landmanne, (der Oberdeutsche Plural für
Landmänner,) oder die vornehmen Vasallen auf dem Lande, von den geringern
Landleuten. Hierzu kommt noch, daß Leute als ein Collectivum kein bestimmtes
Zahlwort vor sich leidet, daher, wo solches nöthig ist, auch der Plural auf
-männer erfordert wird. Drey Lampenmänner, vier Bettelmänner, sechs Fuhrmänner.
3) Wenn zugleich der Nebenbegriff der Gesetztheit, der reisen Erfahrung, der
Herzhaftigkeit mit eintritt, so lautet der Plural -männer. Staatsmänner,
Kriegsmänner, Biedermänner, Rathsmänner oder Rathmänner, (Rathsleute ist gar
nicht üblich,) u. s. f. 4) Leute ist unbestimmt, und bezeichnet so wohl
Personen männlichen als weiblichen Geschlechtes. Ist daher eine Zweydeutigkeit
zu besorgen. so macht man den Plural, wenn nur allein das männliche Geschlecht
bezeichnet werden soll, auf -männer; Handwerksmänner, Miethmänner, Hausmänner,
Trödelmänner u. s. f. Anm. 4. Da in den meisten Bedeutungen dieses alten Wortes
der Begriff der Stärke, des Muthes so deutlich hervor sticht, so haben die
meisten Sprachforscher dasselbe von unserm Zeitworte mögen, Schwed. ma,
abgeleitet. Einige Oberdeutsche, z. B. die Steyermärker, sprechen Mann nur Ma
aus, mit einem hellen a. Im Wendischen ist premaga praevalere, Motsch die
Macht, und Mosch ein Mann, welches letztere mit dem Lat. Mas überein kommt.
Hierzu kommt noch, daß im Hebr. ein Mann Geber heißt, gleichfalls von
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , stark; anderer zu
geschweigen. Für die engern Bedeutungen ist diese Ableitungen sehr
wahrscheinlich, weil der Mann der stärkere Theil des menschlichen Geschlechtes
ist, obgleich Wachter es umkehret, und mögen, Macht, von Mann abstammen lässet.
Nur in Ansehung der weitern Bedeutung eines Menschen will sich diese Abstammung
nicht schicken. Denn glauben, die ersten Erfinder der Sprache hätten den
Menschen um deßwillen Mann genannt, weil er das mächtigste unter den sichtbaren
Geschöpfen ist, das hieße bey diesen rohen, ganz der sinnlichen Natur
überlassenen Leuten, mehr Abstraction und Überlegung voraus setzen, als man mit
Rechte bey ihnen voraus setzen kann. Mir scheinet es sehr wahrscheinlich, daß
Mann und dessen Abkömmling Mensch zu dem Worte mein gehöret, oder vielmehr, daß
es eigentlich eben dasselbe Wort ist. Mein, Persisch men, Griech. -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - , bey den ältern Lateinern mis, ist
ein uraltes von der Natur selbst gelehrtes persönliches Fürwort, womit ein
jeder sein eigenes Individuum bezeichnet, und welches so viel als ich bedeutet,
ob es gleich jetzt nur noch in der zweyten Endung meiner üblich ist. Es ist
mehr als wahrscheinlich, daß der bloß sinnliche erste Mensch, welcher die
Sprache erfand, wenn er andere Individua seiner Art bezeichnen wollte, ihnen
den Nahmen werde gegeben haben, mit welchem er sein eigenes Individuum
ausdruckte und so ward aus min, mein, Mann und endlich Mensch. Übrigens wurde
dieses Wort ehedem häufig statt der männlichen Ableitungssylbe -er gebraucht;
Betoman, Ottfried für Anbeter, und noch jetzt sagt man Kaufmann und Käufer,
Handwerksmann und Handwerker, Kriegsmann und Krieger u. s. f. Der Plural lautet
im Oberdeutschen, dieser Mundart gemäß, Manne für Männer. Das Wort Mansen,
welches Stosch für einen besondern Plural von Mann hält, ist ein eigenes
Hauptwort,
S. Mannsen. [
57-58]