Die Last
Die Last,
[
1917-1918] plur. die -en, 1. Eine
Unvollkommenheit, ein Mangel, und in engerer Bedeutung, eine sittliche
Unvollkommenheit; in welchem nunmehr veralteten Verstande man nur noch sagt;
einem etwas zur Last legen, ihn dessen beschuldigen, ihm ein Versehen, einen
moralischen Fehler Schuld geben, und ihn deßwegen tadeln. Man legte es ihm sehr
Last, daß er ausgeblieben war, man tadelte ihn deßwegen sehr. Daß diese
Bedeutung ehedem von weiterm Umfange gewesen, erhellet aus dem Isländ. Last und
Laust, welches noch einen jeden physischen oder sittlichen Fehler bedeutet, und
aus dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , und
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , Schande.
S. Laster, welches noch davon abstammet, und Verletzen,
dessen letzte Hälfte gleichfalls hierher gehöret. 2. In engerer und
gewöhnlicher Bedeutung, ein hoher Grad der Schwere und ein sehr schweres Ding
selbst. 1) Ein hoher Grad der drückenden Schwere, als ein Abstractum und ohne
Plural. (a) Eigentlich. Der Stein hat eine rechte Last, eine hohen Grad der
Schwere. Bücher haben eine große Last. Der Grund ist wegen der Last des Hauses
ausgewichen. Die Säule ist für die Last des Gebäudes, welche sie tragen soll,
zu schwach. Im weitesten Verstande ist in der Naturlehre die Last eine jede
Kraft, welche eine Bewegung hindert, oder derselben entgegen gesetzt ist, im
Gegensatze der Kraft im engern Verstande, wo zugleich der Begriff des hohen
Grades verschwindet. (b) Figürlich. aa) Die Empfindung dieses hohen Grades der
drückenden körperlichen Schwere; doch nur in einigen Fällen. Viele Lastern
etwas haben. bb) Die Eigenschaft eines Dinges, da es von uns mit einem großen
Grade Widerwillens, oder mit einer hohen Empfindung des Beschwerlichen, des
Unangenehmen, gethan oder gelitten wird. Die Last der Geschäfte. Unter der Last
der Arbeit erliegen. Sich unter der Last der Jahre krümmen. So hält uns die
Gelassenheit auch unter der Last der widrigsten Begebenheiten aufrecht, Gell.
2) Ein mit dieser drückenden Schwere begabtes Ding. (a) Eigentlich, wo aa) in
der weitesten Bedeutung, in der Naturlehre ein jeder Körper, welcher der
Bewegung widerstehet, eine Last genannt wird, im Gegensatze der Kraft im engern
Verstande; wo zugleich der ganze Nebenbegriff des hohen Grades der Schwere
verschwindet. bb) In engerer Bedeutung ist Last in manchen Fällen so viel als
Ladung überhaupt, auch ohne den Nebenbegriff der Schwere. So ist auf den Floßen
die Oberlast oder Oblast dasjenige, was auf ein Floß geladen wird, im
Gegensatze der Unterlast, oder des Floßes selbst. Die Unterlast in den Schiffen
ist, was in den untersten Raum geladen wird, (
S. Ballast.) Auch auf den Lastwägen höret man zuweilen
von der Vorder- und Hinterlast, d. i. der vordern und hintern Ladung. cc) in
der gewöhnlichsten Bedeutung, ein mit drückender Schwere versehener Körper. Oft
erliegt das Saumroß unter der Last, welche es tragen muß. Diese Säulen tragen
eine gewaltige Last. Welche Lasten trägt nicht ein Schiff! Ein Fauler ist eine
unnütze Last der Erde. (b) Figürlich. aa) Ein Körper von gewisser bestimmter
Schwere; wo dieses Wort zugleich ein Körpermaß ist, welches doch auf
verschiedene Art gebraucht wird, aber überhaupt so viel zu bedeuten scheinet,
als man auf einen Wagen laden kann. Der innere körperliche Raum eines Schiffes
wird nach Lasten bestimmt, und da ist eine Last so viel als zwölf Tonnen. Ein
Schiff von 150 Last. In Niedersachsen, besonders in den Seestädten, wird
besonders das Getreide sehr häufig nach Lasten berechnet. So hält eine Last
Getreide in Hamburg 3 Wispel, 30 Scheffel, 60 Faß oder 120 Himten; in Bremen 4
Quart, 40 Scheffel, 160 Viertel oder 640 Spint; im Lübeck 8 Drömt, 24 Tonnen,
96 Scheffel oder 384 Faß; in Stralsund 3 Drömt, 32 Tonnen, 96 Scheffel oder 384
Viertel; in Danzig 3 3/4 Malter, oder 60 Scheffel, dagegen eine Sacklast, deren
sich die Bäcker daselbst bedienen, 5 Malter oder 30 Scheffel hält; in Curland
48 bis 60 Loof; in Westphalen 15 Malter oder 60 Scheffel; in Hannöverischen
seit 1751 2 Wispel, 16 Malter oder 96 Himten; in Cöln 20 Malter oder 480 Faß u.
s. f. An einigen Orten ist sie auch ein Maß flüssiger Dinge. So hat eine Last
Bier in Danzig 6 Faß, 12 Tonnen oder 1080 Stoff oder Quartier, eine Last Wein
aber 2 Faß, 8 Oxhoft, 12 Ahm, 48 Anker oder 240 Viertel. An andern werden auch
außer dem Getreide noch verschiedene Arten trockner Dinge nach Lasten gemessen.
So hält eine Last Bücklinge in dem Niedersächsischen 20 Stroh, eine Last
Häringe, Salz oder Steinkohlen aber 12 Tonnen. Eine Last Kupfer hält in Goslar
15 1/2 Zentner oder 1550 Pfund, eine Last Schiefersteine aber 17 1/2 Zentner.
In Lübeck ist es sogar ein Flächenmaß des artbaren Landes, wo eine Last Land 60
bis 80 Quadratruthen ist, d. i. so viel Land als zur Aussaat einer Last
Getreides erfordert wird. In allen diesen Fällen, wo das Wort ein bestimmtes
Maß bezeichnet, bleibt es, wie andere Wörter dieser Art, im Plural, wenn eine
Zahl- oder gleichgültiges Beywort voran stehet, unverändert; zwey Last Korn,
viele Last Häringe, nicht Lasten. bb) Im gemeinen Leben wird es im Singular
sehr häufig für sehr viel, von einer unbestimmten Menge gebraucht. Eine Last
Geldes haben, sehr vieles Geld. Ist das nicht eine Last Menschen! Es fiel eine
Last Steine von dem Dache. Eine Last Schläge bekommen. cc) Eine jede Sache,
welche man mit einem hohen Grade der Empfindung des Beschwerlichen erduldet, wo
es so wohl im Singular allein gebraucht wird. Des Tages Last und Hitze tragen.
Eine schwere [
1919-1920] Last auf dem Halse haben. Unter
der Last erliegen. Einem eine Last aufbürden. Einem eine Last abnehmen.
Müßiggänger, denen die Zeit eine Last ist. Seine Last mit etwas haben. Die
ganze Last allein auf sich haben. Alle diese Besuche sind mir eine Last, oder
sind mir sehr zur Last. Es wird mir sehr zur Last. Sich selbst zur Last leben.
Einem zur Last fallen. Als auch im Plural von einzelnen beschwerlichen Dingen.
So pflegt man die Abgaben Obrigkeit und alle gegen den Grund- und Landesherren
auf sich habende Verbindlichkeiten häufig Lasten, Onera, zu nennen. Das Land
hat viele Lasten zu tragen. Bürgerliche Lasten. Im Oberdeutschen und
Niedersächsischen wird auch ein jeder Auftrag, ein jeder Befehl eine Last
genannt, wo doch der Begriff des Beschwerlichen verschwindet. Von seinem
Principale Last haben, d. i. Auftrag. Anm. Im Nieders. Dän. und Schwed.
gleichfalls Last, im Pohln. Laszt, im Engl. Load, (
S. Loth,) alle, so fern dieses Wort zunächst den Begriff
der drückenden Schwere hat, von laden, welches im Dän. lässe und im Schwed.
lassa lautet. Schon im Griech. bey dem Suidas ist -
hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - lästig. Siehe indessen auch Laster. In einigen
Oberdeutschen Gegenden ist es männlichen Geschlechtes, der Last, in welchem
auch Haller es gebraucht. Eben daselbst hat es im Plural auch Läste für Lasten.
S. Ballast, wo auch das männliche Geschlecht beybehalten
worden. [
1919-1920]