Entwerfen
, verb. irreg. act.
S. Werfen. 1) Die wesentlichen Theile eines
künftigen Ganzen ordnen, oder abbilden. So entwirft der Mahler ein
Gemählde, der Baumeister ein Gebäude, wenn er dessen Theile nicht nur
in seinen Gedanken ordnet, sondern sie so geordnet auch abbildet. Und er nahm
sie von ihren Händen, und entwarfs mit einem Griffel und machte ein
gegossen Kalb, 2 Mos. 32, 4. Das Gemählde ist nur noch entworfen. Einen
Brief, eine Rede, die Friedens-Artikel entwerfen, die Theile, aus welchen sie
bestehen sollen, wählen und ordnen.
S. Entwurf. 2) In weiterer Bedeutung auch flüchtig
abbilden.
Guot wib in eines jungen mannes muote Diu entwirfet dem sinne
vil tugendliche bilde, Burkh. von Hohenfels. Mit gedanken sie in entwerfen
kan Wunneklich in sime sinne, ebend.
Nimm einen Ziegel, den lege vor dich, und entwirf darauf die
Stadt Jerusalem, Ezech. 4, 1. So oft mir meine Sinnen dein Angesicht entwerfen,
Opitz. Ingleichen, schriftlich aufsetzen, flüchtig zu Papiere bringen.
Seine Gedanken entwerfen. [
1839-1840] Anm. Das Zeitwort
werfen, jacere, scheinet von beyden Bedeutungen zu weit zu seyn, als daß
sie sich ohne eine harte und ungewöhnliche Figur von demselben sollten
herleiten lassen. Wachter behauptete daher, daß werfen ehedem auch
anfangen bedeutet haben müsse, konnte aber sein Vorgeben mit nichts
beweisen. Wahrscheinlicher wäre es geworden, wenn er sich auf das
veraltete Werb, ein Geschäft, Werk, und werben, welches ehedem auch thun,
verrichten überhaupt bedeutete, und mehrmahls werfen geschrieben wurde,
besonnen hätte,
S. Bewerben und Gewerbe. Im Nieders. bedeutet Warf noch
ein jedes Geschäft, und verwarven besonders auch einen Vortrag machen,
etwas vortragen. Entwerfen könnte also bedeuten, anfangen etwas zu thun
oder zu verrichten. Wem diese Ableitung nicht gefällt, dem könnte das
noch übliche Werft, der Aufzug eines Gewebes, ein bequemes Bild an die
Hand geben; zumahl da mehrere figürliche Ausdrücke von dieser
Beschäftigung entlehnet sind, z. B. anspinnen, entspinnen, anzetteln,
einfädeln u. s. f. Bey dem allen wäre doch noch zu untersuchen, ob
unser entwerfen und Entwurf nach dem Franz. Projet und projetter, und dem
mittlern Latein. Projestum, ein Vorsatz, Anschlag, oder diese nach jenem
gebildet worden. Das mittlere Latein. Projestum kommt schon in einer Urkunde
Carls des Großen von 805 vor. In dem erstern Falle würde entwerfen
anfänglich einen Vorsatz fassen, und Entwurf einen Vorsatz, propositum,
bedeutet haben, welche Ausdrücke ein ähnliches Bild enthalten. Vor
den Schwäbischen Kaisern finden sich die Wörter entwerfen, Entwurf in
unsern alten Denkmählern nicht; wohl aber gebraucht Ottfried intuuerfen
eigentlich für wegwerfen, abjicere. [
1841-1842]