Einnehmen
, verb. irreg. act. (
S. Nehmen,) hinein nehmen; doch in verschiedenen
besondern Fällen und mit allerley Nebenbegriffen. 1. Von außen herein
nehmen. Die Segel einnehmen, einziehen. Die Wäsche einnehmen, sie herein
nehmen. 2. In sich nehmen. 1) Eigentlich. (a) Arzeneyen einnehmen, Pulver,
Pillen, Tropfen einnehmen. Er nimmt nicht gern ein, nehm- [
1723-1724] lich Arzeney. Gift einnehmen. (b) Das Mittagmahl einnehmen, die
Mahlzeit einnehmen, sagt man von dem Speisen vornehmer Personen. Das
Frühstück bey jemanden einnehmen. (c) Einen Gestank, einen üblen
Geruch einnehmen, ihn einziehen. 2) Figürlich. (a) Stachelreden, bittere
Vorwürfe, harte Beschuldigungen einnehmen, sie geduldig anhören. (b)
Genau hören. Eine Sache genau einnehmen. Er hat wohl etwas gehöret,
aber er hat es nicht recht eingenommen. Im Oberdeutschen sagt man auch, einen
Bericht, eine Klage, einen Vortrag einnehmen, für anhören.
S. Nehmen. 3. In sein Haus, in seine Wohnung nehmen. Es
will ihn niemand einnehmen, in sein Haus, entweder als einen Gast, oder zur
Miethe. Einen Gast einnehmen. Jemanden zur Miethe einnehmen. Nimmst du einen
Fremden zu dir ein, so wird er dir Unruhe machen, Sir. 11, 35. Ingleichen,
Besatzung einnehmen, in die Stadt. Die Stadt weigerte sich, die Truppen, die
Besatzung einzunehmen. Ballast, neue Vorräthe einnehmen, in das Schiff
schaffen. 4. In Besitz nehmen. 1) Eigentlich. (a) Eine Stadt, ein Land
einnehmen, es durch die Waffen in seine Gewalt bringen. Eine Stadt mit
stürmender Hand einnehmen, sie mit Sturm erobern. Einen Hügel, einen
Wald, einen Posten einnehmen. (b) Einen Platz, einen Raum einnehmen. Eines
andern Stelle einnehmen, sich an seine Stelle setzen: ingleichen
figürlich, sein Amt, seine Würde bekommen, oder doch auf kurze Zeit
verwalten. 2) Figürlich. (a) Mit dem Nebenbegriffe der Ausfüllung.
Sein Gefolge nahm das ganze Haus ein. Der Schrank nimmt das ganze Zimmer ein.
Das Regiment nahm den ganzen Mark mit seinem Gepäcke ein. Der Wein, das
Bier nimmt den Kopf ein, macht trunken oder doch dumm. (b) Die Kräfte der
Seele bestimmen. Sich von jemanden einnehmen lassen, sich von ihm
überreden lassen. Eine einnehmende Beredsamkeit, die uns ganz dahin
reißt. Jemanden mit etwas einnehmen. Er ist ganz von Vorurtheilen
eingenommen. Besonders von Leidenschaften. Ich lasse mich weder von Freude,
noch von Betrübniß einnehmen, Gell.
So oft ich ihn im Geist betrachte, Nimmt ein gewisser Trieb,
ein süßer Trieb mich ein, ebend. Welch freudig Schrecken nimmt mich
ein! ebend.
(c) In engerer Bedeutung, sich jemandes Wohlwollen, Neigung
und Liebe verschaffen. Sie ist ganz eingenommen von ihm. Er hat ihn ganz
eingenommen. Für jemanden eingenommen seyn. Jemanden mit seiner Gestalt,
mit seiner Höflichkeit, mit seiner Schmeicheley einnehmen. Er nimmt
jedermann ein. Eine einnehmende Gesichtsbildung.
Man mag gleich stumm und hirnlos seyn, Man seh' nur schön,
so nimmt man ein, Gell.
5. In Empfang nehmen, besonders Geld, und andere bewegliche
Güter, die ein Mittel unserer Nothdurft und Bequemlichkeit sind; in
Empfang und Verwahrung nehmen. Die herrschaftlichen Bedienten nehmen jetzt
wenig ein. Er wendete vor, er müßte Renten einnehmen, 2 Macc. 3, 8.
Die den Zinsgroschen einnehmen, Matth. 17, 24. Zoll, Geleit, Accise einnehmen.
In engerer Bedeutung, Geld für Waaren lösen, Ich habe heute noch
nichts eingenommen. Man nimmt jetzt wenig ein. Ingleichen, Einkünfte,
Einkommen haben. Er nimmt das Jahr über viel ein.
S. Einnahme. [
1725-1726]