Deutsch
, adj. et adv. den Deutschen eigen oder gemäß, aus dem
Lande der Deutschen. 1. Eigentlich. Die Deutsche Tracht. Die Deutsche Sprache.
Deutsche Weine, welche in Deutschland gezeuget werden. Der Deutsche Orden,
S. Deutschmeister. Eine Deutsche Meile, nach welcher in
Deutschland gemessen wird. Die Deutsche Freyheit, die Freyheit Deutschlandes,
oder der Deutschen. Die Deutsche Treue, Deutsche Redlichkeit, welcher sich die
Deutschen ehedem beflissen.
Wo Deutsche Treue sich bey Deutschen Handschlag findet,
Haged.
Ein Deutscher Michel.
S. Michel. 2. In engerer Bedeutung, die Deutsche Sprache
und zwar, 1) die gesammte Deutsche Sprache, ohne Rücksicht auf ihre
Mundarten. Die Deutsche Bibel. Deutsche Bücher. Reden sie Deutsch, ich
verstehe kein Französisch. Es klingt zu albern, wenn ich ihnen auf Deutsch
sagen wollte, daß ich sie liebe, Gell. Verstehen sie denn kein Deutsch? Da
es denn auch als ein Hauptwort gebraucht wird. Er spricht, er schreibt ein
schlechtes Deutsch. Unser Deutsch, unsere Deutsche Sprache, nicht unser
Deutsches; sagt man doch nicht das Blaue, das Schwarze, das Rothe, sondern
Berliner Blau, Cöllnisches Roth, das Beinschwarz, eine gewisse
körperliche Art der Farbe auszudrucken. Altes Deutsch. In dieser Gestalt
eines Hauptwortes ist es indeclinabel, wie andere Adverbia, wenn sie ohne
Concretion als Substantive gebraucht werden. Die kernhafte Kürze unseres
Deutsch, nicht unseres Deutschen. 2) In noch engerer Bedeutung, die
Hochdeutsche Mundart, welche man oft allein darunter verstehet, wenn man
Ausdrücke rein Deutsch, zierlich Deutsch, und Unterdeutsch nennet. 3.
Figürlich. 1) Deutlich, im gemeinen Leben. Ich will dirs fein Deutsch
sagen. Diesem schreibt man zu dunkel, jenem gar zu Teutsch, Opitz. 2)
Offenherzig, eine bekannte Eigenschaft der ehemahligen Deutschen. Ich will es
dir Deutsch sagen, ohne Umschweife, offenherzig. Das ist, Deutsch zu sagen,
nicht an dem. Deutsch von der Leber weg sprechen. 3) Redlich, rechtschaffen,
unverstellt, nach Art der alten Deutschen, in welcher Bedeutung dieses Wort
noch im Oberdeutschen sehr üblich ist. Auf guten Deutschen Glauben. In
redlichem Deutschen Vertrauen. Da uns viele vornehme Stände mit Deutschen
Herzen und Muth beygetreten sind. Aus wahrem Deutsch-patriotischen Eifer. Ein
Deutsches, aufrichtiges, gewisses, Versprechen. Eine Deutsche, aufrichtige,
genaue, Einigkeit.
Der Irrthum alter Deutscher TreuIst mit der alten Zeit vorbey,
Haged.
Anm. 1. Deutsch, Oberdeutsch Teutsch, Nieders. düdesk,
Holl. duitsch, Schwed. tysk, Dän. tydsk, zeiget durch sein sch am Ende
schon, daß es ein Beywort ist, und so viel als Deutsch bedeutet. Das
Stammwort ist also Deut. Es würde eine undankbare Arbeit seyn, alle die
verschiedenen und zum Theil ungereimten Ableitungen dieses Wortes
anzuführen. Die vernünftigsten Wortforscher sind auf das alte Thiod,
Volk, gefallen, aber ohne den wahren Sinn dieses Wortes einzusehen. Thot, Dot,
ist ein altes, noch nicht ganz veraltetes Wort, welches einen Blutsfreund
bedeutet, und mit dem Hebr. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ein Freund, ein Geliebter, eine mehr als
zufällige Verwandtschaft hat. Im Oberdeutschen bedeutet Gediet noch jetzt
das Geschlecht, und Dot einen Pathen. Dot, Deut, scheinet als überhaupt
einen nahen Verwandten bedeutet zu haben, und wurde nachmahls auch collective
von einem Haufen solcher verwandten Personen, von einer [
1471-1472] Familie, oder einem Volke, denn die ältesten
Völker waren doch eigentlich nichts als Familien, gebraucht. Die
Gelegenheit, bey welcher die Deutschen diesen Nahmen bekommen, lässet sich
aus der bekannten Stelle des Tacitus muthmaßen: Caeterum Germaniae
vocabulum recens et nuper auditum: quoniam qui primum Rhenum transgressi Gallos
expulerint, nunc Tungri, nunc Germani vocati sunt u. s. f. Aus dieser Stelle
erhellet, daß dieser Nahme aus dem Niederrheine entstanden ist, indem die
nachmahligen Tungrer, zuerst die Deutische, d. i. die Alliirten, oder die
Verbrüderten, genannt worden, weil sie sich auf das genaueste wider die
Gallier vereiniget hatten. Vermuthlich bekamen sie diesen Nahmen mehr von den
Galliern, als daß sie sich ihn selbst beygeleget hätten, und die
Römer, denen dieser Nahme schwer auszusprechen war, übersetzen ihn,
und machten Germani, d. i. Brüder, daraus. Ursprünglich,
führeten also nur diejenigen Völkerschaften, welche an dem
Niederrheine wohneten, den Nahmen der Deutschen, und ihnen ist derselbe noch
lange Zeit vorzüglich eigen geblieben, indem man noch zu Ottfrieds Zeiten
unter der Deutschen Sprache vorzüglich die Niedersächsische und ihre
Tochter die Fränkische verstand. Der Verfasser des alten Gedichtes von dem
Kriege Carls des Großen wider die Saracenen, bey dem Schilter,
unterscheidet V. 3981 die Deutschen, die er Deusen nennet, sehr genau von den
Alemannen; und noch jetzt werden im Engl. unter dem Nahmen Dutch
vorzüglich die Niederländer verstanden, dagegen Deutschland in eben
dieser Sprache Germany heißt. Da die übrigen in Deutschland wohnenden
Völker, den Nutzen solcher Verbindungen sahen, so vereinigten sie sich
nach und nach gleichfalls, vornehmlich wider die Römer; und dadurch
geschahe es, daß vermuthlich auch sie nachmahls Deutsche genannt wurden,
bis endlich diese allgemeine Benennung, wie mehrmahls zu geschehen pflegt, von
einem einzelnen Umstande zum eigenthümlichen Nahmen eines ganzen Volkes
geworden. Diese Ableitung, welche von einem ungenannten Verfasser in den
Hannöver. Anzeigen des Jahres 1750 vorgetragen worden, kommt so wohl mit
der Sprache, als auch mit der Geschichte sehr gut überein. Wenigstens ist
sie unter allen bisher versuchten die natürlichste und wahrscheinlichste.
Was den Nahmen der Deuten oder Teutonen betrifft, welche anfänglich in dem
heutigen Dänemark wohneten, und sich schon hundert Jahre vor Christi
Geburt bekannt machten, so scheint es, daß ihre Benennung einen
ähnlichen Ursprung hat, obgleich nicht zu vermuthen ist, daß der
spätere Nahmen der Deutschen von ihnen entstanden sey.Anm. 2. Eine andere
Frage ist, ob dieses Wort vorn mit einem D oder mit einem T geschrieben werden
müsse. Richey, Fabricius und Gottsched haben in den neuern Zeiten eigene
Schriften darüber heraus gegeben. Richey ist der einzige, der diese Frage
aus dem rechten Gesichtspuncte angesehen und beantwortet hat; allein er wurde
überschrien. Die Niedersachsen, bey welchen dieser Nahme entstanden ist,
schreiben und sprechen düdsch, düdest. Die Oberdeutschen, die das d
in den meisten Fällen in t verändern, haben teutsch, im
Schwabenspiegel tutsch, bey dem Hornegk tewtzsch, bey den Schwäbischen
Dichtern tuitsch. Die Franken, deren Mundart eine Vermischung des
Niederdeutschen und Alemannischen ist, wähleten ein th, das Mittel
zwischen dem d und t. Die Hochdeutschen schrieben nach dem Muster der
Oberdeutschen lange ein t, bis durch Luthern und andere Niedersachsen in
Obersachsen das d üblicher wurde, welches sich auch daselbst erhalten hat.
Das verwandte Wort Deut, Diet, Volk, wird selbst im Oberdeutschen nicht leicht
mit einem T gefunden werden. Bey dem Kero lautet es Deota, im Salischen Gesetze
Theada, bey dem Übersetzer Isidors Dheod, bey dem Ulphilas Thiuda,im
Angels. Theod, bey dem Ottfried Thiet, Thiot, bey dem Notker Diet, im Schwed.
Thiod. [
1473-1474]