Betreten
, verb. irreg. act. (
S. Treten,) 1. Auf, oder in etwas treten. 1) Ein Land,
einen Ort betreten, in das Land, in den Ort kommen. Ich werde sein Haus
niewieder betreten. Ichverwunderte mich, daß ich diesen Garten so oft
betreten hatte, ohne alle seine Pracht zu bemerken. Die raubsüchtigste
Buhlerinn, welche jemahls die Erde betreten hat, Dusch. 2) Zur Fortpflanzung
besteigen, von dem Federviehe, besonders bey den Jägern. So betritt der
Auerhahn die Auerhenne, und der Fasan sein Weibchen.2. An etwas treten, doch
nur in verschiedenen figürlichen Bedeutungen. 1) * Jemanden betreten, ihn
bittend anreden, bittend vor ihn treten.
Mit Heulen muß ich dich (Gott) betreten, Opitz Ps.
55.Gnade, Herr, du stehst mein Bethen Dich den ganzen Tag betreten, ebend. Ps.
86.
Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen ganz unbekannt.
S. Antreten, welches üblicher ist. 2) *
Widerfahren, begegnen, von unangenehmen Dingen. Du weißt alle die
Mühe, die uns betreten hat. 4 Mos. 20, 14. Hat mich nicht dieß
übel alles betreten? 5 Mos. 31, 17. Und wenn sie denn viel Unglück
und Angst betreten wird, ebend. V. 21. Hab ich mich erhaben, daß ihn
Unglück betreten hatte? Hiob 31, 29. Es hat euch noch keine denn
menschliche Versuchung betreten. 1 Cor. 10, 13. Auch diese Bedeutung ist im
Hochdeutschen veraltete. 3) Antreffen. Laß dich nicht wieder auf meinem
Grunde und Boden betreten. In dieser weitern Bedeutung wird es nur im Infinitiv
mit dem Zeitworte lassen gebraucht. Besonders, in Begehung einer unerlaubten
Handlung antreffen, für das niedrige ertappen, erwischen. Einen auf
frischer That betreten. Er ist im Diebstahle, im Ehebruch betreten worden. So
mann eynen an warer Übelthat betritt, in Kaiser Carls des Fünften
peinl. Haltsgerichtsordnung Art. 16. Von dieser Bedeutung, welche im
Hochdeutschen noch gänge und gebe ist, stammet vermuthlich auch, 4) der
Gebrauch des Participii betreten her, da es, wie betroffen, oft als ein
Adverbium, für bestürzt, verwirrt, in Verlegenheit: gesetzt, stehet,
so wie jemand, der in einer unwürdigen Handlung betreten wird. Da diese
Rede höreten der Hohepriester - wurden sie über ihnen betreten, was
doch das werden sollte, Apostelg. 5, 24. Er schien über meinen Antrag ganz
betreten zu seyn. Du hättest schon sehen sollen, wie betreten er ward, als
er mich sahe. Man hat diesen Gebrauch tadeln wollen, allein ich weiß nicht
warum. Er ist im Hochdeutschen bekannt genug, und die Metapher ist auch nicht
seltsamer, als in betroffen und bestürzt, welche doch in ähnlicher
Bedeutung gebraucht werden. Indessen scheinet dieses Participium in
Oberdeutschland fremd zu seyn. In der Baselschen Ausgabe des neuen Testamentes
von 1523 stehet betreten unter den unbekannten Wörtern durch rathschlagen,
unterreden, erkläret. Allein in diesem Verstande kommt es weder in der
Deutschen Bibel, noch bey einem andern Schriftsteller vor. Vermuthlich wird auf
die vorhin angeführte Stelle aus der Apostelgeschichte gezielet, wo man
aber den wahren Verstand verfehlet hat. Im Angels. bedeutet ondraeden
erschrocken seyn.Daher die Betretung. Im Betretungsfalle, im Falle, da sich
jemand betreten, oder irgend wo antreffen lässet; ein Ausdruck, der allen
Steckbriefen gewöhnlich ist. [
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