Ausbrechen
, verb. irreg. (
S. Brechen,) welches in doppelter Gattung üblich
ist.I. Als ein Activum.1. Durch Zerbrechen heraus bringen, so wohl eigentlich,
als auch in verschiedenen weitern und figürlichen Bedeutungen. Einen Zahn
ausbrechen. Einen Kern ausbrechen, aus der Schale brechen. Einen Faden
ausbrechen, bey den Webern, ihn, wenn er in dem Aufzuge an einen unrechten Ort
gezogen ist, abreißen und an den rechten Ort bringen. Äste,
Früchte ausbrechen, bey den Gärtnern, untaugliche oder
überflüssige Äste und Früchte an einem Baume abbrechen,
damit die übrigen desto besser wachsen. Ingleichen metonymisch, einen Baum
ausbrechen, ihn von den überflüssigen Ästen und Früchten
befreyen. Die Bienen ausbrechen, sie tödten, und das Werk und Honig ganz
heraus nehmen; mit einem alten Kunstworte zeideln. Die gar gemachten Felle
ausbrechen, bey den Weißgärbern, sie auch einem Eisen ausstrecken,
ihre Geschmeidigkeit zu vermehren, welches auch stollen genannt wird. Die
Brauer brechen Bier oder Wasser aus, wenn sie es aus der Pfanne oder dem
Bottige in die Rinnen schöpfen. Bey den Jägern bedeutet es so viel
als auswühlen, und die Landwirthe gebrauchen es absolute von den Schafen
und Pferden, wenn sie die letzten Füllen- oder Lämmerzähne
verlieren, welches zwischen dem vierten und fünften Jahre zu
geschehenpfleget. Bey den Pferden nennet man dieses Ausbrechen auch schieben,
abschieben.2. Im Erbrechen von sich geben, im gemeinen Leben. Daher die
Ausbrechung.II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert.1.
Ausgebrochen werden. Der Zahn ist ausgebrochen. Der Damm brach an zwey Orten
aus.2. Aus einem Orte brechen, sich mit Gewalt aus einem Orte befreyen. Der
Verhaftete ist ausgebrochen. Noch mehr aber reciproce, sich ausbrechen. Der
Gefangene hat sich ausgebrochen. In dem Bergbaue bedeutet ausbrechen so viel
als auslenken, auf einem überfahrnen Gange weiter fortbrechen. Rechts oder
links ausbrechen, bey den Fuhrleuten, aus dem Geleise biegen. Von dem rechten
Wege ausbrechen, abkommen.3. Den Augen auf eine unerwartete Art merklich
werden, schnell hervor kommen. 1) Eigentlich. Das Feuer bricht aus. Es ist in
unserer Nachbarschaft ein Feuer ausgebrochen. Die Blattern sind bereits an dem
Kinde ausgebrochen. Der Schweiß brach ihm aus. Mir bricht der
Angstschweiß hierüber aus. Die Freude brach mit großem
Ungestüme aus. Wie oft haben wir nicht Gelegenheit zu hassen, ohne diesen
Haß ausbrechen zu lassen! Es ist meine größte Wollust, die
Regungen des Vergnügens bey andern ausbrechen zu sehen, Gell. 2)
Figürlich, dem Gehöre auf eine schnelle und lebhafte Art merklich
werden. (a) Lautbar werden, kund werden. Es ist endlich ausgebrochen, wer es
gethan hat. Es ist ein Geschrey (Gerücht) ausgebrochen. Wie glücklich
schätzte ich mich, wenn endlich dein Geheimniß ausbrach! Dusch. (b)
In etwas ausbrechen, es lebhaft von sich hören lassen. Er brach in ein
lautes Gelächter aus. In lauter Klagen und argwöhnische Beschwerden
ausbrechen. Sein Zorn brach in laute Schmähungen aus. Er brach in diese
Worte aus.Anm. In dieser letzten Bedeutung hat ausbrechen alle Mahl den Begriff
einer heftigen Gemüthsbewegung bey sich, die sich durch Worte und
Töne an den Tag legt. Ausbrechen absolute, für sprechen, ist im
Hochdeutschen ungewöhnlich, ob es gleich in Schlesien und Oberdeutschland
üblich zu seyn scheint.
So geht es, brach er aus, was fremd ist, muß stets
gelten, Günth. Der Herr, so brach er oftmahls aus, Verdient allhier ein ewig
Haus, ebend.
Es hängt in dieser Bedeutung mit sprechen genau
zusammen, so wie es in der Bedeutung des Entsetzens zu brechen, glänzen,
scheinen, gehöret. Allein beyde Verba sind vermuthlich nur figürliche
Bedeutungen von brechen, frangere, so fern es ursprünglich eine
Onomatopöie ist.
S. Brechen und Sprechen. Ausbrechen, für sich
ausbreiten. Denn du wirst ausbrechen zur Rechten und zur Linken, Es. 54, 3, ist
im Hochdeutschen ungewöhnlich. [
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