Achten
, verb. reg. act. 1) Aufmerksam anhören, aufmerksam
beobachten; am häufigsten mit der Präposition auf, seltener und
vornehmlich im Oberdeutschen, mit der zweyten Endung. Ein Miethling achtet der
Schafe nicht. Man achtet meiner Worte nicht, man höret nicht darauf. Kein
einziger achtet auf deinen Kummer, und die meisten spotten desselben, Dusch.2)
Mit einem Urtheile beobachten, dafür halten. Etwas für Gewinn,
für Schaden achten. Etwas für eine Schande, für eine Ehre
achten. Ich habe es für gut geachtet. Sich weit von dem Unglücke
achten. In dieser Bedeutung fängt es im Hochdeutschen an zu veralten,
indem halten und in manchen Fällen glauben dafür üblicher sind.
Die Wortfügung mit der vierten Endung ohne Präposition, ich achte ihn
treu, halte ihn für treu, ist Oberdeutsch. Besonders,3) Mit Bestimmung des
Werthes dafür halten, für schätzen, mit den Adverbiis, hoch,
geringe, werth, u. s. f. oder andern Vergleichungswörtern. Etwas dem Golde
gleich achten. Eine Sache für nichts achten. Ich achte mich dieser Gnade
unwürdig. Wüßten sie, wie hoch ich sie im Herzen achte. Ich
werde mein Leben für nichts achten, wenn ich dich verlieren soll, Dusch.
Auch hier ist im Hochdeutschen schätzen üblicher und edler. In noch
eingeschränkterer Bedeutung,4) Für wichtig halten und sich darnach
bestimmen. Das muß ein Soldat nicht achten, daraus muß er sich nichts
machen. Es macht mir zwar viele Kosten, aber das achte ich nicht. Kein Ansehen
der Person achten.
Was acht ich es, wenn über mirKanonen-Donner brüllt,
Gleim.
In Oberdeutschland ist auch in dieser Bedeutung die zweyte
Endung nicht selten, die auch zuweilen im Hochdeutschen vorkommt:
Entheiligt die Altäre vor Gottes Angesicht Und achtet
seiner Qualen und seines Zornes nicht, Dusch.
Des Lebens nicht achten, der Schande nicht achten. Ingleichen
hoch, werth halten. Er wird geachtet. Er ist sehr geachtet. Man achtet ihn
nicht. Die zweyte Endung, man achtet seiner nicht, sie achtet ihres Mannes
nicht, ist im Oberdeutschen üblicher, als im Hochdeutschen.5) Mit dem
Vorsatze zu folgen beobachten. Auf Träume, auf Vögelgeschrey achten,
sie nicht nur beobachten, sondern sie auch als eine Vorschrift seines
Verhaltens ansehen. Im Hochdeutschen ist auch diese Bedeutung ungangbar
geworden, außer daß der Ausdruck: wornach man sich zu achten, noch
eine gewöhnliche Schlußformel obrigkeitlicher Befehle ist.Anm. In den
ältesten Mundarten hatte dieses Zeitwort kein t. Bey den Gothen hieß
es ahgan, ahjan, und bey einigen der ältesten Alemannischen Schriftsteller
ahon. Das t ist entweder das Merkmahl eines Intensivi, oder auch der
unmittelbaren Abstammung von dem vorigen 2 Acht. Ohne Zweifel bedeutete es
anfänglich sehen, wahrnehmen, welche Bedeutung noch in Acht übrig
ist, und war also mit Auge genau verwandt.
S. dieses. Die Übertragung von dem
körperlichen Sehen auf die Wirkungen des Verstandes ist eine in allen
Sprachen sehr gewöhnliche Figur. Das Verbale Achtung,
S. hernach besonders. [
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