Abstehen
, verb. irreg. (
S. Stehen,) welches auf gedoppelte Art üblich
ist.I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1) Von etwas entfernt
oder abgesondert stehen. Der Tisch stehet weit von der Wand ab. Der Schrank
stehet nicht weit genug ab, von der Mauer. Der Stuhl muß noch weiter
abstehen.
S. Abstand. 2) Sich in der stehenden Stellung entfernen.
(a) Eigentlich, nur in einigen wenigen Fällen. Der Jäger stehet ab,
wenn er den Anstand vergebens verläßt. Das große Geflügel
stehet bey den Jägern ab, wenn es von einem Baume fliegt, welches auch
abbaumen genannt wird. (b) Figürlich. (1) Ablassen, nicht fortsetzen. Von
dem Schreiben, Bauen abstehen. Von einem Kaufe, von einer Klage, von einer
Forderung, von seinem Vorhaben, seiner Meinung abstehen. Er ist von seinem
Rechte, von seinen Ansprüchen abgestanden, hat sich derselben begeben. Die
Wortfügung einer Sache abstehen, z. B.
Noch wollt er dennoch nichtSeiner poßheit absteen,
Theuerd. Kap. 25.
ist Oberdeutsch. (2) Verderben, besonders von flüssigen
Dingen. Der Wein, der Essig, das Bier ist abgestanden. Abgestandener Essig.
Ingleichen von den Bäumen, wie abdorren und abfliegen. Der Baum wird bald
abstehen. Ein abgestandener Baum. Wie auch von den Fischen, sterben. Die Fische
sind abgestanden. Ein abgestandener Aal. Wenn es den Fischen im Winter an Luft
mangelt, oder das Wasser in den Teichen verdorben ist, so pflegen sie aus ihrem
Lager in der Tiefe herauf und an die Muhnen -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - zu kommen, und dieses heißt
aufstehen. Leistet man ihnen nicht schleunige Hülfe, so sterben sie, und
dieß heißt im eigentlichsten Verstande abstehen, weil sie alsdann in
einiger Entfernung von dem Ufer stille stehen. Vielleicht ist der Ausdruck von
diesem Umstande entlehnet, und hernach auf die Bäume und flüssigen
Dinge übergetragen worden.II. Als ein Activum. 1) Einem etwas abstehen,
abtreten, es ihm überlassen; am häufigsten in Niedersachsen. 2) *
Eben daselbst sagt man auch ein Amt abstehen, es niederlegen, ein abgestandener
(abgegangener) Bürgermeister, bey welcher R. A. man nur nicht an einen
abgestandenen Fisch denken muß. Schon die Griechen sagten in dieser
Bedeutung, -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ein obrigkeitliches Amt niederlegen. 3) + Sich abstehen, als ein
Reciprocum, sich müde stehen, von vielem Stehen Schaden leiden. Das Pferd
hat sich in dem Stalle ganz abgestanden.Anm. Abstehen, Goth. afstandan, Schwed.
afsta, wird in den Provinzen noch auf verschiedene andere Arten gebraucht, die
aber im Hochdeutschen unbekannt sind. (a) Einem abstehen, seine Partey
verlassen, ist so wohl in Oberdeutschland, als in Niedersachsen
gebräuchlich, aber im Hochdeutschen eben so ungewöhnlich, als die R.
A. von einem abstehen, in gleicher Bedeutung. (b) Abschlagen, z. B. Theuerd.
Kap. 105. (c) Absteigen, aussteigen, wovon im Theuerdank häufige Beyspiele
vorkommen, z. B.
Als er nun abgestanden was Vom scheff, Kap. 43.- Herr steet ab
drat Zu Füßen von eurem pferdt, Kap. 38.
[
115-116] Und Kap. 64. An das Land
abstehen. (d) Stille stehen. Die Mühlen stunden mehrentheils ab,
Bluntschli, ein Zürchischer Geschichtschreiber. [
117-118]