2. Wust
, [
1635-1636] -er, -este, adj. et adv. von
Menschen und Arbeiten des menschlichen Fleißes verlassen. 1. Im eigentlichen
Verstande, für unbewohnt, ungebauet. Ein Haus stehet wüst, wenn es nicht
bewohnet wird. Ein Acker liegt wüst, wenn er nicht gebauet wird. Eine wüste
Insel, eine unbewohnte. Ein wüstes Land. 2. Figürlich, verwildert, verworren,
im hohen Grade unordentlich. Ein wüster Mensch, von wilden, rohen, ungeordneten
Sitten. Ein wüstes Leben führen, ein im hohen Grade unordentliches. Wüste
Sitten. In einem etwas andern Verstande sagt man, der Kopf ist mir wüst, wenn
sich verworrene Ideen in demselben durchkreuzen. Ein lautes Getöse, ein vorher
gegangener Rausch u. s. f. machen den Kopf wüst. 3. Das wüste Gerinne, bey den
Wassermühlen, dasjenige Gerinne, welches das wilde, oder überflüßige Wasser
abführet, sonst auch das Freygerinne. Anm. Dieses alte Wort lautet von den
frühesten Zeiten an, wuost, und ist mit dem Lat. vastare, wüst machen, dem
Slavon. pusti, wüst, genau verwandt, woraus dessen Alter und weiter Umfang
hinlänglich erhellet. Aber auch eben dieses hohe Alter macht den ursprünglichen
Begriff, und zugleich den Unterschied von dem ähnlichen öde sehr dunkel. In öde
ist der Begriff der Leere zuverläßig der herrschende; aber in wüst scheint es
der Begriff der Verwilderung, der durch Abwesenheit menschlicher Cultur
bewirkten Unordnung zu seyn. (
S. Wüsten.) Überdieß ist wüst im gesellschaftlichen
Leben üblicher, als öde, welches mehr den höhern Schreibarten eigen ist.
[
1637-1638]