Vorstellen
, [
1303-1304] verb. reg. act. vor etwas oder
vor ein anders Ding stellen. 1. Eigentlich, wo es doch nur noch zuweilen
gebraucht wird. Einen Stuhl vorstellen, vor das Bett.
Du hättest mich, o Feind, gefället, Und stießest heftig zu mir
ein; Doch hat der Herr sich vorgestellet, Opitz.
er hat sich vor mir gestellet. 2. Figürlich. (1) Vor ein
anderes Ding stellen, d. i. in dessen Gegenwart stellen, um etwas zu
beurtheilen, zu betrachten, zu wählen u. s. f; wie vorlegen. Er hat die Feuer
und Wasser vorgestellet, greif zu welchem du willt, Sir. 15, 16. Sie wandeln
nicht in meinem Gesetz und Rechten, die ich euch vorgestellet habe, Jer. 44,
10; wofür man doch jetzt lieber gegeben, vorgeschrieben, sagen würde. Am
häufigsten gebraucht man es noch von Personen. Herodes gedachte Petrum nach
Ostern dem Volke vorzustellen, Apost. 12, 4. 6, ihn demselben als einen
Verbrecher darzustellen. Jemanden dem Könige vorstellen, damit der König ihm
kennen lerne. Sich bey Hofe vorstellen lassen. Ein Geistlicher, ein Beamter
wird der Gemeine oder der Untergebenen vorgestellet, wenn er ihnen feyerlich,
als ihr Prediger oder Vorgesetzter, dargestellt und gezeiget wird. (2) Die
Gestalt eines Dinges kenntlich machen, eigentlich, einem andern die Gestalt
eines Dinges kenntlich machen; wo es wieder in verschiedenen Fällen gebraucht
wird. a. In mehr eigentlichen Verstande stellet man jemanden etwas vor, wenn
man ihm die Gestalt eines Dinges anschauend erkennen macht, z. B. durch
Abzeichnung u. s. f. In welcher Bedeutung es doch seltener gebraucht wird. b.
In einer andern Einschränkung stellt man etwas vor, wenn man hinreichende
Erkenntniß- und Bestimmungsgründe erhält, woraus die Beschaffenheit eines
andern Dinges erkannt werden kann; zunächst auch von der äußern Gestalt, aber
auch häufig in weiterer Bedeutung. Vorstellen ist in diesem Verstande dem
wirklich seyn entgegen gesetzt. Der Schauspieler stellet auf der Bühne den
König vor. Der Stein soll einen Käse vorstellen. Er stellet was großes vor,
sagt man im gemeinen Leben, wenn sich jemand sehr vornehm beträgt. Es stellet
jemand bey einer Hochzeit den Vater vor, wenn er dessen Stelle vertritt. Da es
denn in der vertraulichen Sprechart auch oft für wirklich seyn gebraucht wird.
Vergeben sie mir nur, daß ich noch immer den Zerstreueten vorstelle, Gell. Doch
sie stellen einen sehr stummen Freund vor, eben ders. c. Einem etwas
vorstellen, ihm eine anschauende Erkenntniß davon beyzubringen suchen.
Die Furcht stellt Wölfe groß, als Stiere, Geschwader groß, wie
Heere, vor, Lichtw.
In weiterer Bedeutung stellet man jemanden etwas vor, wenn
man ihm durch Worte eine thätige Erkenntniß von einer Sache nach allen ihren
Theilen und Folgen beyzubringen sucht. Jeman- den sein Vergehen, die
Unmöglichkeit einer Sache, den Nutzen einer Unternehmung vorstellen. Es ward
ihm vorgestellet, wie viel er dabey verlieren würde. d. Sich etwas vorstellen,
eigentlich, eine aufschauende Erkenntniß davon haben. Stellen sie sich mein
Entsetzen vor. Aber auch überhaupt, sich einen Begriff von einer Sache machen.
Das kann ich mir leicht vorstellen, das kann ich mir unmöglich vorstellen. Das
hätte ich mir nicht vorgestellt. Man muß sich die Dinge so vorstellen, wie sie
wirklich sind. Sich Gott in seiner Größe vorstellen. Ich stelle mir die Sache
so vor. [
1303-1304]