Verzeihen
, [
1187-1188] verb. irreg. act. (
S. Zeihen,) welches in verschiedenen Bedeutungen
vorkommt. 1. * Versagen, denegare, eine längst veraltete Bedeutung, in welcher
farzihan schon bey dem Kero vorkommt. 2. Sich förmlich begeben, als ein
Reciprocum mit der zweyten Endung der Sache; darauf renunciren. Sich eines
Dinges verzeihen, sich dessen förmlich begeben, allem Rechte, allen Ansprüchen
darauf entsagen. Sich verzigen haben irs gutes, im Schwabenspiegel.
Eich mich ir verzige, ich verzige mich e der crone, Kaiser
Heinr.
In dieser Bedeutung ist es zwar noch nicht eigentlich
veraltet; indessen ist doch die R. A. Vorsicht auf etwas leisten, gangbarer,
als das bloße Zeitwort. (Siehe dieses Hauptwort.) In noch weiterm Verstande
bedeutete es ehedem im Niedersächsischen abstellen, unterlassen überhaupt. 3.
Den Unwillen gegen jemanden wegen einer Beleidigung, mit Erlassung der Schuld
und Strafe derselben fahren lassen, wo es, besonders in der edlen Schreibart,
für das im gemeinen Leben üblichere vergeben gebraucht wird. Es wird, so wie
dieses, mit der dritten Endung der Person und der vierten der Sache verbunden.
Einem etwas verzeihen. Ich habe es ihm schon verziehen. Verzeihen sie mir meine
Unvorsichtigkeit. In weiterer Bedeutung auch alles Mißvergnügen über etwas
fahren lassen, ingleichen nicht übel nehmen, nicht tadeln. Verzeihen sie der
Natur, die einem Wurme ein schöner Kleid gab, als die feinste Kunst, ihnen
nicht geben kann, Geßn. In der höhern Schreibart wird es zuweilen mit der
dritten Endung der Sache, und mit Verschweigung der Person gebraucht, die
alsdann durch die jene vertreten wird. Verzeihen sie einem Bekenntnisse, daß
ich nicht länger zurück halten kann, Weiße. Verzeihen sie diesen schnellen
Aufwallungen einer beleidigten Ehre, von Brawe. So auch die Verzeihung.
Jemanden Verzeihung widerfahren lassen. Jemanden um Verzeihung bitten, oder bey
jemanden um Verzeihung bitten.