Vergießen
, [
1235-1236] verb. irreg. act. (
S. Gießen.) 1. Fehl gießen, im Gießen irren, als ein
Reciprocum; sich vergießen. 2. Durch zu vieles Gießen verderben, im gemeinen
Leben. Pflanzen, Gewächse vergießen, sie zu sehr begießen, daß sie davon
erkranken und eingehen, sie übergießen. 3. Durch Gießen befestigen, verbinden.
Die Klammern in einer Mauer mit Bley vergießen. 4. Durch Gießen alle machen,
der Quantität nach erschöpfen. Alles Wasser vergießen, durch Begießen u. s. f.
5. In weiterer Bedeutung vergießt man einen flüssigen Körper, wenn man ihn ganz
oder zum Theil ausfließen lässet. Den Wein, das Bier vergießen, aus Versehen
ausfließen lassen, wofür doch verschütten üblicher ist. Am häufigsten gebraucht
man es, so wohl von den Thränen, als auch von dem Blute. Thränen vergießen,
weinen. O wüßtest du, wie viele Thränen ich um dich vergossen habe. Jede
vergoßne Zähre schreyt um Rache. Sein Blut für jemanden vergießen, so wohl
Wunden, als auch einen gewaltsamen Tod für ihn leiden. Der Held, der sein Blut
für das Vaterland vergießt. In mehr thätigem Verstande und nach einer noch
weitern Figur ist Blut vergießen, andere gewaltsamer Weise um das Leben
bringen. Wer Blut vergeußt (vergießt,) daß Blut soll wieder vergossen werden, 1
Mos. 9, 6. Viel unschuldiges Blut vergießen, 2 Kön. 21, 16.
S. Blutvergießen. Daher das Vergießen in allen
Bedeutungen, und die Vergießung in der letzten. Unter Vergießen vieler Thränen.
Anm. Im Nieders. vergeten. Im Oberdeutschen wurde in der letzten Bedeutung
dafür auch das einfache gießen gebraucht. Er goz sin bluot, Ottfr. Zu gießen
Menschenblut, Opitz. [
1237-1238]