Übel
, [
731-732] -er, -ste, adj. et adv.
Überhaupt dem Willen eines vernünftigen Geistes zuwider, und darin gegründet,
da es denn bald dem wohl, bald auch dem gut entgegen stehet. In engere
Bedeutung. 1) Man sagt, es ist mir übel, wenn man eine unangenehme Neigung zum
Erbrechen empfindet, wo es nur als ein Nebenwort gebraucht wird; im gemeinen
Leben schlimm. Es wird mir übel. (
S. Übelkeit.) In weiterer Bedeutung ist sich übel
befinden, übel auf seyn, dem wohl befinden, wohlauf seyn, entgegen gesetzt. d.
i. sich nicht völlig gesund fühlen. Warum siehest du so übel, du bist ja nicht
krank? Nehem. 2, 2. 2) Den Sinne, der Empfindung unangenehm, wo es dem wohl,
zuweilen auch dem gut entgegen stehet, und auch durch schlecht ausgedruckt
wird. Es riecht übel, nicht gut. Es schmeckt sehr übel. Der Wein schmeckt nicht
übel, ist nicht übel, ist erträglich, leidlich. Es steht, kleidet ihm übel,
nicht übel, (
S. Übelstand.) Übel lauten, klingen, unangenehm. Das
wird ihm übel gefallen, wo es doch mit der Verneinung noch üblicher ist, das
gefällt mir nicht übel, gefällt mir so ziemlich. Übel aussehen, so wohl
ungesund, als auch nicht schön. Sie sieht nicht übel aus, sie sieht erträglich,
leidlich, gut, aus. Er schreibt sehr übel. Jemanden übel halten, ihm übel
begegnen. Auch hier ist es als ein Nebenwort am häufigsten; doch wird es auch
zuweilen als ein Beywort gebraucht. Ein übler Geruch, ein übler Geschmack; ein
schlechter. Eine üble Gestalt. Er hat kein übles Gesicht. Eine üble Aussprache
haben. Ein übler Traum, ein unangenehmer. Eine üble Begegnung. 3) Mit
Beschwerlichkeit verknüpfet und darin gegründet, eine Fortsetzung der vorigen
Bedeutung, wo es dem gut entgegen stehet, und oft auch durch schlecht
ausgedruckt wird. Übel hören, nicht gut, schwer hören. Übel zu Fuße seyn, nicht
gut, mit Beschwerde gehen. Ich sitze hier sehr übel, sehr schlecht, sehr
unbequem. Ein übler Sitz, ein übler Weg, auf welchen man nur schwer fortkommen
kann. Ein übler Bezahler, ein böser, schlechter Bezahler, der mühsam zur
Bezahlung angehalten werden muß. Eine üble Nacht haben, eine unangenehme,
beschwerliche. 4) Der Absicht, der Bestimmung nicht gemäß, ihr zuwider. Es ist
mir nicht übel gerathen. Etwas übel auslegen, eine widrige Absicht daraus
folgern. Das war sehr übel angebracht. Ihr Vertrauen könnte nicht übler
angebracht seyn. Etwas übel verstehen, wider die Absicht des Redenden. Er hat
vielleicht einen Scherz machen wollen, denn du übel verstanden hast, Gell. Er
hat nicht übel gewählet. In manchen Fällen auch als ein Beywort. Eine üble Wahl
treffen. 5) Den Regeln der Klugheit nicht gemäß, im Gegensatze des gut. Übel in
einer Sache verfahren. Sein Geld, seine Zeit sehr übel anwenden. Eine üble
Gewohnheit. 6) Dem Willen zuwider, wider Willen; doch nur noch in der R. A. er
mag wohl oder übel wollen, d. i. er mag wollen oder nicht wollen. Ich wollte
wohl oder übel, so mußte ich u. s. f. 7) Dem bürgerlichen Wohlstande zuwider,
im gemeinen Leben auch schlecht, schlimm; im Gegensatze des wohl und gut. Am
häufigsten als ein Nebenwort, aber doch auch zuweilen als ein Beywort. Es gehet
ihm sehr übel. Es wird dir übel kommen. Übel von jemanden sprechen. In einem
übeln Rufe seyn. Wo auch wohl das Beywort im ungewissen Geschlechte und ohne
Artikel als ein Hauptwort für Böses gebraucht wird. Übels von jemanden reden.
Jemanden Übels wünschen. Einem Übels gönnen, Ps. 40, 15. 8) Dem Gesetzt
zuwider, eine größten Theils veraltete Bedeutung, theils als ein Nebenwort.
Übel handeln thun, in der Deutschen Bibel. Theils auch als ein Hauptwort. Übels
thun; auch nur in der Deutschen Bibel. 9) Ehedem wurde es auch für unwillig
gebraucht, in welcher Bedeutung, die vielleicht eine der ersten ist, bey dem
Altensteig, übel auf jemanden seyn, so viel ist, als unwillig auf ihn seyn.
Daher rühret vermuthlich noch die R. A. etwas übel nehmen, oder übel aufnehmen,
unwillig darüber werden, etwas übel auslegen, so daß man darüber unwillig
werden könnte. Etwas für übel nehmen, oder halten, für es übel nehmen, ist nur
in den niedrigen Sprecharten gangbar.
Welt solchs nit also frübel han, Theuerd. Kap. 75 und 54.
Dahin gehöret auch das gemeine einem etwas für übel halten,
es ihm übel nehmen, ihn deßwegen tadeln, obgleich übel hier nicht eigentlich
unwillig, sondern der Absicht, dem Aufstande, der Billigkeit zuwider bedeutet.
Wenn sie an meiner Beständigkeit zweifeln, so halte ichs ihnen für übel, daß
sie noch nur mit mir umgehen, Gell. Warum halten sie mirs denn für übel, daß
ich die Freyheit hochschätze? eben ders. 10) * Ehedem wurde auch das Nebenwort
übel häufig, als eine Intension einer unangenehmen Veränderung gebraucht, für
sehr, im hohen Grade; so wie im gemeinen Leben auf ähnliche Art häßlich üblich
ist. Viel schelten mich übel, Ps. 31, 14. Sie zerplagten den Mose übel, Ps.
156, 82. Welches sie gar übel verdroß, Weish. 12, 27. In welcher Bedeutung es
aber veraltet ist. Anm. Schon im Isidor, bey dem Kero u. s. f. ubil, bey dem
Ulphilas gleichfalls ubil, im Nieders. övel, im Angels. Ysel, im Engl. evil. Es
ist ein sehr altes Wort, dessen heutige Bedeutungen nur Fragmente einer ältern
allgemeinern sind, die sich aber wegen des hohen Alters dieses Wortes nicht mit
Gewißheit bestimmen lässet. Die Endsylbe -el, ist die Ableitungssylbe, welche
eine Art, Weise, Subject u. s. f. bedeutet, es kommt also nur auf die
[
733-734] Sylbe ub oder üb an, welche zu ab, aber in der
Bedeutung einer unechten Beschaffenheit zu gehören, und hier etwas, das von
dem, was wir wollen, oder als gut erkennen, abweicht, zu bedeuten scheinet.
Dieß wird dadurch bestätigt, daß übel eigentlich einen gelindern Begriff des
unangenehmen und widrigen gewähret, als böse, schlecht, schlimm, welche oft für
dasselbe gebraucht werden. Übel bedeutet mehr etwas, das von unserm Willen,
unserer angenehmen Empfindung abweicht, denselben nicht gemäß ist, als etwas,
das selbige beleidigt, ihnen zuwider ist. Sollte indessen eine mehr heftige
Veränderung der Stammbegriff seyn, so würde die erste und neunte Bedeutung als
die ursprünglichsten angesehen werden müssen, zumahl da es in andern Sprachen
mehrere ähnliche Wörter gibt, welche eine unangenehme körperliche Empfindung
bezeichnen, wie das alte Celtische Avel, Sturm, Griech. hier
nichtlateinischer Text, siehe Image, Schwed. Aela, die Hebr. hier
nichtlateinischer Text, siehe Image, Klage, Traurigkeit, hier
nichtlateinischer Text, siehe Image, Eitelkeit, hier
nichtlateinischer Text, siehe Image, Schmerz, und hier
nichtlateinischer Text, siehe Image, er hat zu Grunde gerichtet. Bey den
Malabaren ist Iblis, der Teufel. Das Engl. und Schwed. ill, Isländ. iltur, Dän.
ild, übel, scheinen nicht aus diesem Worte zusammen gezogen, sondern von einem
andern Stamme gebildet, und mit dem Griech. hier nichtlateinischer Text,
siehe Image, hier nichtlateinischer Text, siehe Image,
verderblich, hier nichtlateinischer Text, siehe Image, ich
verderbe, verwandt zu seyn. [
733-734]