2. Der Staat
, [
257-258] des -es, plur. die -en, ein
Wort, welches ursprünglich ein Geräusch, ein Getöse bedeutet zu haben scheinet,
aber noch in einigen einzelnen und zum Theil figürlichen Fällen üblich ist. 1.
Geräusch, Wortgepränge, ohne Plural; doch nur noch in der R. A. großen Staat
von etwas machen, viel Aufsehens, Rühmens; im Ital. gleichfalls sare grau
stato. Im Holländ. ist stuyten, prahlen, und im Isländ. Stat, Prahlerey.
Vielleicht gehöret hierher auch die R. A. Staat auf etwas zu machen, sich
darauf verlassen, ingleichen es vermuthen, hoffen. Auf seinen Vater können sie
sichern Staat machen, sich sicher auf ihn verlassen. Ich habe lange Staat
darauf gemacht, es lange gehoffet, vermuthet. Die Niedersachsen gebrauchen die
R. A. Staat machen, noch in weiterm Verstande, für vermuthen überhaupt. Ich
mache Staat, die andere Woche wieder hier zu seyn, ich vermuthe es. Indessen
leidet es in dieser Bedeutung auch noch andere Ableitungen, und besonders die
von stehen. 2. Glänzende und kostbare Hülfsmittel im gesellschaftlichen Leben,
so fern man dadurch seine Meinung von seinen eigenen hohen Vorzilgen an den Tag
legen will; auch ohne Plural. Einen großen Staat machen, oder führen. Einen
königlichen Staat führen. Keinen Staat machen. Wo dieses Wort so wohl ein
großes und glänzendes Gefolge, als kostbare Kleider, prächtiges Hausgeräth u.
s. f. in sich begreift. Daher Staatswagen, Staatskleider, Staatskutsche,
Staats-Liverey u. s. f. In engerer Bedeutung ist Staat, (1) großes Gefolge,
doch nur noch in dem zusammen gesetzten Hofstaat, die sämmtlichen zur Bedienung
eines Hofes gehörigen Personen zu bezeichnen. (2) Prächtige Kleidung im
gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart. Im völligen Staate erscheinen.
Seinen ganzen Staat anlegen. Im Nieders. gleichfalls Staat, Schwed. Stat, Stat.
Engl. State. Es einer hier mit stutzen, in Schonen statsa, verwandt, und eine
Figur des Geräusches zu seyn, so wie sich Pracht auf eine ähnliche Figur
gründet. Bey dem Notker ist Stata, Aufwand, die Kosten. 3. Eine Menge Volkes,
doch nur noch in der engern Bedeutung, einer zahlreichen Gesellschaft von
Menschen, welche unter dem gemeinschaftlichen Bande einer Regierungsform
stehen, wodurch es sich von Volk und Nation unterscheidet, und eine allgemeine
Benennung ist, welche die Arten Reich, Republik u. s. f. unter sich begreift,
aber doch nur von solchen bürgerlichen Gesellschaften von einem gewissen
beträchtlichen Umfange gebraucht wird, indem man z. B. kleine Freystädte wohl
nicht leicht Staaten nennen wird. Man gebraucht es hier theils als ein
Abstractum und ohne Plural. Wider den Staat reden. Ein Verbrechen wider den
Staat. Ein Staatsverbrechen. Zum Besten des Staates. Theils aber auch als ein
Concretum, eine auf solche Art verbundene bürgerliche Gesellschaft, mit dem ihr
gehörigen Landesbezirk zu bezeichnen. Die Europäischen Staaten. Ein Freystaat,
eine freye Republik. Ein monarchischer Staat. Der Kirchenstaat, der
Venetianische Staat, der Französische Staat. Da es denn auch häufig für
Provinz, Land gebraucht wird, so fern auch jede Provinz unter sich auf gewisse
besondere Art verbunden ist. Durch jemandes Staaten reisen. Die Preußische
Staaten. Seine Staaten vermehren. Anm. Im Ital. Stato, im Franz. Etat. Es
leidet in dieser letzten Bedeutung mehr als Eine Ableitung. Es kann von stehen
abstammen, und eine in einer bestimmten Gegend auf eine beständige oder
bleibende Art verbundene bürgerliche Gesellschaft bezeichnen, zum Unterschiede
von einem unstäten, herum schweifenden Volke. Indessen scheinet die Ableitung
von dem Getöse, Geräusche, welche eine Menge Menschen macht, auch ihre und
vielleicht noch mehr Wahrscheinlichkeit zu haben, und würde alsdann Staat nur
durch den vorgesetzten Zischlaut von dem alten Theut, Thiot, Diet, Volk, dem
Gothischen Thiudan, Reich u. s. f. gebildet seyn. Zu der allgemeinen Bedeutung
des Lautes, Tones, Geräusches gehören noch das Schwed. tuta, tönen, das Angels.
thutan, heulen, das Oberd. Gethiode, Gethiute, Sprache, das Nieders. düten oder
tüten, auf einem Horne blasen, und andere mehr, welche insgesammt Onomatopöien
eines gewissen bestimmten Lautes sind. [
259-260]