Die Seite
, [
39-40] plur. die -n. 1. Diejenige
Fläche eines Körpers, welche sich neben der hintern und vordern Fläche
befindet. (1) Eigentlich. So ist an dem menschlichen Körper die Seite die
Fläche von den Armen bis auf die Hüfte. Einen Schmerz in der Seite haben. Die
rechte Seite, die linke Seite. Einem an der Seite sitzen. Einem zur Seite
gehen. Einen Körper auf die Seite legen. Sich auf die rechte Seite legen.
Jemanden von der Seite ansehen, über die Achseln. Den Feind auf der Seite
angreifen, auf der Flanke, im Gegensatze des Angriffes im Rücken und von vorn.
Die Seite eines Gebäudes. Die Seite eines Stromes, die Fläche, welche von
seinen Ufern gebildet wird. Auf die andere Seite schwimmen. Daher die
figürlichen von der Seite des menschlichen Körpers entlehnten R. A. 1. Sich auf
die faule Seite legen, faul werden. Sich auf die schlimme Seite legen, schlimm,
lasterhaft werden. Aber nicht, sich auf die fleißige, auf die gute Seite legen.
2. Auf die Seite geben, sich entfernen. Sie trifft ihn schlafend an, bleibt von
der Seite stehen, in einiger Entfernung, Gell. Sich auf die Seite machen, sich
schnell und heimlich entfernen. Etwas auf die Seite bringen, schaffen, es
heimlich entfernen. Scherz bey Seite, wir wollen aufhören zu scherzen. Jemanden
auf die Seite ziehen, bey seits, ihn ein wenig von der Gesellschaft entfernen.
3. Auf jemandes grünen Seite sitzen, (
S. Grün.) 4. Das ist seine schwache Seite, da ist er am
schwächsten. Du weißt, daß das meine empfindlichste Seite ist, daß ich da am
empfindlichsten bin. Jeder Verstand hat seine schwache Seite. 5. Jemanden die
weiche Seite geben, ihn verzärteln, ihm durch die Finger sehen. Aber, jemanden
die weiche oder schwache Seite abgehen, bedeutet, ihn auf seiner schwachen
Seite angreifen, und dadurch gewinnen. 6. Jemanden nicht von der Seite kommen,
sich nicht von ihm entfernen. Einem zur Seite gehen, ihm hülfreiche Hand
leisten, ihm zur Hand gehen. Niemanden zur Seite haben, zur hülfreichen
Handleistung. Wenn ein gründlicher Verstand eine lebhafte Einbildungskraft zur
Seite, ein reiches treues Gedächtniß zur Gehülfinn hat, Gell. 7. Zur Seite
neben, besonders von Personen. Am nächsten Baume sahe er den Schäfer und ihm
zur Seite den Hund liegen.
Wenn im Streite Der ehrne Donner von den Bergen ihm zur Seite
Die Feldherrn niederschlug, Raml.
(2) Figürlich, eine Partey, mit einander verbundene Personen,
im Gegensatze einer Gegenseite, am häufigsten ohne Plural; eine von den Kriegen
entlehnte Figur, da diejenigen, welche es mit dem Haupte halten, demselben zur
Seite stehen. Auf jemandes Seite seyn, zu seiner Partey gehören, und in weiterm
Verstande, es mit ihm halten, seiner Meinung, seiner Gesinnung seyn. Jemanden
auf seine Seite ziehen. Auf jemandes Seite stehen. Jemanden auf seiner Seite
haben. In weiterer Bedeutung auch ohne Rücksicht auf einen Gegentheil. Die
väterliche, Seite, die mütterliche Seite, in den Geschlechtsregistern. Wo es
häufig auch von Individuis gebraucht wird. Von Seiten seiner, oder von seiner
Seite ist alles zu befürchten, d. i. von ihm, im Oberdeutschen abseits seiner,
im gemeinen Leben seinerseits, wie auch deinerseits, meinerseits u. s. f. d. i.
von deiner Seite, oder von dir u. s. f. Ich will auf meiner Seite, oder von
meiner Seite thun, was ich kann, d. i. was mich betrifft. Es sind auf der einen
Seite so viele Zeugen, als auf der andern. 2. In weiterer Bedeutung, jede
Fläche eines Körpers außer der obern und untern. (1) Eigentlich. Die Seite
eines Berges, eines Thurmes, eines Hauses u. s. f. Die vordere Seite, die
hintere Seite. Die Seiten des Altars. Wenn ein Körper nur zwey Hauptflächen
hat, d. i. sich in die Länge und Breite ohne beträchtliche Dicke erstrecket, so
werden auch die Hauptflächen in engerm Verstande die Seiten genannt, da sich
denn der Begriff der Breite mit einzuschleichen scheinet, so wie in dem Lat.
Latus, die Seite, von Latus, breit. Die rechte und linke Seite eines Tuches.
Die Seite eines Blattes Papier. Die Seite eines Buches, die Blattseite, Pagina.
(2) Figürlich. (a) Die Gegend, der Raum außer uns, horizontal betrachtet. Die
östliche Seite des Himmels, des Landes. Die Morgenseite, die Abendseite. Von
allen Seiten her thürmen sich Gewitter auf. Man macht mir von allen Seiten
Verdruß. (b) Die Art und Weise, wie eine Sache sich uns durch Wirkungen oder
Äußerungen darstellet. Sich von der guten Seite zeigen. Was ist das wieder für
eine ungestalte Seite des Herzens? Hermes. Ich wünschte diese vernachläßigte
Seite ihres Herzens nicht gesehen zu haben. Sollte dieß Herz wohl eine
schlechte Seite haben? (c) Die Art und Weise, der Punct, aus welchem man ein
Ding betrachtet. Alles von der guten, von der schlechten Seite ansehen.
Pflanzen und Thiere, welche auf der einen Seite schädlich sind, sind auf der
andern Seite ein Reichthum medicinischer Kräfte, Gell. 3. In noch weiterm
Verstande wird oft eine Fläche eines Dinges die Seite genannt. Die obere Seite,
die untere Seite. Etwas auf allen Seiten besehen. Anm. Im Tatian Situ, bey dem
Notker Sittu, im Angels. und Engl. Side, im Schwed. Sida, im Nieders. Sied,
Siede, im Hebr. hier nichtlateinischer Text, siehe Image. Die
Abstammung läßt sich nur muthmaßen. Es kann seyn, daß es zu dem Niederd. sied,
niedrig, gehöret, (
S. das vorige,) indem ein Körper, wenn er auf der Seite
liegt, gemeiniglich die geringste Größe hat. Die alte Oberdeutsche zweyte und
dritte Endung der Seiten, für Seite hat sich noch in den folgenden
Zusammensetzungen erhalten. [
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