Sehnen
, [
25-26] verb. regul. reciproc. einen
hohlen Grad des herrschenden Verlangens nach einer Sache empfinden, wobey diese
Sache allemahl das Vorwort nach bekommt; sich nach etwas sehnen.
Ich send e nach der schonen mich. Heinrich von der Mure.
Ein Knecht sehnet sich nach dem Schatten, und ein Tagelöhner,
daß seine Arbeit aus sey, Hiob 7, 2. Meine Seele sehnet sich nach den Vorhöfen
des Herrn, Ps. 84, 3. Ein Durstiger sehnet sich nach einem frischen Trunke, ein
Hungriger nach der Speise. Sich nach seinem Vaterlande, nach Hause sehnen. So
auch das Sehnen. Anm. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt dieses Wort sehr oft
vor, wo es auch, obgleich seltener, ohne Reciprocation gebraucht wird. Nach der
besten minne sennet min lip, Walth. von Clingen. Den Niederdeutschen und
nördlichen Mundarten scheinet dieses Zeitwort unbekannt zu seyn; die
Niederdeutschen gebrauchen dafür janken und anken, und einige Oberdeutsche
ameren, welches schon bey dem Hornegk vorkommt. Was die Abstammung betrifft, so
lässet sich selbige nur muthmaßlich bestimmen. Da wir eine eigene
Ableitungssylbe -nen, haben, welche Intensiva bildet, so kann sehnen ein
solches Intensivum von sehen seyn, wie lehnen von legen, dehnen von ziehen u.
s. f. und für sehenen siehen, wie schon Wachter und Frisch angenommen haben, da
es denn eigentlich bedeuten würde, scharf und mit Begierde nach etwas sehen. Da
aber send und sen, ein altes bey den Schwäbischen Dichtern sehr häufiges Wort
ist, welches schmerzhaft, ängstlich u. s. f. bedeutet, so kann sehnen ehedem
auch Kummer empfinden, sich kränken überhaupt bedeutet haben, wovon in dem
folgenden sehnlich noch eine Spur übrig ist. Das er ein senendes herze treit,
ein betrübtes, Ditmar von Aft; sende klage, traurige schmerzliche. Des Herrn
Ihre Ableitung, der unser sehnen von dem Schwed. sen, langsam, im Oberd.
senlich, (
S. Frisch) abstammen lässet, da es denn zu unserm senden
gehören würde, scheint zu sehr gesucht zu seyn, obgleich das Franz. tarder und
Engl. to long, sich sehnen, selbige dem Anscheine nach bestätigen, welche aber
auch eine andere Ableitung leiden,
S. Verlangen.