Schelten
, [
1411-1412] verb. irreg. act. et neutr.
welches im letztern Falle das Hülfswort haben erfordert; ich schelte, du
schilst, er schilt Imperf. ich schalt, Conj. ich schälte, (ehedem scholt,
schölte;) Mittelw. gescholten; Imperf. schilt. Es ist ein vermittelst der
intensiven Endung -ten gebildetes Intensivum von schallen und schellen, und
bedeutet, 1. Eigentlich einen starken Schall, und in weiterer Bedeutung einen
Schall von sich geben und hervor bringen. Diese Bedeutung ist zwar im
Hochdeutschen längst veraltet, indessen kommen doch noch manche Spuren davon
vor. Wenn das weibliche Geschlecht, des Roth- und Tannwildbretes seine Stimme
hören läßt, so nennen die Jäger solches noch schelten und schalten. Das Schwed.
skälla, welches mit unserm schelten gleichbedeutend ist, heißt eigentlich
bellen. 2. In engerer Bedeutung, nachdrückliche und laute Worte von sich hören
lassen, mit starker lauter Stimme sprechen oder reden, besonders von einzelnen
Arten der lauten Rede. 1) * Ernstlich befehlen; eine im Hochdeutschen veraltete
Bedeutung. Und er schalt das Schilfmeer, da ward es trocken, Ps. 106, 9. Siehe
mit meinem Schelten mache ich das Meer trocken, Es. 50, 2. Der das Meer schilt
und treuge macht, Nahum. 1, 4. 2) * Anklagen; eine gleichfalls veraltete
Bedeutung, in welcher Schelte in den vorigen Jahrhunderten mehrmahls für Klage
vorkommt. 3) * Rufen, nennen, welche Bedeutungen im Hochdeutschen auch nicht
mehr üblich sind. Im gemeinen Leben einiger Gegenden sagt man noch, jemanden
einen gnädigen Herrn schelten, d. i. tituliren; sich Exzellenz schelten lassen,
ohne daß man dabey an die folgende fünfte Bedeutung dächte. 4) * Fluchen; eine
noch hin und wieder gangbare Bedeutung. 4 Mos. 23, 7, 8 heißt es noch:
verfluche mir Jacob, komm schilt Israel. - Wie soll ich fluchen, dem Gott nicht
fluchet? Wie soll ich schelten, den der Herr nicht schilt? Wo fluchen und
schelten gleichbedeutend zu seyn scheinen. 5) Seinen Unwillen durch heftige
Worte an den Tag legen; so wohl absolute und als ein Neutrum. Den ganzen Tag
schelten. Als auch thätiger Weise mit der vierten Endung der Sache. Jemanden
schelten. Christus schalt nicht wieder, da er gescholten ward, 1. Petr. 2, 23.
Jesus schalt ihren Unglauben, Marc. 16, 14. Jemanden einen Schelm schelten, ihn
im Unwillen so nennen, wo zugleich die vorige dritte Bedeutung des Nennens mit
eintritt. Statt der vierten Endung findet auch das Neutrum mit dem Vorworte auf
Statt. Auf jemanden schelten, seinen Unwillen über ihn durch heftige Worte
ausbrechen lassen. In weiterer Bedeutung für tadeln, in welchem Verstande es
noch hin und wieder gehöret wird. Ich kann es weder loben noch schelten. Das
ist nicht zu schelten. Ein unbescholtener Mann, dem man nichts Nachtheiliges
nachsagen kann. Ehedem war ein Urtheil schelten von demselben appelliren; im
mittlern Lat. blasphemare, Franz. blamer. 3. * Figürlich, erklären; eine
veraltete Bedeutung. Ehedem sagte man, jemanden quit schelten, ihn für frey von
seiner bisherigen Verbindlichkeit erklären. Jemanden unschuldig schelten, ihn
für unschuldig erklären. Im Niedersächsischen ist diese Bedeutung noch gangbar.
So auch das Schelten. Anm. In der vorigen fünften Bedeutung schon bey dem
Ottfried und Notker schelten, im Nieders. schelden, schellen, im Angels.
scyldan, im Engl. to scold, im Lotharing. chelte. Nach dem, was oben angeführet
worden, bedarf Frischens und anderer Ableitung welche dieses Wort von Schuld
abstammen lassen und es durch beschuldigen erklären, wohl keiner weitern
Widerlegung. Die Sylbe -ten ist ein sehr gewöhnliches Zeichen einer Intension,
so daß schelten zunächst von schellen abstammet. Ohne diese Intension ist im
Schwed. skälla so wohl bellen als schelten. Siehe auch Schalten, welches sich
auf eine ähnliche Onomatopöie gründet. [
1413-1414]