Der Schein
, [
1399-1400] des -es, plur. inus. von dem
Zeitworte scheinen, 1. Der Zustand des Scheinens, doch nur zuweilen in engerer
Bedeutung, von dem Zustande, da ein leuchtender Körper sichtbar ist. So sagt
man z. b. wir haben Mondschein, Sonnenschein, wenn das helle Licht dieser
Himmelskörper ohne Hinderniß gesehen wird. Dahin gehöret denn auch die bey den
Astrologen übliche Bedeutung, wo der Schein der Stand eines Planeten im
Verhältniß gegen andere ist, die Art und Weise, wie er mit und gegen andere
gesehen wird; der Aspect. Der gedritte Schein, wenn zwey Planeten 120 Grad von
einander stehen; der gevierte Schein, wenn die Entfernung 90 Grad beträgt; der
gesechste Schein, wenn sie 60 Grad ist. (
S. auch Gegenschein.) In weiterer und figürlicher
Bedeutung sagte man ehedem Schein werden, für entstehen, Schein thun, erzeigen,
erweisen; woraus die Verwandtschaft mit seyn und geschehen erhellet.
S. auch Vorschein und Erscheinen. 2. Dasjenige, was an
einem Körper gesehen wird; doch nur in einigen Fällen. 1) Eigentlich. Das helle
Licht eines leuchtenden Körpers, so fern es durch das Gesicht empfunden wird.
Einen Schein von sich geben. Sonne und Mond werden ihren Schein verlieren,
Matth. 24, 29. Der Mondenschein, Sonnenschein. Bey dem blassen Scheine einer
Lampe. Der Schein des Feuers, des Lichtes. Das Licht gibt einen hellen, einen
schwachen Schein. Ein Schein am Himmel, ein leuchtendes, übrigens unbekanntes
Wesen. Der Nordschein, Wiederschein. In den meisten Fällen, die
Zusammensetzungen ausgenommen, hat das Wort Schein etwas unedles an sich;
wenigstens gebraucht man in den edlern Schreibarten dafür oft lieber Licht und
Glanz, obgleich dieses letztere nur zuweilen mit Schein gleichbedeutend ist.
Ehedem gebrauchte man aber Schein auch für Glanz von nicht leuchtenden Körpern.
Der Bluomen Schin, einer der Schwäbischen Dichter. In engerer Bedeutung wird
die veränderliche Gestalt des Mondes in einigen Gegenden der Schein genannt,
der in andern das Licht heißt. Der neue Schein, der Neumond, das neue Licht. So
auch der alte Schein, der volle Schein. Im engsten Verstande ist in der
Astrologie Schein der Neumond, doch nur in den Zusammensetzungen Jännerschein,
Hornschein, Märzschein u. s. f. der Neumond im Jänner, im Hornung, im März. 2)
In weiterer Bedeutung, die Gestalt eines Dinges. (a) Im eigentlichsten
Verstande, die Figur eines Dinges, im Gegensatze seines Wesens; eine veraltete
Bedeutung, in welcher es ehedem von dem Bilde, dem Schatten der Körper
gebraucht wurde.
Mir ist geschehen als einem kindeline Das sin schoenes Bilde
in einem glase gesach Vnde greif dar nach sin selbes Schine, Heinr. von
Morungen.
In einigen Gegenden sagt man noch, wie ein Schein einher
gehen, wie ein Schatten, wie ein Bild ohne körperliches Wesen. Das alte
Schemen, ein Schatten, ist genau damit verwandt. In der noch im gemeinen Leben
üblichen R. A. sich mit dem Scheine begnügen müssen, d. i. mit dem bloßen
Ansehen, hat es die gleichfalls veraltete Bedeutung des Sehens. (b) Figürlich,
das was von einem Dinge in die Sinne fällt, die Art und Weise, wie ein Ding
empfunden wird, gemeiniglich, so fern diese Art von der wahren Beschaffenheit
noch unterschieden, oder derselben entgegen gesetzet ist. Die Sache hat einen
guten, einen bösen Schein. Der äußere Schein gibts. Allen bösen Schein meiden,
sich hüthen, damit eine Handlung nicht böse scheine. Der Schein ist betrüglich.
Sich von dem Scheine hintergehen lassen. Etwas nur zum Scheine thun, bloß damit
es von andern dafür gehalten werde, ohne daß es wirklich das sey, was es zu
seyn scheinet. Unter dem Scheine Rechtens. Unter dem Scheine des Guten. Der
Schein ist sehr wider dich. (
S. auch Anschein.) Eben diese Bedeutung findet auch in
vielen Zusammensetzungen Statt, wo der Schein allemahl der Wahren
Beschaffenheit entgegen gesetzet ist. Ein Scheingut, Scheinchrist, Scheingrund
u. s. f. was nur den Schein, die äußere Gestalt eines Gutes, eines Christen,
eines Grundes hat, es aber nicht wirklich ist. 3. Dasjenige, was ein anderes
Ding sichtbar macht, doch nur, in einem einzigen figürlichen Falle, von einem
schriftlichen Zeugnisse einer geschehenen Sache, wo es im gemeinen Leben von
kleinen, ohne viele Formalitäten ausgefertigten schriftlichen Zeugnissen am
üblichsten ist. Jemanden einen Schein geben, eine Quittung über eine bezahlte
Geldpost. Einen Schein geben, ausstellen. Ein Taufschein, ein schriftliches
Zeugniß, daß ein Kind getauft sey, mit Bestimmung der Zeit, wenn solches
geschehen. Der Trauschein, Postschein, Zollschein, Todtenschein u. s. f. (
S. diese Wörter.) Zuweilen ist der Schein im gemeinen
Leben auch ein schriftliches Zeugniß des Wohlverhaltens, so wie bey den
Kaufleuten auch ein schriftliches Verzeichniß abgelieferter Waaren zuweilen ein
Schein heißt. In dieser ganzen Bedeutung, in welcher Schein eigentlich einen
Beweis bedeutet, ist im gemeinen Leben auch das Diminutivum Scheinchen üblich.
S. auch Bescheinigen und Scheinen. Anm. Bey dem Ottfried
Skim, woraus die Verwandtschaft mit Schimmer und Schemen erhellet, bey dem
Notker Skuno, im Engl. Shine, im Schwed. Sken, im Hebr. -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - . Im Pohln. ist Dzin der Tag.
S. Scheinen. [
1399-1400]