3. Schach
, [
1313-1314] ein in dem bekannten
Schachspiele übliches Wort, welches daselbst in folgenden Bedeutungen vorkommt.
1) Der vornehmste Stein dieses Spieles führet bey den Morgenländern, wo dieses
Spiel einheimisch ist, den Nahmen des Schaches, welches noch jetzt in den
Morgenländern sehr bekannte Wort einen König oder Fürsten bedeutet. Im
Deutschen ist es in dieser Bedeutung unbekannt, weil dieser Stein bey uns der
König genannt wird. 2) Von diesem Könige, dem vornehmsten Steine, wird dieses
Spiel selbst zuweilen Schach genannt, wo es doch nur ohne Artikel üblich ist.
Schach spielen. Zwey Spiele Schach spielen. Zuweilen höret man es alsdann auch
mit dem ungewissen Artikel; das Schach ist ein scharfsinniges Spiel. 3) In der
Schweiz nennet man auch das Schachbret nur Schach schlechthin, und daher kommt
die noch nicht ganz veraltete Redensart, im Schach spielen, für Schach spielen.
Endlich 4) ist es auch in diesem Spiele ein sehr übliches Wort, den König zu
nennen. Schach dem Könige! Dem Könige Schach biethen, ihn durch einen andern
Stein nöthigen, seine Stelle zu verlassen. Den König schachmatt machen, (
S. Schachmatt.) Wo es üblich ist, da biethet man auch
der Königinn Schach. In dieser Bedeutung ist es ein bloßer Mißbrauch, der aus
Unkunde der wahren Bedeutung dieses Wortes entstanden. Wenn die Morgenländer
den König durch einen Stein bedrohen, so rufen sie z. B. Schach Ruch, das
heißt, der König wird von dem Rochen bedrohet oder gewarnet. Hierdurch sind die
Europäer verleitet worden, den Ausdruck in der jetzt gedachten Bedeutung
einzuführen. Anm. Im Franz. Echec, im Ital. Scacco, im Engl. Chess. Sehr viele
Wortforscher haben es von dem veralteten Schach, Raub, das Rauben, (
S. Schächer) ableiten wollen; allein der nur bey
ausländischen Wörtern übliche indeclinable Gebrauch des Wortes Schach hätte sie
schon belehren können, daß das Wort ausländisch seyn müsse. Die Geschichte
dieses Spieles wird solches noch mehr erhärten. Dieses Spiel ist in ganz Asien
gewöhnlich, und ist dem übereinstimmigen Zeugnisse aller Morgenländer zu Folge
in ganz Indien, und wie die Perser behaupten, von einem gewissen Zezeh Eben
Daher erfunden worden. Es ist ein Kriegsspiel, und bildet die alte Indianische
Art zu kriegen sehr deutlich ab. Die Römer lerneten es vermuthlich bey ihren
Kriegen in Asien kennen, und nannten es Ludum latronum oder latrunculorum,
nicht von latro, ein Räuber, sondern so fern dieses Wort ehedem einen Soldaten,
einen Krieger, in gutem Verstande bedeutete. Nachmahls scheinet es in Europa in
Vergessenheit gerathen zu seyn, bis es durch die Araber in Spanien wieder
bekannt geworden, da es denn unter andern an Carls des Großen Hofe sehr üblich
war, wie denn auch die von ihm gebrauchten Schachsteine noch zu St. Denis
gezeiget werden. Die Perser und meisten Morgenländer nennen das Spiel Setrenge,
d. i. tausend Sorgen, wegen des dazu nöthigen Nachdenkens, (
S. Angeli a S. Josepho Gazophylac. linguae Pers. S.
370,) wovon auch die neuern Griechen ihr -
hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - entlehnet haben; die Chineser das Elephantenspiel u.
s. f. Bey allen aber heißt der erste und vornehmste Stein, der die Seele des
Spieles ist, Schach, Pers. Cha, d. i. König oder Fürst; und diesen Nahmen haben
die Europäer beybehalten, ob sie ihm gleich manche ihm fremde Bedeutungen
beygelegt haben. Die Franzosen nennen auch alle Schachsteine les Echecs. In
Deutschland sind nach und nach dreyerley Arten dieses Spieles üblich gewesen;
das große, das kleine, und dasjenige, welches jetzt überall gespielet wird. Das
große, welches dasjenige ist, von welchem die Schriftsteller des 12ten und
13ten Jahrh. reden, hat sich noch bis auf unsere Zeiten in dem
Halberstädtischen Dorfe Ströpke erhalten, dessen Einwohner von undenklichen
Zeiten her den Ruhm geschickter Schachspieler haben. Sie nennen es das
Courier-Spiel, und spielen es auf einer länglichen Tafel von 96 Feldern, wovon
12 auf der langen und 8 auf der kurzen Seite sind. Jeder Spieler hat 24 Steine,
nähmlich außer den 16 gewöhnlichen zwey Courier, einen Rath für den König,
welchen sie den Alten oder des Königs Mann nennen, einen Narren für die
Königinn, der den Nahmen Schleich führet, und vier Bauern. Das kleine Schach
wird noch in eben diesem Dorfe beybehalten, und mit 16 Steinen in 64 Feldern
eben wie das große gespielet. Sie nennen es das alte Spiel, dagegen unser
gewöhnliches Schachspiel bey ihnen den Nahmen des Wälschen Schachs führet. Ein
Mehrers würde hier am unrechten Orte stehen; doch ist bey den Nahmen der Steine
dieses Spieles noch manches hierher gehörige bemerket worden.
S. Thom. Hyde de iudis orient. Oxford 1694 in 8.
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1313-1314]