2. Der Ruf
, [
1195-1196] des -es, plur. welcher doch
nur in einigen wenigen Fällen üblich ist, die Rufe, von dem Zeitworte rufen. 1.
Die Handlung des Rufens, und der dadurch verursachte Laut oder Schall. 1) Im
weitesten Verstande, ein jeder starker Laut der Stimme; wo es doch nur in
einigen Fällen üblich ist. Ich höre einen Ruf. Der Wiederruf, wo es für Rede
überhaupt stehet. 2) In engerer Bedeutung ist der Ruf diejenige Handlung, da
man ein anderes Ding zu sich rufet. So wohl von den Thieren, wo es von der
Stimme der meisten Thiere gebraucht wird, mit welcher sie einander rufen, oder
zurufen, obgleich von den meisten Thieren auch einzelne Ausdrücke üblich sind,
welche ihrer eigenthümlichen Stimme mehr angemessen sind. So heißt er bey den
Haselhühnern das Pisten, bey den Blautauben das Heulen, bey dem Birkhahne das
Krollen u. s. f. Besonders von der lauten menschlichen, so wohl künstlichen als
natürlichen Stimme, so fern sie ein Zeichen der Herzunahung für andere ist. In
dem Jagdwesen heißen verschiedene Arten der Stöße in das Hiefhorn ein Ruf;
gemeiniglich besteht er aus drey Hiesen, welche in Einem Athem scharf in das
Hieshorn gestoßen werden. Den Ruf in das Horn stoßen, so wohl zum Zeichen, daß
das Treiben angehen soll, als auch als ein Zeichen des Rückzuges. Mit dem
Fürstenrufe wird der Herr der Jagd zum Abfangen des Hirsches herbey gerufen.
Hier ist auch der sonst ungewöhnliche Plural üblich. Drey Rufe in das Horn
stoßen. Ingleichen von dem Rufen mit der natürlichen Stimme. Jemandes Ruf
hören. 3) Figürlich. (a) Von gewissen Arten des innern Triebes. Der Ruf der
mütterlichen Natur ziehet die jungen Änten in das Wasser. da es denn auch
zuweilen für Beruf gebraucht wird, es mag nun die Berechtigung zu gewissen
Verrichtungen in der Gesellschaft, oder auch in der Theologie die
Bekanntmachung des göttlichen Willens bey einzelnen Personen bedeuten. In
seinem Rufe bleiben, besser an seinem Berufe. Der uns berufen hat, mit einem
heiligen Ruf, 1 Tim. 2, 9. Dem göttlichen Rufe widerstehen. (b) Das Gerücht,
die Wissenschaft mehrerer von einer geschehenen Sache und deren mündliche
Fortpflanzung. Es gehet ein Ruf, daß der Papst gestorben sey. Wenn dem Rufe zu
trauen ist. In welcher weitern Bedeutung es doch im Hochdeutschen wenig mehr
vorkommt, wo Gerücht dafür üblicher ist. Wohl aber gebraucht man es im engern
Verstande von dem mündlich fortgepflanzten Urtheile vieler über die sittliche
Beschaffenheit eines Menschen, wo es die gute oder nachtheilige Art dieses
Urtheiles unentschieden läßt. Einen guten, einen bösen Ruf haben. Jemanden in
einen bösen oder üblen Ruf bringen. Im üblen, im guten Rufe seyn. Im Rufe der
Wahrheit stehen. Wenn die Beschaffenheit des Rufes durch keinen Beysatz
bestimmt ist, so kann es so wohl einen üblen, als einen guten Ruf bedeuten. In
Ruf kommen. Im Rufe seyn. Oft aber wird es auch allein von einem guten,
rühmlichen Rufe gebraucht, für Ruhm. Der Brunnen kommt in Ruf. Die lange
Abwesenheit in dem Rufe eines jungen Mädchens nicht zuträglich. 2. Ein Werkzeug
zum Rufen; da auch der sonst ungewöhnliche Plural üblich ist. So wird der
lebendige Lockvogel auf dem Vogelherde auch der Ruf genannt. Bey den Jägern
heißt eine jede Pfeife oder anderes Werkzeug, womit man den ruf, d. i. die
Stimme der Thiere, nachahmet, der Ruf, und nach Verschiedenheit des Thieres,
der Hirschruf, Äntenruf, Wachtelruf, Taubenruf u. s. f. * Anm. Bey dem Notker
ist Ruoft das Geschrey, so wie in der Monseeischen Glosse das nur im Endlaute
verschiedene Ruam, Ruhm, auch Geschrey bedeutet.
S. Rufen. [
1195-1196]