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Adelung - Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

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Der Riemen

, [1109-1110] des -s, plur. ut nom. sing. im gemeinen Leben auch häufig, der Riem, des -ens, plur. die -en; ein Wort, welches überhaupt eine Ausdehnung nach allen Seiten, besonders aber nach der Länge bedeutet. 1. * Eine Ausdehnung nach allen Seiten; eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutung, in welcher es nur noch im Nieders. üblich ist, wo ein Riemen Papier so viel als ein Ballen, d. i. eine Zahl von 10 Rieß, ist; Engl. Ream. Obgleich alle Wörter, welche eine Ausdehnung in die Länge bezeichnen, auch eine Ausdehnung in die Höhe und Dicke bedeuten können, und sehr oft wirklich bedeuten, so kann doch Riemen in dieser Bedeutung auch füglich zu dem veralteten Riem, Reim, eine Zahl, gerechnet, oder auch als eine Figur von der folgenden Bedeutung aufgesehen werden, etwa, weil man eine solche Quantität Papieres ehedem mit Riemen zusammen gebunden. S. aber auch Remel, ein Bündel Flachs. 2. Noch häufiger aber, eine Ausdehnung in die Länge, ohne beträchtliche Breite und Dicke. 1) Überhaupt, wo es noch in verschiedenen einzelnen Fällen vorkommt. In der Baukunst werden die kleinsten Glieder, welche vornehmlich zur Absonderung der andern dienen, von einigen Riemen, von andern oder Plättlein genannt. Vitruv nennt sie Regulas, welches von Riemen nur im Endlaute verschieben ist. An den Wasserteichen werden die Riegel oder Querhölzer, welche die Pfähle verbinden, Riemen genannt, und im Nieders. ist Rimm ein jeder Riegel oder Querbalke, wo beyde Wörter auch nur im Endlaute verschieben sind. Mit vorgesetztem T ist Trahm im Oberd. ein Balken, Trabs, ( S. auch Trumm.) Auch die Seitenbreter eines Schiffes heißen im Nieders. Rimmen. Bey den Fleischern werden gewisse schmale aus einem Rinde gehauene Streifen Fleisch Riemen genannt, wohin der Vorderriemen, der Wurzelriemen, und der ausgekörnte Riemen gehören. Ein Riemen Lachs ist im Niederdeutschen ein halber geräucherter Lachs, wegen seiner Länge und geringen Breite. Bey den Werkleuten einiger Gegenden wird der zehnte Theil des Quadrat- oder Kreuzmaßes und dessen Unterabtheilungen ein Riemen genannt, und alsdann ist das Riemenmaß so viel als das Kreuz- und Quadrat-Maß, die Riemenruthe eine Kreuz- oder Quadrat-Ruthe, der Riemenschuh, der Riemenzoll, ein solcher Schuh oder Zoll. Besonders gehöret hierher das Niederdeutsche Riemen oder Riem ein Ruder an den Galeeren und Schaluppen, entweder auch von der langen schmalen Gestalt, oder auch unmittelbar mit dem Stammbegriffe der Bewegung, von welchem jener nur eine Figur ist, so daß es von der Ruder nur im Endlaute verschieben ist; Nieders. Reem, Lat. Remus, Franz. Rame, Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , welches zunächst zu reiten, bewegen, gehöret. Daher Nieders. reemen, riemen, rudern, Lat. mit der intensiven Ableitungssylbe -igen, remigare. Vermuthlich gehöret auch das Arab. Rumph und im Plural Rimah, eine Lanze, ein Spieß, hierher, so wohl wegen der Länge, als auch wegen der Bewegung, so fern er geworfen wird. 2) In engerm Verstande mit dem Nebenbegriffe der Biegsamkeit und des daraus herfließenden Begriffes des Bindens und Verbindens. (a) * Überhaupt, wohin das Re, Ree, Reim bey dem Hornegk gehöret, welches so wohl einen Fallstrick, als auch einen jeden Strick bedeutet. Im Wallisischen ist rhwym binden, und im Angels. Ream, Reama, ein jedes Band. Mit vorgesetztem Gaumenlaute ist im Schwed. Grimma und im Dän. Grieme die Halfter. Im Deutschen ist es in dieser weitern Bedeutung veraltet, wo man es, (b) im engern Verstande nur noch einem ledernen Bande, von einem schmalen langen biegsamen Streifen Leders gebraucht. Der Bindriemen, Schuhriemen, Knieriemen, Nähriemen, Kutschenriemen u. s. f. Eine Kutsche hängt in Riemen, wenn der Kasten auf starken biegsamen ledernen Riemen stehet. An einem Pferdegeschirre hat man Brustriemen, Schwanzriemen u. s. f. Einem Pferde Riemen legen, ( S. Haarseil.) Die Riemen ziehen müssen, figürlich im gemeinen Leben, Geld suchen, bezahlen müssen, in die Büchse blasen müssen, wegen des mit Riemen versehenen ledernen Geldbeutels gemeiner Leute. Sprichw. aus anderer Leute Haut ist gut Riemen schneiden, auf anderer Leute Kosten oder mit anderer Leute Schaden ist es nicht schwer, sich einen Vortheil zu verschaffen. An kleinen Riemen lernen die Hunde Leder kauen, von kleinen Vergehungen gewöhnt man sich nach und nach zu größern Verbrechen. Anm. In dieser letzten engsten Bedeutung bey dem Ottfried Riumo, im Nieders. Reem, im Schwed. Rem, im Finnländ. Ruoma, im Griech. - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , welches aber auch einen Strick bedeutet, im Polnischen Rzemien, im Böhm. Remen. Daß bey den Lateinern Remus nicht allein ein Ruder, sondern auch einen Riemen, Lorum, bedeutet habe, erhellet unter andern auch aus dem Servius. Die in den gemeinen Sprecharten übliche Form Riem klingt im Hochdeutschen hart und niedrig. [1111-1112]
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