1. Reifen
, [
1047-1048] verb. reg. welches von dem
Bey- und Nebenworte reif abstammet, und in doppelter Gestalt vorkommt. 1) Als
ein Neutrum, welches am häufigsten das Hülfswort haben bekommt, reif werden;
zeltigen. So wohl eigentlich von Früchten. Die Trauben reifen, Sir. 51, 20. Das
Korn reifet schon.
O Anblick, der mich fröhlich macht, Mein Weinstock reift, und
Doris lacht, Haged.
O Liebe, wie bald ist dein Same in die Höhe geschoßt,
gereift! Weiße. Als auch figürlich, durch die Zeit zu seiner Vollkommenheit
gelangen. Hier die reifende Jugend, wie die Rose, wenn sie aus der Knospe sich
drängt, Geßn. In meinem Grabe reife ich zu meiner zweyten Geburt, Gell.
Wer weiß, ob sein Verstand, der jetzt zur Weisheit reift, Das
Scheingut nicht verwirft und nach dem Bessern greift? Giseke.
Man könnte es streitig machen, ob dieses Wort in der
vergangenen Zeit mit seyn oder haben verbunden werden müsse. Da die eigentliche
Bedeutung des Wortes reif und folglich auch des Zeitwortes reifen noch nicht
gewiß bekannt ist, so läßt sich auch nicht sagen, ob dieses Wort mehr eine
thätige Mitwirkung oder mehr ein leidendes Verhalten bezeichne, welches die
Frage sogleich entscheiden würde. Indessen ist haben im Hochdeutschen am
gewöhnlichsten. 2) Als ein Activum, reif machen. Die Natur weckt die Seele
gleichsam aus dem dunkeln Schlafe des Gefühls und reifet sie zu noch feinerer
Sinnlichkeit, Herd.
Ach, hat dich noch der Sommer nicht gereift? Weiße.
So auch das Reifen. Anm. Im Nieders. als ein Neutrum ripen,
im Angelsächsischen ripian.