Die Pracht
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819-820] plur. car. welches ehedem in
einem weitern Umfange der Bedeutung üblich war, als jetzt. 1. * Eigentlich,
Geschrey, Lärmen, Getöse; eine veraltete Bedeutung. Bey dem Pictorius ist
Prächt großes Geschrey, und prächten laut schreyen. Du werist wol an allen
brecht. Mit einem phening uiberkomen, der Burggr. v. Riedenburg. Die voegel mit
gepraechte si sungen widerstrit, ebend.
Nicht lanng darnach er das schrein hort Her gegen im mit
grossem Pracht, Theuerd. Kap. 35. Theurdank höret den lauten Pracht, Kap. 36.
Alspald sye den Held vernamen Schlugen sie von stund zusammen Mit einem
ubergrossen Pracht, Kap. 87. Die Stein huben an zu fallen Mit großem Geprecht
und schallen, Kap. 69.
Im mittlern Lat. ist bragare schreyen. Es ist hier eine
Nachahmung des eintönigen Geschreyes, und in weiterer Bedeutung des Getöses und
Lärmens überhaupt, daher auch das Lat. Fragor und mit einem andern Vorlaute
auch unser krachen hierher gehören. Sprechen, welches eigentlich einen Schall
hervor bringen bedeutet, ist vermittelst des vorgesetzten Zischlautes
gleichfalls daraus gebildet, und in Scherzens Gnomol. Ms. kommt auch breiten
für sprechen vor:
Wer uibel von dem andern breit Es wurt im zwurnet als vil
geseit.
Siehe auch das vorige, ingleichen Predigen und Prahlen. 2.
Figürlich. 1) Der Glanz, helle Schein; eine im Ganzen genommen gleichfalls
veraltete Bedeutung, deren Zusammenhang mit dem vorigen niemanden befremden
darf, indem die meisten Wörter, welche jetzt Licht, Glanz u. s. f. bedeuten,
eigentlich einen Schall ausdrucken, (
S. Hell.) Schon im Isidor ist Berahtnissi Glanz. Brechen
war ehedem für glänzen sehr üblich, und hat diese Bedeutung noch in anbrechen
erhalten, (
S. dasselbe, wo mehrere Beyspiele davon angeführet
worden.) Schon im Hebr. ist -
hier nichtlateinischer Text, siehe
Image - glänzen. Noch jetzt kommt Pracht zuweilen von einem Glanze vor, wo
sich aber allemahl der folgende Begriff des feyerlichen, des vorzüglichen mit
einmischet.
Wie süß und freundlich lacht Der Mondes stille Pracht! Weiße.
2) Glänzende und kostbare äußere Hülfsmittel im
gesellschaftlichen Leben, so fern man dadurch seine Meinung von seinen eigenen
hohen Vorzügen an den Tag legt; wo die Figur zunächst von dem Glanze, auf
entferntere Art auch von dem Geräusche hergenommen ist. (a) Eigentlich, wo die
Pracht vornehmlich in kostbaren Kleidern, kostbaren und theuren Hausgeräth,
kostbaren und vielen Speisen, vielen Bedienten u. s. f. bestehet; wo es
zugleich, wie alle Wörter dieser Art, ein relativer Begriff ist, welcher sich
auf die Umstände des Redenden oder auch dessen, von dem die Pracht gesagt wird,
beziehet, und einen nachtheiligen Begriff bekommt, so bald die Meinung von
seinen Vorzügen, welche man durch dergleichen äußere Hülfsmittel an den Tag
legen will, übertrieben ist. Pracht führen. Viele Pracht zeigen. In diesem
Hause, an diesem Hofe herrscht viele Pracht. Viel Geld auf die Pracht wenden.
In seiner Pracht erscheinen. Das Beylager wurde mit vieler Pracht vollzogen.
Kleiderpracht, Pracht im Hausgeräthe, im Essen und Trinken. Mit königlicher
Pracht. Seine Pracht sehen lassen. Die R. A. Pracht treiben kommt selten mehr
vor, hat aber, wenn sie gebraucht wird, allemahl den Nebenbegriff der
unbefugten, übertriebenen Pracht. (
S. auch Staat) welches einen geringern Grad der Pracht
bezeichnet. (b) Die Neigung und Fertigkeit, seine Meinung von seinen eigenen
Vorzügen durch glänzende und kostbare äußere Hülfsmittel im gesellschaftlichen
Leben an den Tag zu legen. Sich der Pracht ergeben. Die Pracht ist das
Verderben der Staaten. Wo es von einigen zugleich für das Lat. Luxus gebraucht
worden, dessen Begriff es doch bey weiten nicht erschöpfet, indem die Pracht
nur eine Art, nur ein hoher Grad des Luxus ist,
S. Üppigkeit, welches dasselbe in manchen Beziehungen
besser ausdruckt. Anm. In der zweyten figürlichen Bedeutung lautet es auch im
Schwed. Prakt. Im mittlern Lat. ist bragare Pracht führen, alt Franz. braguer,
daher Bragard im Franz. noch jetzt einen Menschen bedeutet, welcher eine
übertriebene Pracht führet. Mit einem andern Endlaute, oder vielmehr mit
ausgelassenem Hauchlaute, lautet dieses Wort bey dem Hornegk Parat, womit das
Franz. Parade, das Ital. Parata, und das Engl. Pride überein kommen. Ehedem war
dafür auch die Hebr üblich, und im Niedersächs. gebraucht man dafür Grootskheit
und Swier, welches letztere vermuthlich zu schwirren gehöret. (
S. auch Prangen.) Im Oberdeutschen ist dieses Wort fast
beständig männlichen Geschlechtes, der Pracht, in welchem es auch einige Mahl
in der Deutschen Bibel vorkommt. Der köstliche Pracht seiner Majestät, Esth. 1,
4. Daß er schwächte allen Pracht der lustigen Stadt, Es. 23, 9. Er wird ihren
Pracht niedrigen, Kap. 25, 12. Dagegen in weit mehrern Stellen das weibliche,
welches auch im Hochdeutschen nur allein üblich ist, beybehalten wird.
Gottsched nahm von diesem doppelten Geschlechte Anlaß, in seinen Beobachtungen
zu behaupten, die Pracht bedeute die äußerlichen feyerlichen Umstände selbst,
der Pracht aber die übertriebene Neigung dazu, den Luxus. Allein zu
geschweigen, daß Pracht als ein gleichbedeutender Ausdruck für Luxus sehr
ungeschickt ist, so hat diese Art, die Bedeutungen der Wörter zu unterscheiden,
bey niemanden Beyfall gefunden, zumahl da Gottsched selbst im Schreiben und
Sprechen seine eigenen Regeln am meisten selbst übertrat.
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