3. Das Pfund
, [
757-758] des -es, plur. die -e, ein
Wort, welches ehedem die Schwere und ein schweres Ding überhaupt bedeutet haben
mag, jetzt aber nur noch eigentlich von einem bestimmten Gewicht gebraucht
wird, figürlich aber auch eine Art Münzen, eine Zahl und ein Maß bedeutet. 1.
Ein Gewicht, eine bestimmte Schwere zu bezeichnen, wo es wiederum mehrere Arten
von Pfunden gibt. 1) Die größte Art dieses Gewichtes ist das so genannte
schwere Pfund, wonach die Frachten so wohl zu Wasser als zu Lande berechnet
werden, daher es auch das Schiffpfund genannt wird. Es hält ungefähr drey
Zentner, ist sich aber doch auch nicht an allen Orten gleich. In Zelle hat ein
Pfund schwer, oder ein schweres Ding 320, in Osnabrück und Hildesheim 300, an
andern Orten aber nur 280 gewöhnliche Pfund, in der folgenden Bedeutung. (
S. Schiffpfund, welcher Nahme in den meisten Gegenden üblicher
ist.) 2) Das gewöhnliche Pfund oder Kramerpfund, welches in Handel und
Wandel durch ganz Deutschland üblich ist, und allemahl unter dem Worte Pfund
schlechthin verstanden wird, ist ein weit kleineres Gewicht, aus welchem alle
größere Gewichte zusammen gesetzet sind. Es wird gemeiniglich in 16 Unzen oder
32 Loth getheilet, ist sich aber auch nicht an allen Orten in der Schwere
gleich. Es bleibt so wie in der vorigen und allen folgenden Bedeutungen, wenn
es ein Zahlwort vor sich hat, im Plural unverändert, welches es mit allen
andern Wörtern, welche ein Gewicht, ein Maß, eine Zahl u. s. f. bedeuten,
gemein hat. Zwey Pfund, nicht Pfunde. Die Sache wäget sechs Pfund. Myrrhen und
Aloen bey hundert Pfunden, Joh. 19, 39; besser, bey hundert Pfund. Anderthalb
Pfund, ein halbes Pfund, ein Viertel Pfund. Ein Pfund Brot, Fleisch u. s. f.
Ein Pfund schwer, im Oberd. eines Pfundes schwer. Wie viel gehet davon auf ein
Pfund? Von vielen Lichtern gehen ihrer vier auf ein Pfund. Etwas nach dem
Pfunde kaufen. Wenn kein Zahlwort vorher gehet, hat es seinen ordentlichen
Plural. Bey oder nach Pfunden verkaufen. Rechte Pfunde sollen bey euch seyn, 3
Mos. 19, 36; d. i. Pfundgewichte, Gewichte, welche ein Pfund vorstellen. Alle
Pfunde im Sack sind seine Werke, Sprichw. 16, 11. Wenn man ein Pfund als eine
Kleinigkeit vorstellen will, so pflegt man es auch wohl ein Pfündchen zu
nennen. 3) Das Apotheker-Pfund, oder Pfund nach Apotheker-Gewicht, welches in
den Apotheken üblich ist, ist um 4 Unzen kleiner, und hält nur 12 Unzen oder 24
Loth. 4) Ehedem pflegte man auch eine Mark, d. i. ein halbes Pfund oder 8
Unzen, ein Pfund zu nennen, in welchem Verstande es besonders bey dem Golde und
Silber üblich war, und an einigen Orten noch jetzt als gleichbedeutend mit Mark
gebraucht wird. 2. Eine bestimmte Art gemünztes Gold oder Silber zu berechnen.
1) Eigentlich. Ehedem, da man die Münzsorten, besonders die kleinern, zu wägen
pflegte, waren die Ausdrücke ein Pfund Schillinge, ein Pfund Pfennige, ein
Pfund Häller sehr gangbar, so viel Schillinge, Pfennige und Häller zu
bezeichnen, als auf ein Pfund, besonders in der letzten Bedeutung einer Mark,
gingen. Die Zahl der Schillinge, Pfennige oder Häller, war nach ihrer Schwere
veränderlich. Gemeiniglich rechnete man 20 Schillinge, jeden zu 12 Pfennige,
folglich 240 Pfennige auf ein Pfund. Und in diesem Verstande ist das Wort Pfund
noch in vielen Ländern eine Rechnungsmünze, welche doch sehr verschieden ist,
je nachdem eine verschiedene Münzart dabey zum Grunde liegt, welches doch
gemeiniglich Schillinge sind. Im Würtembergischen ist ein Pfund 20 Schillinge
oder 120 Pfennige. Ein Pfund Flämisch hält in Hamburg 20 Schillinge Flämisch,
oder 120 Schillinge Lübisch, d. i. 2 1/2 Thaler. Ein Pfund schwarzer Münze,
wonach in Baiern die Grundzinsen und gerichtlichen Strafen berechnet werden,
hat 41 Schillinge, 164 Groschen, 402 Regensburger, oder 1230 Pfennige schwarzer
Münze, d. i. 5 6/7 Gulden weißer Münze. Hingegen hat ein Pfund Pfennige in eben
dieser schwarzen Münze 8 Schilling, 32 Groschen, 96 Regensburger, 240 Pfennige,
oder 1 1/7 Gulden weißer Münze. Die zu Ber- [
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lin errichtete Bank rechnet nach Pfunden Banco, jedes zu 30 Groschen. Das
größte Pfund dieser Art ist ein Engl. Pfund Sterling, welches gleichfalls nur
eine Rechnungsmünze ist, 20 Engl. Schillinge zu 7 1/3 bis 3/4 Groschen hält,
und 6 Thaler 4 2/3 Groschen, bis 6 Thaler 8 Groschen nach unserm Gelde macht.
Die Französischen Livres und Italiänischen Lire, welche man im Deutschen oft
auch Pfunde zu übersetzen pflegt, gehören vermuthlich zur folgenden dritten
Bedeutung. 2) Figürlich bedeutet es, nach dem Muster des Griechischen Talent,
das einem jeden mitgetheilte bestimmte Maß natürlicher Fähigkeiten; doch nur in
den aus Luc. 19, 23 entlehnten R. A. mit seinem Pfunde wuchern, sein Pfund gut
anlegen, seine Gaben zu seinem und andrer Nutzen pflichtmäßig anwenden; sein
Pfund in einem Schweißtuche vergraben, den pflichtmäßigen Gebrauch seiner Gaben
vorsetzlich unterlassen. Unser Verstand ist ein kostbares Pfund, das uns der
Allmächtige zum Wucher anvertrauet hat, gell. 3. Da das Pfund in den beyden
vorigen Bedeutungen allemahl eine bestimmte Anzahl Unzen und Münzsorten in sich
begriff, so wurde dieses Wort ehedem auch sehr häufig gebraucht, eine gewisse
bestimmte Anzahl zu bezeichnen. So ist im mittlern Lat. Libra annorum und Libra
testium eine Zahl von 72 Jahren oder Zeugen, nach der Libra occidua, oder der
spätern Libra auri, zu uns nach Balentinians Zeiten, welche von diesem Kaiser
auf 72 Solidos gesetzt wurde. Auch im Deutschen ist ein Pfund oft eine Zahl von
240, wo das ehemahlige Pfund Pfennige zum Grunde liegt, welches 240 Pfennige,
oder 8 Schillinge, jeden zu 30 Pfennige, hatte. In einigen Osterreichisch.
Chroniken kommen drey Pfund Menschen, und eilf Schilling Städte und Flecken
vor, wo die drey Pfund 720 Seelen und die eilf Schillinge 330 Städte und
Flecken machen. Noch jetzt ist in Nürnberg ein Pfund Krautköpfe oder Nüsse eine
Zahl von 240 Stück. Zuweilen liegt die Zahl der acht in einem Pfunde
begriffenen Schillinge zum Grunde, und alsdann ist ein Pfund eine Zahl von 8.
So wird in den Schriften der vorigen Jahrhunderte zuweilen eines Pfundes
Schläge oder Streiche gedacht, welches 8 Schläge sind, so wie ein Schilling
ihrer 12 hat, von den 12 Hällern, welche auf einen Schilling gingen.
Vermuthlich gehören hierher auch die Französ. Livres und Italiänischen Lire,
welches Rechnungsmünzen, obgleich von sehr verschiedenem Gehalte sind, indem
das Französische Pfund 6 Groschen, das Italiänische aber oft nur 2 3/4 Groschen
beträgt, wo es gleichfalls eine Zahl von 8 kleinern Münzen zu bezeichnen
scheinet. Wenigstens machen 8 leichte Groschen oder Kaisergroschen gerade ein
Französis. Pfund oder einen Livre. Die Venetianische Lira macht 12 Kreuzer
Reichsgeld, dagegen die Toscanische Lira 20 Soldi hält.
S. Malter und Schillinge welche gleichfalls von einer Zahl
gebraucht werden. 4. Zuweilen, obgleich seltener, ist Pfund auch der
Nahme eines körperlichen und Flächenmaßes; ohne Zweifel auch als eine
Anspielung auf das Gewicht dieses Nahmens und die Zahl seiner Theile. So hält
in Regensburg ein Pfund Salz 8 Schillinge oder 240 Scheiben. Im
Österreichischen werden die Weingärten nach Pfunden, so wie die Äcker nach
Jochen und die Wiesen nach Tagewerken, berechnet, wo vielleicht der nach
Pfunden in der zweyten Bedeutung geschätzte Werth zu verstehen ist, wenn anders
hier nicht auch die dritte Bedeutung einer gewissen Zahl eines kleinern
Flächenmaßes zum Grunde liegt. Anm. Schon bey dem Kero Funt, bey dem Notker
Phunt, im Nieders. Pund, im Engl. Pound, im Angels. und schon bey dem Ulphilas
Pund, im Pohln. Fund, im Lat. Pondo, mit welchem es zu Pondus, das Gewicht, die
Schwere, gehöret. Hornegk gebraucht Ponder und Poynder auch figürlich für
Nachdruck, Gewalt. [
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