Niemand
, [
503-504] Genit. niemands, Dat. und
Accus. niemand und niemanden, ein persönliches Fürwort, welches nur im Singular
üblich ist, und eine Ausschließung einer jeden Person bezeichnet, kein Mann, d.
i. kein Mensch; im Gegensatze des jemand. Niemand hat Gott je gesehen. Es kam
niemand. Nun will es niemand gethan haben. Das ist niemands Sache. Das weiß
niemand, das kann niemand. Es stehet in niemands Macht, wie er wandele, Jerem.
10, 23. Im Scherze wird es wohl auch als ein Hauptwort gebraucht. Der leidige
Niemand. Außer diesem letzten Falle leidet es keinen Artikel vor sich. Wenn die
Personen näher bestimmt werden, welche man vermittelst dieses Fürwortes
ausschließet, so müssen sie die Vorwörter von, unter, in, aus u. s. f. vor sich
haben. Hast du niemand von unsern Leuten gesehen? Niemand unter ihnen. Niemand
in der Stadt, aus der Stadt, auf dem Lande. Im gemeinen Leben und in der
vertraulichen Sprechart ist es sehr gewöhnlich, diesem Worte ein Beywort
ungewissen Geschlechtes in Gestalt eines Hauptwortes nachfolgen zu lassen. Es
war niemand Fremdes da, kein Fremder. Das wird niemand Rechtschaffenes thun,
keine rechtschaffene Person. Er geht mit niemand Rechtschaffenen um. Niemand
anders als er, anders nieman, Reinmar der Alte. Niemand Vornehmes. Der Fehler
der gemeinen Sprecharten, diesem Fürworte, so wie den verneinenden
Nebenwörtern, noch eine Verneinung beyzufügen, niemand nicht, ist schon bey dem
Worte nicht bemerket worden. Anm. Dieses alte Fürwort lautet bey dem Ulphilas
nimanna, bey dem Ottfried niaman, im Tatian nioman, bey den Schwä- bischen
Dichtern nieman, nimmen, im Niedersächs. nüms, nemmes, (wie jüms, jemand,) im
Angelsächs. nanman, im Latein. nemo, und im mittlern Lateine nullimannus. Es
ist, wie jemand und jedermann, von der alten Verneinung ni und Mann, oder auch
von dieser Verneinung und jemand zusammen gesetzt; daher es auch nur allein von
Person gebraucht wird, indem Mann ehedem eine jede Person ohne Unterschied des
Geschlechtes bedeutete. Das d, welches dem n so gern nachschleicht, scheinet
erst in den spätern Zeiten Eingang gefunden zu haben. In dem Theuerdanke kommt
so wohl nieman, als niemandt und in der ersten Endung auch niemandts vor. In
der Declination dieses Wortes sind die Sprachlehrer eben so uneinig, als bey
jemand. Den Genit. niemands bestreitet keiner von ihnen, außer daß einer oder
der andere niemandes für analogischer hält. Was die dritte und vierte Endung
betrifft, so sind schon die alten Schriftsteller darin nicht einig, indem man
sie eben so oft ungeändert niemann, als im Dat. niemanne, und im Accus.
niemannin, oder auch im Dat. und Accus. niemannin findet. Das geschach niemanne
me, ich neide niemen, den gib ich nieman, bey den Schwäbischen Dichtern.
Niemannin im Accus. in dem alten Gedichte auf den heil. Anno. Trage niemanne
nit noch langen has, Winsbeck. Ein Sach, davon er nymandts sagt, Theuerd.
Luther gebraucht niemand. Er that niemand unrecht, Es. 53, 9. Vergeltet niemand
Böses mit Bösem, Röm. 12, 17. Lasset euch niemand Gewissen machen, Col. 2, 16.
Da man das Gute an niemanden, als an sich schätzet, Gell. Gottsched machte
diese Form mit dem -en in der dritten und vierten Endung zur Regel. Höchstens
kann man sie als gleichgültig dulden, weil sie das hohe Alterthum für sich hat,
zumahl da sie in Ermangelung des Artikels zur bestimmten Bezeichnung des Casus
dienet. Analogisch ist sie freylich nicht, indem sie weder mit Mann noch auch
mit jedermann überein kommt,
S. auch Jemand. [
505-506]