Müßig
, [
329-330] -er, -ste, adj. et adv. Muße,
d. i. Befreyung von Geschäften, habend. 1. Im weitesten Verstande, von allen
Geschäften, von aller Arbeit, befreyet, ohne dabey auf die Sittlichkeit dieser
Befreyung zu sehen. 1) Eigentlich. Er kann nicht einen Augenblick müßig seyn.
Die Pferde stehen müßig im Stalle, haben nichts zu thun. Müßig da sitzen. Der
Hausvater sahe Arbeiter am Markte müßig stehen, Math. 20, 3. 2) Figürlich, auch
von lebloesen Dingen, für ungebraucht. Sein Geld müßig da liegen lassen, ohne
damit zu wuchern, ohne es zu nutzen.
Der müßige Panzer hing an der berusten Wand, Zach.
Ingleichen unbeschäftigt. Müßige Schultern haben, kein Leben
zu tragen haben. Wie auch für unwirksam. Alles, was der Verstand erkennet, und
es nicht so erkennet, daß es das Herz billiget und liebt, ist eine müßige
Erkenntniß, Gell. Aber für leer, unbewohnt, wie Matth. 12, 44, wenn der
unsaubere Geist wieder kommt, findet er das Haus müßig, gekehret und
geschmückt, ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich. 2. In einigen engern
Bedeutungen. 1) Muße, d. i. übrige Zeit nach pflichtmäßigen Beschäftigungen
habend; wo es nur von der Zeit gebraucht wird. Keine müßige Stunde haben. Seine
müßige Zeit wohl anwenden. Auch als ein Nebenwort ist es hier nicht üblich. 2)
Auf eine unerlaubte Art der Geschäfte und pflichtmäßigen Beschäftigung beraubt.
Seine Zeit müßig zu bringen, in unerlaubter Muße. Ein müßiges (geschäftloses,
unthätiges) Leben führen. Müßig gehen, nichts thun, da man arbeiten sollte; im
Nieders. laveien gehen, (Holländ. lassen,) leddig gaan, ledig gehen,
slinkfüsten, eigentlich mit eingeschlagenen oder eingeschlungenen Armen einher
gehen. 3. * Einer Sache müßig gehen, mit der zweyten Endung, sie fliehen, zu
vermeiden suchen, ist im Hochdeutschen veraltet. Einer Person müßig gehen, sie
meiden.
Ein schlimmer Sinn muß meiner müßig gehen, Opitz Ps. 101, 4.
Die bey der Lied in Arbeit stehn, Die wird man fast beständig sehn Der andern
Arbeit müßig gehn, Logau,
sie fliehen, meiden. Anm. Bey dem Notker muozzig, bey dem
Hornegk muzzig. Das Hauptwort die Müßigkeit ist nicht üblich, ob es gleich in
der ersten weiten Bedeutung gar wohl gebraucht werden könnte. Für den zweyten
Fall der zweyten Bedeutung ist Müßiggang eingeführet. (
S. Muße.) In der letzten dritten Bedeutung scheinet es
zunächst zu meiden zu gehören.