2. Der Mund
, [
309-310] des -es, plur. inus. Diminut.
das Mündchen, Oberd. Mündlein, zusammen gezogen Mündel, die breite, tiefe und
fleischige Höhle im Gesichte des Menschen, welche die Zunge, den Gaumen, die
Zähne und Lippen nebst vielen Drüsen und Speichelgängen in sich begreift, und
so wohl zur Einnehmung der Nahrungsmittel, als auch zur Hervorbringung und
Auslassung des Tones, der Stimme und Sprache dienet. 1) Eigentlich, wo es nur
allein von dieser Öffnung an den menschlichen Körpern und zwar im anständigen
Verstande gebraucht wird, dagegen im verächtlichen Verstande das Wort Maul
üblich ist, welches auch von den breiten Öffnungen dieser Art bey den Thieren
gebraucht wird, dagegen spitzige hornartige Schnäbel heißen. Vom Munde auf gen
Himmel fahren, eine im gemeinen Leben übliche R. A. welche noch aus der
Römischen Kirche übrig ist, unmittelbar, ohne Berührung des Fegefeuers in den
Himmel kommen. In einigen Fällen verstehet man unter Mund bloß die Lippen und
den äußern Theil des Mundes. Einen kleinen, großen, schönen, rothen Mund haben
u. s. f. Da der Mund der Sitz der Sprachwerkzeuge ist, so hat man eine Menge
figürlicher R. A. welche sich auf die Sprache und das Sprechen beziehen. Reinen
Mund halten, ein anvertrautes Geheimniß verschweigen. Den Mund nicht aufthun,
kein Wort reden, ihn nicht zuthun, nicht aufhören zu sprechen. Die Hand, oder
den Finger auf den Mund legen, aus Ehrfurcht schweigen. Kein Blatt vor den Mund
nehmen, freymüthig, ohne Menschenfurcht reden. Ich hatte es eben im Munde,
wollte es eben sagen. Einem das Wort aus dem Munde nehmen, gerade das Wort
sagen, welches der andere sagen wollte. Sich mit dem Munde gut behelfen können,
ein gut Mundwerk haben, den Mund auf dem rechten Flecke haben, eine gute Gabe
zu reden haben. Etwas immer im Munde führen, es immer erwähnen, immer davon
sprechen, und viele andere mehr. Von Mund aus, kommt in den Oberdeutschen
Kanzelleyen für mündlich vor. Im verächtlichen Verstande und in der niedrigen
Sprechart ist in vielen dieser R. A. das Wort Maul üblich, (
S. dasselbe.) In eben so vielen Ausdrücken beziehet sich
das Wort Mund auf die Nahrung, welche man durch denselben zu sich nimmt.
Jemanden das Brot vor dem Munde wegnehmen. Sich etwas an dem Munde abbrechen,
an den nöthigen Nahrungsmitteln. Der Mund läuft ihm voll Wasser; zum Zeichen
der Lüsternheit nach einer Speise, und in weiterm Verstande nach einer jeden
andern Sache, u. s. f. Wohin auch verschiedene Zusammensetzungen gehören, z. B.
Mundsemmel, Mundwein u. s. f. Nahrungsmittel zu bezeichnen, welche unmittelbar
für die Tafel eines großen Herren bestimmt sind, oder auch Personen, welche mit
den für ihn bestimmten Nahrungsmitteln zu thun haben, wie in Mundbäcker,
Mundkoch, Mundschenk u. s. f. wofür in Ansehung anderer Gegenstände das Wort
Leib üblich ist. 2) Figürlich, die Öffnung oder der Ausgang eines Dinges, der
hohle Zugang zu demselben; doch nur in einigen Fällen. Der Ofenmund, welcher
noch häufiger das Mundloch genannt wird, der Magenmund, welcher auch der
Schlund heißt, und noch einige andere. Bey noch mehrern sind dafür die Wörter
Münde, Mundloch und Mündung üblich. Anm. In Ober- und Nieder-Deutschland von
des Kero Zeiten an Mund, im Dänischen und Schwed. gleichfalls Mund, bey dem
Ulphilas Munths, im Isländ. Mun, im Angels. ohne n Mud, im Engl. Mouth. Es
stammet ohne Zweifel von einem Zeitworte manen, munen, her, welches kauen
bedeutet haben muß, und als ein Intensivum oder Frequentativum von mähen,
schneiden, zu dem zahlreichen Geschlechte dieses Wortes gehöret. Die Bedeutung
des Kauens erhellet unter andern auch aus dem Latein. manducare, Mandibula, die
Kinnbacke, dem Ital. mangiare und Franz. manger, essen, dem Wallis. Mant, der
Kiefer. Im Mecklenburgischen ist münten wenig essen. Auf ähnliche Art ist
Kiefer von kauen, und Maul von mahlen gebildet. Merkwürdig ist doch, daß der
Plural von diesem Worte so ungebräuchlich ist, so sehr auch die Sache selbst
ihn verstattet, und das Beyspiel anderer Sprachen ihn berechtiget. Man findet
zwar hin und wieder, selbst bey den ältern Schriftstellern die Münde. Allein er
beleidiget doch allmahl das Gehör, und hinterläßt die unangenehme Empfindung
des Ungewöhnlichen. Daß in Füllmund die letzte Sylbe aus dem Latein. -mentum,
in Bedemund aber aus Münze verderbt worden, ist schon bey diesen Wörtern
erinnert worden. [
311-312]