Milde
, [
209-210] -r, -ste, adj. et adv. ein
Wort, welches eigentlich, angenehm weich, gelinde bedeutet, und dem entgegen
gesetzet wird, was eine unangenehme Härte oder Schärfe, so wohl im eigentlichen
als figürlichen Verstande, hat. 1. Eigentlich, weich, der Consistenz und dem
Gefühle nach, und in engerer Bedeutung, auf eine angenehme Art weich und
gelinde. Das Fleisch ist sehr milde, wenn es mürbe ist, und gleichsam im Munde
zerfließet. Milde Äpfel, milde Birnen, mürbe. Mildes Leder, bey den Schustern,
welches den gehörigen Grad der Gare hat. Ein milder Sandstein, welcher weich
und leicht zu bearbeiten ist. Eine milde Bergart, im Bergbaue, in engerer
Bedeutung, welche nicht nur mürbe und gebrechig, sondern auch schmierig dem
Gefühle nach ist, und sich leicht anleget. Das Kupfer ist milde, bey den
Kupferstechern, wenn der Grabstichel es leicht und rein schneidet; im
Gegensatze des hart und spröde. 2. Figürlich. 1) Dem Geschmacke nach, im
Gegensatze dessen was hart, scharf und sauer ist. Der alte Wein ist milder,
Luc. 5, 39. Milde wie die reifste Traube, Weiße. Mildes Obst, im Gegensatze des
sauern, herben. Im weiterer Bedeutung ist mildes Obst im Oberdeutschen reifes
Obst, mitia poma. 2) Der Intension nach, für gelinde; doch nur in einigen
Fällen. Es regnet sehr milde. Ein milder Regen, ein sanfter, gelinder Regen.
Müdes Wetter, gelindes. Ein mildes Urtheil, milde Strafe, gelinde. 3) Im
moralischen Verstande ist milde liebreich, herab lassend, sanft, gesprächig,
gütig, im Gegensatze der Härte und Schärfe des Gemüthes; ingleichen darin
gegründet. Milde Thränen weinen, liebreiche. Ein milder Vater. Ein mildes
Gemüth, milde Sitten. In den Kanzelleyen wird mildest und allermildest häufig
für gnädigst und allergnädigst gebraucht. Etwas in mildeste Betrachtung ziehen.
4) Freygebig, geneigt sein Vermögen andern mitzutheilen, es zu andrer Nutzen zu
verwenden, und in dieser Eigenschaft gegründet. Weil du denn so milde Geld
zugibst, Ezech. 16, 36. Seine milde Hand aufthun. Sprichw. Der Milde gibt sich
reich, der Geitzhals nimmt sich arm. Ihr Bäume, die ihn uns milde eure reifen
Früchte gegeben, Geßn.
Die Fremden besser zu erfreuen, Umsteckt der milde Wirth den
Tisch mit dichten Maien, Haged.
5) Nach einer Fortsetzung dieser Figur gebraucht man es auch,
eine Freygebigkeit in Worten zum Nachtheil der Wahrheit auf eine gelinde und
nicht beleidigende Art zu bezeichnen. Das war ein wenig zu milde gesprochen,
war zu viel gesagt, zum Nachtheil der Wahrheit übertrieben. Ew. - sind hierin
zu milde berichtet worden. 6) * Fromm, gottesfürchtig; eine veraltete
Bedeutung. So heißt Ludwig der Fromme bey den ältern Schriftstellern mehrmahls
Ludwig der milde. Milde Stiftungen, milde Sachen, im Oberdeutschen, piae
causae. Dahin gehöret auch der eigentlich Oberdeutsche Ausdruck, nach der
Nennung eines Verstorbenen christmilden oder christmildesten Andenkens hinzu zu
setzen, welcher noch auf den Kanzeln und in den Kanzeleyen üblich ist. Kaiser
Carl VI. christmildesten Andenkens. Anm. Im Oberdeutschen schon von den
ältesten Zeiten her milt, im Angels. milde, milide, im Engl. und Schwed. mild,
im Isländ. milde, im Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe
Image - , im Russischen miloi, im Pohln. mily. Es ist mit Milch, schmelzen,
Schmalz, mahlen, molsch, dem Latein. mollis, und andern dieses Geschlechtes
genau verwandt. In Baiern ist mollede weich, mollis. Das e am Ende ist das e
euphonicum, ohne welches das d wie ein t lauten würde.
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