Die Miene
, [
199-200] plur. die -n, ein altes Wort,
von welchem wir nur noch einige Überreste haben. Es bedeutete, 1. * Die äußere
Gestalt, die Figur eines Dinges; eine veraltete Bedeutung, in welcher noch im
Schwed. Mynd, Mynt üblich ist. Das hohe Alter dieser Bedeutung erhellet aus dem
Hebr. wo -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ein Bild, von
dem ungewöhnlichen Worte -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ,
abstammet. 2. In engerer Bedeutung. 1) Eine angenommene Gestalt, der äußere
Schein, im Bretagnischen Man. In dieser Bedeutung gebraucht man es im Deutschen
nur noch im Singular allein, ohne Artikel und mit dem Zeitworte machen, Miene
machen, sich stellen, ohne doch damit zu entscheiden, ob der Schein wahr sey
oder nicht. Der Gläubiger macht Miene, seinen Schuldner zu verklagen, aus
seinem Betragen lässet sich meinen oder muthmaßen, daß er ihn verklagen wolle.
Der Feind macht Miene, die Festung zu belagern. Wo es aber auch ein
Überbleibsel einer noch ältern und allgemeinern Bedeutung der Bewegung seyn
kann, so fern es mit mahnen, sich bewegen, überein kommt. Indessen gebraucht
man dieses Zeitwort auch für scheinen, vorkommen. Ich weiß nicht wie du mir
gemahnst, wie du mir vorkommst. (
S. Mahnen.) 2) * Eine Figur, so fern sie ein Zeichen
eines andern Dinges ist, und in weiterer Bedeutung ein jedes Zeichen; wo der
Grund der Benennung entweder in dem Scheine, oder auch in der Bewegung, mit
welcher ein Zeichen hervor gebracht wird, zu liegen scheinet. In dieser
Bedeutung ist, es völlig veraltet, aber Ottfried gebraucht noch Meino für ein
jedes Zeichen. Unser Münze und Münzen stammen mit dem Lat. Moneta gleichfalls
davon ab. 3) Die Gestalt des Gesichtes, im Bretagnischen Min; doch nur noch in
engerer Bedeutung, die zufällige Gestalt des Gesichts, so fern sie ein
Überbleibsel oft gehabter Empfindungen, oder oft empfundener Leidenschaften
ist, und daher einen muthmaßlichen Erkenntnißgrund von der Beschaffenheit des
Gemüthes und der Seele gewähret. Es ist in dieser Bedeutung im Singular am
üblichsten. Eine gute Miene. Oft ist es die gute Miene, in der sich die Seele
abdrückt, wodurch wir zur Freundschaft eingeladen werden, Gell.
Ein andrer hat zwar viel Geschicke Doch weil die Miene nichts
verspricht, ebend.
Ingleichen die veränderliche Gestalt des Gesichtes, welche
von den jedesmahligen Empfindungen herrühret. Vergehungen, die zu der heiligen
Miene, die er sich gab, so wenig stimmten. Die Demuth entziehet dem Verdienste
das Gebietherische der Miene, des Tones und der Sprache, das in Gesellschaft so
beschwerlich fällt, Gell. Die Miene mit der sie diese Nachricht aufnehmen wird,
soll mir ihre ganze Seele erklären, Sonnenf. Wir wurden mit einer sehr
frostigen Miene empfangen. Ein reicher Mann,
Der, seiner Miene nach, die eingelaufnen Schulden In schweren
Ziffern übersann, Gell.
4) Einzelne willkührliche Gesichtszüge, Geberden des
Gesichtes; Diminut. das Mienchen. Allerley wunderliche Mienen machen. Sich
seltsame Mienen angewöhnen. Besonders so fern sie von Empfindungen, von dem
Zustande des Gemüthes herrühren, und zusammen genommen die vorige Miene
ausmachen. Franz. Mine, Ital. Mina, Engl. Mien. Jemanden eine finstre, eine
freundliche, eine angenehme Miene machen. Eine liebreiche, eine väterliche
Miene. Auf jemandes Mienen Achtung geben. Ich las in seinen Mienen alles, was
er dabey dachte. Etwas mit einer verächtlichen Miene ansehen. Ingleichen
figürlich. Die Einbildungskraft gibt den Gedanken des Verstandes gleichsam die
eigenthümliche Miene, wodurch sie sich leicht von einander unterscheiden
lassen, Gell. Anm. Es ist in diesen beyden letzten Bedeutungen nicht, wie man
gemeiniglich glaubt, zunächst aus dem Französ. Mine entlehnet, sondern mit
demselben Eines Ursprunges, wie aus Ottfrieds Meino erhellet, daher man es auch
richtiger Miene, als Mine schreibt, nach der allgemeinen Regel, daß ein
gedehntes i im Deutschen in den meisten Fällen ein e zu seinem Begleiter hat.
Mine, cuniculus und Bergwerk, schreibt man gemeiniglich um deßwillen ohne e,
weil es in den fremden Sprachen, aus welchen es entlehnet ist, kein e hat. Es
ist mehr als wahrscheinlich, daß mahnen, so fern es zunächst bewegen, ziehen,
bedeutet, und von mähen, movere, herkommt, der Stamm dieses Wortes besonders in
den beyden letzten Bedeutungen ist, weil diese Mienen auch Züge und
Gesichtszüge, Franz. Traits, genannt werden, und wirklich aus gezogenen Falten
der Haut bestehen. Der Zusammenhang zwischen dieser Bedeutung, und der
Bedeutung des Scheines, des Glanzes, und in weiterm Verstande der Figur und
Gestalt, wird nur dadurch dunkel, weil hier einige Sprossen in der Leiter zu
fehlen scheinen. Indessen gibt es mehrere Wörter, welche ursprünglich die
Bewegung, und figürlich Glanz, Licht, Schein, Feuer bezeichnen. (
S. Mond,) welches gleichfalls hierher gehöret. Unser
meinen gehöret zu den Mienen des Gesichts nicht weiter, als so fern beyde,
obgleich in verschiedenen Rücksichten, von einem gemeinschaftlichen Stamme
herkommen. [
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