Mahnen
, [
31-32] verb. reg. act. welches im
Hochdeutschen nur noch einen Theil seiner alten weiten Bedeutung erhalten hat.
Es bedeutete, 1. * Eigentlich, ziehen, in welcher Bedeutung in Baiern noch die
Zugochsen Mähndochsen genannt werden. Noch häufiger gebrauchte man es als ein
Factitivum, ziehen machen, d. i. antreiben, in welcher Bedeutung es
gemeiniglich mähnen lautet, und noch in vielen Oberdeutschen Gegenden üblich
ist.
Mit den sporn er sein pferdt mandt, Theuerd. Kap. 41.
Christus wurde als ein Vieh mit Gärten (Ruthen) von den Juden
gement, ein alter Dichter in Eckards Script. bey dem Frisch. Den Zug mähnen, in
Franken, fahren, die Pferde vor dem Wagen lenken und antreiben, wo der
Mähnjunge derjenige Junge ist, welcher die Ochsen vor dem Pfluge antreibet. Im
Holländ. gleichfalls mennen, für führen, Schwed. mana, Lat. minare, Franz.
mener. 2. Figürlich. 1) Zu Leistung einer Pflicht anhalten; eine ihrem ganzen
Umfange nach veraltete Bedeutung, in welcher man es nur noch im engern
Verstande gebraucht, an die Erfüllung eines Versprechens erinnern, zur
Erfüllung eines gethanen Versprechens auffordern. Jemanden mahnen. Am
häufigsten, zur Bezahlung einer Schuld auffordern, an die Bezahlung einer
Schuld erinnern. Jemanden wegen einer Schuld mahnen. Er läßt sich täglich
mahnen, und bezahlt doch nicht. Ich lasse mich nicht gern mahnen. 2) * Vor
Gericht laden, auffordern vor Gericht zu erscheinen; eine veraltete Bedeutung,
in welcher im mittlern Lateine mannire sehr häufig vorkommt. In weiterer
Bedeutung gebraucht Ottfried manen auch für einladen. 3) * Bewegungsgründe zur
Ausübung seiner Pflichten vorstellen, und in weiterer Bedeutung, mit Worten an
seine Pflicht erinnern; eine veraltete Bedeutung, in welcher wir jetzt ermahnen
gebrauchen. In diesem Verstande kommt manon noch oft bey dem Ottfried und Kero
vor. In noch weiterer Bedeutung gebraucht man es noch zuweilen im Oberdeutschen
für aufmuntern, besonders zur Arbeit. 4) Erinnern überhaupt, mit dem Vorworte
an, im Oberdeutschen auch mit der zweyten Endung.
So manent mih diu liehten tage Miner alten senden klage,
Rudolph von Rotenburg. Ich sach da rosebluomen stan Die manent mich der
gedanken vil Die ich hin zeiner frouwen han, Dietmar von Ast.
In diesem Verstande wird es, so wie das verlängerte
gemahnen, nur noch im gemeinen Leben gebraucht. Dieß Buch mahnt mich an die
Zeit, da man noch lauter Robinsons schrieb. Der Mensch mahnt, oder gemahnt mich
an meinen Bruder. 5) * Scheinen, vorkommen, als ein Neutrum; in welchem
Verstande doch nur das zusammen gesetzte gemahnen noch zuweilen im gemeinen
Leben vorkommt,
S. dasselbe. Das Hauptwort die Mahnung kommt seltener
vor als der Infinitiv des Mahnen. Anm. In den figürlichen Bedeutungen von des
Kero Zeiten an manon, im Nieders. manen, im Angels. manian, manigian, bey dem
Ulphilas gamunan, im Dän. mane, im Schwed. mana, im Finnischen manaan, im Lat.
monere, im Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Da es
in den vier ersten Bedeutungen ein Factitivum ist, erinnern machen, so wurde es
ehedem auch häufig als ein Neutrum für erinnern gebraucht, und diente hierauf
in seinen Abkömmlingen nicht nur die Erinnerungskraft, sondern auch das Gemüth,
den Geist überhaupt zu bezeichnen, wohin das Engl. Mind, Gemüth, unser meinen
u. a. m. gehören.
S. auch Miene, Mond. Daß unser Activum mahnen, erinnern,
eine Figur von mahnen, antreiben, ist, ist wohl mehr als wahrscheinlich. Auf
ähnliche Art druckten die Lateiner ermahnen durch hortari aus, welches eine
sehr sichtbare Verwandtschaft mit dem alten hurten, Franz. heurter, stoßen,
treiben, hat. Zergliedern wir unser Zeitwort, so fern es ziehen und factitive
ziehen machen, antreiben, bedeutet, genauer, so zeigt uns die Endung -nen, daß
es ein Iterativum oder Intensivum ist, und da kommen wir wieder auf das
Zeitwort mähen, so fern es überhaupt bewegen bedeutet, und eine fruchtbare
Mutter einer sehr großen Menge davon abstammender Wörter ist, wovon mit den
ähnlichen Ableitungssylben unter andern auch die Zeitwörter mahlen und mähren,
rühren, mit ihren Familien herkommen. [
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