- Lein
- Lein,
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2015-2016] eine Endsylbe, welche den
Hauptwörtern angehänget wird, wenn man aus denselben verkleinernde Wörter
bilden will. Das Kindlein, Herzlein, Thierlein, Weiblein, Brieflein, Stienlein
u. s. f. ein kleines Kind, Herz, Thier u. s. f. zu bezeichnen. Wenn in der
ersten oder zweyten vorher gehenden Sylbe einer der Selbstlaute a, o und u
folget, so werden selbige in den meisten Fällen in die verwandten Laute ä, ö
und ü verwandelt. Lämmlein, Mägdlein, Männlein, Mäuslein, Städlein, Häutlein,
Fräulein, Bäumlein, Brötlein, Söhnlein, Büchlein, Mütterlein, Rüthlein,
Hütlein, Hündlein, Brüderlein, Kämmerlein, Klösterlein u. s. f. In einigen
wenigen bleiben diese Selbstlaute unverändert. Maulbeerlein, Alraunlein und
noch einige andere, wohin auch die meisten eigenen Nahmen gehören, besonders
wenn sie anstatt -lein die Sylbe -el bekommen; Kosel, Charlottel u. s. f.
Häuslein oder Häusel, von Haus, folgt nebst noch einigen der Regel. Die
Endsylben e und en werden vor der Verkleinerung weggeworfen. Fähnlein,
Knäblein, Öchslein, Büchslein, Öflein, Küßlein, Küchlein u. s. f. von Sahne,
Knabe, Ochse, Büchse, Ofen, Küssen, Kuchen. Wenn sich aber ein Wort auf ein
unbetontes l endet, oder vielmehr, wenn die Sylbe, worin sich das l am Ende
befindet, unbetont ist, so bleibt das eine l weg. Engelein, Vögelein, Kügelein,
Näbelein, Sesselein u. s. f. von Engel, Vogel, Kugel, Nabel, Sessel. Ist
hingegen die Sylbe betont, so leidet in den meisten Fällen der Wohlklang, daher
man sich alsdann lieber des gleichbedeutenden; aber mehr Hochdeutschen -chen
bedienet. Harte Sprecharten machen frechlich von Maul, Stuhl, Mäullein,
Stühllein u. s. f. Allein, wem es um den Wohllaut zu thun ist, wird diese
Diminutiva ohne Bedenken mit Mäulchen, Stühlchen vertauschen. Von der
gleichbedeutenden verkleinernden Endung -chen im ersten Bande dieses
Wörterbuches, ist bereits angemerket worden, daß die vermittelst der Sylbe
-lein gemachten Verkleinerungen der Oberdeutschen Mundart vorzüglich eigen
sind, und daher auch in der feyerlichen und höhern Schreibart der
Hochdeutschen, welche über dieß die Diminutiva so sehr als möglich vermeidet,
den Verkleinerungen auf -chen vorgezogen werden, welche im Hochdeutschen mehr
der vertraulichen und geselligen Sprechart eigen sind.
S. Chen. Alle eigentliche Diminutiva haben im Deutschen
so wie in den meisten andern Sprachen, außer der eigentlichen verkleinerden
Bedeutung noch einen doppelten Nebengebrauch, indem sie theils, und zwar am
häufigsten, zugleich Ausdrücke der Vertraulichkeit und Zärtlichkeit sind, wo
zugleich der harte Nebenbegriff des Hauptwortes verschwindet, ein kleines
artiges Närrlein oder Närrchen; zuweilen aber auch der Verachtung. Ein
Dichterlein, Kunstrichterlein, ein verächtlicher Dichter oder Kunstrichter.
Einige wenige haben durch den Gebrauch auch andere Nebenbegriffe bekommen. So
ist Fräulein ein Ehrennahme unverheiratheter adeliger Frauenzimmer geworden;
sein Müthlein kühlen; es sind gute Leutlein, haben die Verkleinerung nebst den
Neben-Ideen fast völlig verloren. Die Verkleinerungen auf -lein sind so wie die
auf -chen insgesammt sächlichen Geschlechtes; in der zweyten einfachen Endung
bekommt sie ein s und die erste vielfache ist der ersten einfachen alle Mahl
gleich. In den Oberdeutschen gemeinen Mundarten wird diese Endung überaus sehr
verändert. In der Schweiz lautet sie -li, um Nürnberg und in der Oberpfalz -la,
in Schlesien -le, -la, -aln und -ang, um Grünberg in Schlesien -lang, in andern
Gegenden -ling, (
S. diese Endung,) in der Jüdisch-Deutschen Mundart
-lich, im Salzburgischen -lach u. s. f. Bübla, Büble, Bübli, Bübaln, Büblang u.
s. f. für Büblein. Die häufigste Zusammenziehung, welche fast in allen
Oberdeutschen Gegenden gangbar ist, geschieht in -el, und wenn ein n vorher
gehet, im Österreichischen u. s. f. in -del; Steindel, Mandel, Hähndel,
Hahndel, für Steinlein, Männlein, Hähnlein. Oft bleibt auch von dieser Sylbe
weiter nichts als ein bloßes l übrig; Wörtl, Klösterl, für Wörtel oder
Wörtlein, Klösterlein. Die Hochdeutschen haben manche dieser Wörter auf -el
gleichfalls angenommen, Mädel für Mägdlein, von Mad, Magd, Mündel, Ferkel u. s.
f. welche man aber mit derjenigen Endung nicht verwechseln muß, wo el ein
Werkzeug, ein handelndes Oject u. s. f. bedeutet,
S. -El. Bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern, z.
B. dem Kero, Ottfried, Notker, Willeram u. a. wo doch überhaupt die
verkleinerden Formen selten sind, lautet diese Endung beständig lin. Sie kommt
mit den verkleinernden Endungen der Lateiner lus und culus überein, und gehöret
außer allem Streite zu dem noch in dem Nieders. und andern nördlichen Sprachen
üblichen Worte lehn, leen, mager, klein, ja zu unserm klein selbst, welches, so
wie das Angels. hlean, bloß durch Vorsetzung des Hauch- und Gaumenlautes daraus
gebildet worden.
S. das Beywort 1. Lehne und Klein.
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2015-2016]