Der Himmel
Der Himmel,
[
1173-1174] des -s, plur. ut nom. sing.
ein altes Wort, welches ehedem eine jede, besonders eine gewölbte oder hohle
Decke bedeutete. 1. Eigentlich, in welcher Bedeutung es nur noch in einigen
Fällen üblich ist. Die bewegliche, größten Theils von kostbarem Zeuge
verfertigte Decke, welche bey gewissen Feyerlichkeiten über vornehme Personen
getragen, oder über ihren Sitz befestiget, und mit einem ausländischen Worte
ein Baldachin genannt wird, ist noch unter dem Nahmen eines Himmels, eines
Prachthimmels, eines Tragehimmels, eines Thronhimmels bekannt. Ehedem wurde er
auch ein Himmelzen, Himlitz, genannt. Auch die oberste Decke einer Kutsche,
ingleichen der obere Theil eines mit Vorhängen versehenen Bettes, (
S. Himmelbett,) wird noch der Himmel, der
Kutschenhimmel, der Betthimmel genannt. Ein bedeckter Wagen, eine Landkutsche
oder Postkutsche kommt noch in dem vorigen Jahrhunderte unter dem Nahmen eines
Himmelwagens vor. In den Salzburgischen Salzwerken ist der Himmel das, was
andere Bergleute die First nennen. Hornegk nennt eine Pferdedecke oder
Schabracke den Himmel. In Boxhorns Glossen ist Himila die Decke eines Zimmers,
in den Monseeischen Glossen aber bedeutet das Zeitwort himmeln wölben. Bey dem
Kilian ist Hemel des Mondes das Gewölbe im Munde, der Gaumen. Eine Art eines
spiegelicht gestrickten Garnes, welches nicht zum Fangen, sondern nur zum
Abhälten und Bedecken üblich ist, und daher auch eine Decke heißt, wird noch
jetzt bey den Jägern ein Himmel genannt.
S. auch Himmelskorn. 2. Figürlich und am häufigsten, das
dem Anscheine nach runde blaue Gewölbe, welches über der Oberfläche der Erde
erhaben ist und dieselbe gleichsam bedecket. Quam late coelum tegit terram,
sagt ein alter Dichter, und Ottfried: So himil thekit thaz lant. 1) Überhaupt,
der ganze sichtbare Raum über der Erde; ohne Plural. Unter dem freyen Himmel
schlafen, im Gegensatze des Schlafens in einem Gebäude, in einer Hütte oder
Höhle. Die blaue Farbe des Himmels,
S. Himmelblau. Er war so betrunken, daß er den Himmel
nicht sahe. Jemanden bis in den Himmel erheben, außerordentlich loben.
Besonders im Gegensatze der Erde, alles was über der Erde ist, im Gegensatze
derselben. Himmel und Erde bewegen, sich aller ersinnliche Mühe geben, eine
Absicht zu erreichen. Diese Dinge sind so verschieden, wie der Himmel von der
Erde. Dergleichen grober Mann; als dieser ist, muß zwischen Himmel und Erde
nicht mehr seyn, Gell. 2). Besonders mit verschiedenen Einschränkungen,
einzelne Theile dieses unermeßlichen Raumes über der Erde zu bezeichnen. (a) In
einigen wenigen Zusammensetzungen wird dieses Wort dem Innern der Erde entgegen
gesetzt, ihre Oberfläche zu bezeichnen, ingleichen der letztern, etwas
auszudrucken, was nahe über derselben ist.
S. Himmelerz, Himmelsspur. Noch häufiger, (b) der
sichtbare Theil des Himmels, welcher den Gesichtskreis abschneidet, von welchem
man im gemeinen Leben sagt, daß er auf der Erde ruhe, die Erde berühre. Die
Sonne stehet mitten am Himmel, wenn sie in der Mitte dieses Raumes gesehen
wird. Besonders in Ansehung der darin befindlichen Luft, der Dünste und deren
Beschaffenheit. Ein heiterer, heller, klarer Himmel. Der Himmel ist voller
Wolken. Der Himmel ist trübe, welches man in Niedersachsen hevenschemig nennet,
von Hefen, der Himmel, und schemig, schattig, trübe. Der Himmel, der finster
über mich herab hängt, Weiße. Die Vögel unter dem Himmel, die Vögel des
Himmels, in der Deutschen Bibel; der Thau des Himmels, Regen vom Himmel, u. s.
f. eben daselbst. In der höhern Schreibart zuweilen auch, ein Himmelsstrich,
ein Land, ein Theil der Erdfläche in Ansehung der Entfernung von dem Äquator.
Unter diesem für mich ewig fremden und ewig trüben Himmel möchte ich noch ein
Mahl die Freuden meiner muntern Jugend zurück rufen, Zimmerm. Was uns unter
Einem Himmel nicht schädlich ist, kann uns unter dem andern gefährlich seyn.
Ihm hohlet über Meer. Die Früchte fremder Himmel der kühne
Schiffer her, Dusch.
S. Himmelsstrich. In weiterer Bedeutung wird auch
zuweilen der ganze Dunstkreis, welcher die Erdkugel umgibt, der Himmel oder der
Lufthimmel, der Wolkenhimmel genannt. (c) Der ganze Raum, welchen das
Sonnen-System einnimmt, [
1175-1176] und in weiterer
Bedeutung der Raum, welchen ein jeder Fixstern mit seinen Planeten einnimmt. In
Ansehung des Sonnen-Systems nennet man diesen Himmel zuweilen gleichfalls den
Lufthimmel, weil er mit einem feinen, der Luft ähnlichen flüssigen Wesen
ausgefüllet seyn soll. (d) In noch weiterer Bedeutung, der ganze unermeßliche
Weltraum außer der Erde, mit allen darin befindlichen Weltkörpern; der
Sternenhimmel, in der Deutschen Bibel das Firmament, die Feste des Himmels. Die
Sterne am Himmel, (nicht im Himmel.) Den Himmel beobachten, die Veränderungen
der in diesem Raume befindlichen Weltkörper.
S. Himmelslauf, Himmelskörper u. s. f. So fern in diesem
Raume wiederum besondere Räume angenommen werden, kann auch der Plural
gebraucht werden, welcher daher nach morgenländischer Art auch in der Deutschen
Bibel so oft vorkommt. Laß sich, o Herr, die hohen Himmel neigen, Opitz. (e)
Der Ort des Aufenthaltes, oder vielmehr der unmittelbaren Offenbarung des
unendlichen Wesens, so fern derselbe in einem Theile dieses Himmels, oder
außerhalb desselben angenommen wird; ohne Plural. aa) Eigentlich, welcher
Himmel denn auch der empyräische Himmel, und 2 Cor. 12, 2 der dritte Himmel
genannt wird, zum Unterschiede von dem Sternenhimmel und Lufthimmel. Der
Heilige im Himmel, Sir. 48, 23. Euer Vater im Himmel, Matth. 6, 9. Gott im
Himmel, weiß es. Die Ehen werden im Himmel gemacht. bb) Besonders, so fern
dieser Ort zugleich als der Aufenthalt der guten Engel, und der vollendeten
Gerechten angenommen wird; der Himmel der Seligen, im Gegensatze der Hölle. In
den Himmel kommen. Elias fuhr gen Himmel. Seine Seele ist im Himmel. Das wird
dir dort im Himmel belohnet werden. Ein Bürger des Himmels. Wo es denn auch von
der Glückseligkeit selbst gebraucht wird, welche die Gerechten an diesem Orte
der unmittelbaren Offenbarung Gottes genießen. Der Vorschmack des Himmels. Nach
einer noch weitern Figur auch von einem sehr hohen Grade irdischer
Glückseligkeit. Ihr erhebt mich in einen Himmel von Freuden, Weiße. Denke was
das für ein Himmel von Glückseligkeit seyn müßte, wenn wir unsere Liebe vor den
Augen der Welt feyern könnten, ebend. Schon die ältesten heidnischen Skandier
nannten Odins Sitz und die beglückte Wohnung der Helden in demselben Limle. cc)
Figürlich, das höchste Wesen selbst, Gott selbst, ohne Plural. Der Himmel hat
es so gewollt. Der Himmel ist mein Zeuge. Das weiß der Himmel. Das sey dem
Himmel geklagt! Der Himmel sey gelobt! Wie es der Himmel schicken wird. Um des
Himmels willen! Nein, um des Himmels willen nicht! Gell. Um des Himmels willen,
ich höre jemanden oben reden! ebend. Auch bey den alten Finnen und Lappen
bedeutete Jumal so viel als Gott. Anm. Bey dem Ulphilas und im alt Schwed.
Himin, im Isidor, bey dem Kero, Ottfried, Willeram u. s. f. schon Himil,
Himile, im Dän. und Schwed. gleichfalls Himmel. Wachter war in Ansehung der
Ableitung dieses Wortes sehr unbeständig. Anfänglich pflichtete er dem Dietrich
von Stade bey, der es vom heimen, bedecken, abstammen ließ; hernach sahe er das
Vorwort um als das Stammwort an, und endlich fiel er gar auf das Zeitwort
hammeln, verstümmeln, und erklärete die Benennung des Himmels aus der albernen
Fabel von dem Saturn, der den Cölum verschnitten haben soll. Frisch leitete es
von ha, hoch und heben her, nach einer nicht seltenen Verwandelung des b in m,
wie die Holländer Hemel für Hebel, Sauerteig, sagen. Allein da dieses Wort
ehedem von einer jeden Decke, besonders von einer gewölbten und hohlen Decke
gebraucht wurde, so ist die Ableitung von dem alten heimen, decken, bedecken,
immer [
1177-1178] noch die wahrscheinlichste,
S. Hemd. Die Endsylbe -el ist weiter nichts als die
Ableitungsylbe, welche ein Werkzeug, oder ein handelndes Ding bedeutet, so daß
Himmel nichts anders ist, als eine gewölbte Decke, welches mit dessen
scheinbaren Beschaffenheit sehr gut überein kommt. Auf eben die Art nannten ihn
die Griechen -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , und die
Lateiner coelum, welche beyden Wörter mit hohl sehr genau verwandt sind. Bey
den alten Schweden war Himin die Gehirnhaut, so wie das Griech. -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - eine jede pergamentartige Haut
bezeichnet. Die Niedersachsen nennen den Himmel Hefen, (Engl. Heaven,) entweder
von heben, dessen Höhe zu bezeichnen, oder auch noch wahrscheinlicher von der
scheinbaren gewölbten Beschaffenheit desselben, da denn dieses Wort zu Hafen,
ein hohles Gefäß, Lat. cavus, gehören würde. Aus eben dieser Ursache heißt er
bey den Bretagnern und Wallisern Nef, Nefo,
S. Napf. Im Oberd. wird himmlitzen häufig für blitzen
gebraucht.
S. auch Himmeln. [
1177-1178]