Gewaltig
Gewaltig,
[
653-654] -er, -ste, adj. et adv. Gewalt
habend, in der Gewalt gegründet, doch nur in einigen Bedeutungen des
Hauptwortes. 1) Mit Anstrengung aller Kräfte, so wohl aller körperlichen
Kräfte. Gewaltig anpochen. Gewaltig schreyen. Eine sehr gewaltige Stimme. Wo
doch stark, heftig und andere Wörter üblicher sind. Noch mehr figürlich, für
sehr, heftig, den innern Graden der Stärke nach, in der vertraulichen
Sprechart. Es entstand darüber ein gewaltiger Streit. Gewaltig böse werden. Ein
gewaltiger Sturm, eine gewaltige Hitze, eine Gewaltige Kälte. Wenn die
Leidenschaft gewaltig wird. Gewaltige Schmerzen empfinden. Es gehet mir
gewaltig im Kopfe herum. Es ist ihm gewaltig fehl geschlagen. Im gemeinen Leben
auch von der Zahl und Größe. Eine gewaltige Menge Menschen. Ein gewaltig großer
Mensch. Ein gewaltiger Mensch, ein sehr großer. 2) Macht habend, gewisse
Veränderungen in andern Dingen hervor zu bringen, für stark, mächtig. Die
gewaltige Hand Gottes, 1 Petr. 5, 6. Ein gewaltiger Harr; 1 Mos. 10, 8. In
welcher Bedeutung es doch im Hochdeutschen veraltet ist. Im Oberdeutschen wurde
es ehedem sehr häufig von solchen Personen gebraucht, denen viele Gewalt über
andere anvertrauet war, welche daher Gewaltige genannt wurden. Daher kommen
noch in Luthers Deutschen Bibel vornehme Kriegs- und Civil-Bediente, ingleichen
überhaupt große mächtige Personen unter dem Nahmen der Gewaltigen vor. Bey den
Kriegsheeren hat man noch hin und wieder den General-Gewaltiger, Franz.
Grand-Prevot de l'Armee, der für die Polizey im Lager sorgt, und Gewalt hat,
die Verbrecher auf der Stelle zu bestrafen. Anm. Bey dem Ottfried ist giuueltig
mächtig, und bey dem Notker uualtig stark. Im Nieders. lautet es weldig, wo es
aber auch einen Bevollmächtigten bedeutet, im Dän. gevaltig, im Schwed. waldig.
Das ohne Noth verlängerte Oberdeutsche gewaltiglich, welches in der Deutschen
Bibel mehrmahls vorkommt, ist im Hochdeutschen veraltet.