Geil
Geil,
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507-508] -er, -ste, adj. et adv. 1.
Eigentlich, fett, von dem Fleische der Thiere; in welchem Verstande es nur noch
im gemeinen Leben von einem ekelhaften, widrigen Geschmacke und Geruche des
Fettes üblich ist. Das Fleisch, das Fett schmeckt zu geil. 2. Figürlich. 1) Von
dem Erdboden, wenn er überflüssigen Dünger hat, ingleichen von Gewächsen, wenn
sie zu vielen Nahrungssaft haben, und daher zu schnell wachsen, oder
überflüssige Blätter und Zweige treiben. Ein geiler Boden, der sehr stark
treibt. Die Saat wächst zu geil, zu schnell und zu dick. Die Bäume wachsen zu
geil, wenn sie zu viele Blätter und Zweige treiben. Geile Flecke im Getreide,
welche sich durch ihren starken und dicken Wuchs von der andern Saat
unterscheiden; in Meißen Mastflecke, in andern Gegenden Geilhorste. In weiterer
Bedeutung in einigen Gegenden auch überhaupt für fruchtbar, tragbar. Die alten
Felder aufreißen und zu geilem Felde machen, in Obersachsen.
S. 2 Geile. 2) Von einem ekelhaft süßen Geruche und
Geschmacke, im gemeinen Leben. Geil schmecken, widrig süß. 3) Von verschiedenen
Beschaffenheiten des Gemüthes, welche ihren Grund zunächst in einer
überflüssigen Nahrung des Körpers haben. (a) * Munter, im guten Verstande; eine
im Hochdeutschen veraltete Bedeutung.
Seiner Ritter ein teil Mit dem er vollte wesin geil Und an
Wirtschaft goiden,
mit denen er wollte fröhlich seyn, und sich beym Schmause
erfreuen, Jeroschin, ein Schriftsteller des 14ten Jahrhunderts bey dem Frisch.
- Die sitsamen Geberden Die geile Höflichkeit, der abgeführte
Sinn, Und was mich sonsten hielt, ist alles mit ihr hin,
sagt Opitz von seiner Sylvia. Im Franz. bedeutete Gale chedem
Freude, Fröhlichkeit, und Galoise ein munteres, lustiges Mädchen, im Griech.
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - vor Freude springen. (b)
* Muthig, kühn, auch im gutem Verstande, in welchem es aber gleichfalls
veraltet ist.
Der Held - stach das thier geyl Mit seinem perenspieß zu todt,
Theuerd. Darumb macht er sich auf die Fart Zu versuchen sein glück und heyl An
Herr Tewrdank dem Jüngling geyl, ebend. Kap. 5.
(c) * Muthwillig, üppig, ausgelassen, übermüthig, in welchem
Verstande es noch hin und wieder in den niedrigen Sprecharten gehöret wird. Da
er aber fett und satt ward, ward er geil, 5 Mos. 32, 15; aber Israel ward fett
und schlug aus, nach Michaelis Übersetzung. Ich bin auch gezüchtiget, wie ein
geil Kalb, Jer. 31, 18. Darum, daß ihr - lecket, wie die geilen Kälber, Kap.
50, 11. (d) * Stolz, eine veraltete Bedeutung. In diesem Verstande kommt keil
schon bey dem Kero vor, und Isidors Übersetzer gebraucht das Hauptwort Geili
für Stolz, Hochmuth. Im Griech. ist -
hier nichtlateinischer Text, siehe
Image - mit etwas prahlen, stolz auf etwas seyn.
Du soltest an mir wesen geil, Chriemh. Str. 262. So geil was
ie Mins herzen sin u. s. f. Burkh. von Hohenfels.
(c) Reitzungen zum unrechtmäßigen Beyschlafe suchend und
unterhaltend; ein harter Ausdruck, der so widrig ist als die Sache selbst,
daher man ihn auch nur gebraucht, wenn man von dieser Gemüthsverfassung mit
Nachdruck zu reden genöthiget ist. Ein geiles Weib. Ingleichen was diese
Gemüthsart verräth, und befördert. Geile Schriften, ein geiles Lied, ein geiles
Betragen. Holländ. gheil und ghyl, Dän. geil, Angels. gal, Schwed. gael, in
Bretagne mit dem eingeschalteten d gadal, im mittlern Lat. gadalis. 4) *
Überfluß an etwas habend; ein veralteter Gebrauch.
Wilt du so wirde ich an steten froiden geil, Graf Canr. von
Kilchberg.
Anm. So fern dieses Wort eigentlich fett bedeutet, gehöret es
allem Ansehen nach zu dem Worte gelb, Nieders. gäl, weil doch das mehreste Fett
eine weißgelbliche Farbe hat; zumahl da geil am häufigsten von verdorbenem
Fette gebraucht wird, welches noch mehr in das Gelbe fällt. Schon im Hebr. war
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - das Fett, ingleichen
Milch, im Griech. ist -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Öhl, Schmer, -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - die Milch, und bey den ältesten
Galliern bedeutete galba fett, wohl gemästet. Im Albanischen ist Gialpa Butter.
S. Gelb. [
507-508]