Erheben
, verb. irreg. act.
S. Heben. 1. Die Schwere eines Körpers durch seine
Kräfte überwinden. So sagt man im gemeinen Leben, es ist zu schwer,
ich kann es kaum erheben, so wie man im ähnlichsten Verstande sagt,
erbeißen, erkauen, erbiegen u. s. f.2. Aufheben, aus einem niedrigern Orte
höher bringen, in die Höhe heben. 1) Eigentlich. Das Jagdzeug
erheben, bey den Jägern, für aufheben. Abraham erhub seine
Hütten, 1 Mos. 13, 18. brach sie ab. Die Hände erheben. Die Augen
erheben, 2 Kön. 19, 22. Der Wind erhebt den Staub. So auch das Reciprocum
sich erheben. Der Rauch, der Dampf, der Staub erhebt sich, steigt in die
Höhe. Die Wellen erheben sich wie Berge. In dieser eigentlichen Bedeutung,
in welcher irheben schon bey dem Notker und arheuan bey dem Isidor vorkommt,
ist es vorzüglich der höhern Schreibart eigen. 2) Figürlich. (a)
Hoch, erhaben seyn, im physischen Verstande und in der edlern Schreibart, als
ein Reciprocum. Da, wo sich der blumige Hügel über die Fluren erhebt.
(b) Aufstehen. Bey den Jägern erhebt sich ein Wild, wenn es von seinem
Lager aufstehet. Im Hochdeutschen gebraucht man es nur in der höhern
Schreibart, und von Personen, denen man Ehrfurcht schuldig ist. Ottfried
gebraucht so wohl irheban, als das einfache heffen für aufstehen. (c) Sich
begeben, sich verfügen, auch nur von hohen Personen, von denen man sich
mit Ehrfurcht auszudrucken pflegt. Der Hof hat sich in die Kirche erhoben. Der
König hat sich nach Berlin erhoben. Se. Durchlaucht erhoben sich in den
Garten, an die Brücke. Jesus erhub sich aus Galiläa und kam u. s. f.
Matth. 19, 1. (d) Sich wider jemanden erheben, ihm zu schaden suchen, ihn
feindlich angreifen; eine dem gemeinen Sprachgebrauche unbekannte Bedeutung,
welche nur zuweilen in der höhern Schreibart gebraucht wird. Kain erhub
sich wider seinen Bruder, 1 Mos. 4, 8. Ihr erhebet euch wider mich und scheltet
mich, Hiob. 19, 5. Der König wird sich erheben wider alles, was Gott ist,
Dan. 11, 36. (e) Entstehen machen, anfangen, von Dingen, welche sehr lebhaft
durch das Gehör empfunden werden. Ein Geschrey erheben. Seine Stimme
erheben, anfangen zu sprechen, in der biblischen Schreibart. Klage wider
jemanden erheben, wider ihn klagen, weil die Klagen ehedem mit lauter Stimme
vorgebracht wurden. So auch das Reciprocum sich erheben, für entstehen. Es
erhebt sich ein Streit, ein Zank, ein Geschrey, [
1899-1900] ein Getümmel. Es erhebt sich ein Sturm, ein Ungewitter, der Wind
erhebt sich, fängt an zu wehen. Aber, es erhebt sich ein Krieg, eine
Verfolgung, ein Aufruhr, eine Bewegung, Trübsal u. s. f. wie es in der
Deutschen Bibel heißt, sind weniger gewöhnlich. (f) In Empfang
nehmen. Geld erheben. Ich habe die Summen noch nicht erhoben. Er hat bereits
seine ganze Besoldung erhoben. Steuern erheben, den Zoll erheben, eine
Erbschaft erheben. Wofür auch das einfache heben üblich ist. (g) Sein
Herz, sein Gemüth zu Gott erheben, mit Ehrerbietung an Gott denken.
Erhebet eure Herzen. (h) Würde, Ansehen und Vorzug ertheilen. Eine Familie
in den Adelstand erheben. Er ist zur höchsten Würde erhoben worden.
Er sucht allein seine Verwandten zu erheben. Jemanden aus dem Staube erheben.
Was den Menschen im Dienste der Natur über seine Genossen erhebt, ist u.
s. f. (i) Sehr rühmen, nach dem Muster des Latein. extollere, exaltare.
Jemanden bis in den Himmel erheben. Er hat die Treue seines Freundes gar sehr
erhoben. Meine Seele erhebe den Herren, Luc. 1, 46. (k) Sich erheben, sich
einen ungegründeten Vorzug vor andern beylegen. Sich über seine
Freunde erheben. Im Oberdeutschen wird es auch mit der zweyten Endung der Sache
verbunden. Sich seiner Reichtümer, seiner Geschicklichkeit erheben. Sich
seiner Kleider erheben, Sir. 11, 4.
S. Überheben. (l) Hervor treiben, hervor stechen
machen, vor andern merklich machen, in den schönen Künsten; auch
heben. Eine lebhafte Farbe erhebet die todte. Der Mahler erhebet eine Partie
seines Gemähldes, wenn er einige Pinselstöße mit lebhaften
Farben darauf thut, (
S. Blicken II.) oder einen starken Schatten um dieselbe
anleget; Franz. relever. (m) Sein Handwerk erheben, bey den Handwerkern, das
Recht dazu erneuern, es verrechten. (n) Die Umstände einer Begebenheit
erheben, in den Kanzelleyen, sie auffinden und berichten.So auch die Erhebung,
in allen obigen Bedeutungen, und ohne Plural, außer in dem zusammen
gesetzten Lobeserhebung.Anm. Das Mittelwort der vergangenen Zeit lautet jetzt
durchgängig erhoben, im alten Oberdeutschen aber erhaben und erhuben. Die
erste Form kommt noch in der Deutschen Bibel vor: Auf daß wir mit zur
Herrlichkeit erhaben werden, Röm. 8, 17. Sein Horn soll erhaben werden,
Ps. 89, 25. Ingleichen nicht selten auch bey den andern Schriftstellern. Man
hat eine gewisse Verläugnung seiner selbst zum Wunder der Tugend erhaben,
Gell. besser erhoben. Sie ist auch noch in dem Bey- und Nebenwort erhaben
üblich,
S. dasselbe. In der Bergsprache hat man auch das
Hauptwort Erhebniß, diejege Handlung zu bezeichnen, da man die vor Alters
weggestürzten Schlacken wieder hervor sucht und zu gute macht. Hingegen
ist Erhabani bey dem Kero exaltatio. [
1901-1902]