Entbinden
, verb. irreg. act. (
S. Binden,) los binden. 1. Eigentlich, in der
höhern Schreibart. 2. Figürlich. 1) Aus der Verbindung mit andern
Dingen bringen. So entbindet sich in der Chymie z. B. die fixe Luft, wenn sie
von demjenigen Körper, mit welchem sie verbunden war, befreyet wird. 2)
Von einer unangenehmen, beschwerlichen Sache befreyen, in einigen Fällen,
und mit der zweyten Endung oder dem Vorworte von. Jemanden von dem Gesetze, von
seiner Pflicht entbinden. Aller Noth entbunden seyn, gestorben seyn. 3) In der
anständigen Schreibart, von dem weiblichen Geschlechte, von der Bürde
des Leibes befreyen. Gott wolle sie ihrer weiblichen Bürde gnädig
entbinden, eine gewöhnliche Formel der Vorbitte für Schwangere. Sie
ist bereits entbunden worden. Von einem Sohne, von einer Tochter entbunden
werden, wo einige unrichtig das Vorwort mit gebrauchen. So auch die Entbindung,
besonders von der Geburt, in Ansehung der Mutter. Die Zeit ihrer Entbindung ist
nahe. Eine leichte, eine schwere Entbindung haben. Die Entbindungskunst, die
Kunst zu entbinden, die Geburt durch Handreichung zu erleichtern; die
Hebammenkunst, Geburtshülfe.Anm. Bey dem Kero lautet dieses Zeitwort
anpintan, der es auch für los sprechen gebraucht. Bey dem Ottfried stehet
intbindan figürlich für befreyen mit der zweyten Endung der Sache.
Enbinde mich von sender not, Jacob von Warte. Will si mih nicht von herzelide
enbinden, Walther von Tiufen. In der letzten Bedeutung des Gebärens
gebrauchen die Niedersachsen dafür verlösen. Opitz gebraucht dieses
Wort in einigen im Hochdeutschen ungewöhnlichen Verbindungen:
Wir irren allesammt; kein Mensch kann sich entbinden, Als sey
er Tadel frey, d. i. ausnehmen;
und Ps. 89:
Du hast dein wahres Wort im Himmel eingegründet, Da seinen
festen Stand und Glauben nichts entbindet,
d. i. auflöset, entkräftet. [
1817-1818]