Das Elend
, des -es, plur. inus. 1. Überhaupt, ein jeder hoher Grad
der physischen so wohl als sittlichen Unvollkommenheit eines Dinges. In der
Welt ist nichts wie Jammer und Elend. Er klagte mir sein Elend, den hohen Grad
seiner Noth, von was für Art solche auch seyn mag. 2. Besonders. 1)
Gebrechlichkeit des Leides, schwere Krankheit. Er hat vieles Elend
ausgestanden. 2) Hoher Grad der Armuth und Dürftigkeit. In großes
Elend gerathen. In seinem Elende vergehen. Vor Elend verschmachten. Sich in das
äußerste Elend stürzen. Jemanden aus dem Elende helfen. Da ist
nichts wie Noth und Elend. 3) Bedrückung, Drangsale. Ich habe gesehen, das
Elend meines Volkes in Egypten, 2 Mos. 3, 7. Siehe an mein Elend unter den
Feinden, Ps. 9, 14. 4) Hoher Grad der Betrübniß, des Kummers, und
anhaltender Schmerzen. Vieles Elend ausstehen. In seinem Elende vergehen. Es
ist ein Elend anzusehen. Er jammert, daß es ein Elend ist, im gemeinen
Leben. 5) Im gemeinen Leben, oft vermittelst einer Vergrößerung von
einer jeden, auch noch so geringen unangenehmen Empfindung. Es ist ein wahres
Elend mit den Dienstbothen. Es ist ein rechtes Elend, wenn mir Ein Mahl etwas
fehlet, so sind mir nachdem auch die gesündesten Dinge schädlich,
Gell. 6) Hoher Grad des sittlichen Verderbens, besonders im theologischen
Verstande. 7) Der ganze Inbegriff der natürlichen und nothwendigen
Übel, das menschliche Leben selbst, gleichfalls nur in der
Kanzelberedsamkeit. Aus diesem Elende scheiden, sterben. Gott hat ihn aus
diesem Elende zu sich genommen.Anm. In Strykers altem Gedichte kommt Ellend
zuerst für miseria vor, womit auch das Schwed. Elande, und das
Isländ. Illendu, Illende, miseria, überein kommt. Gemeiniglich
hält man diese Bedeutung für eine Figur des vorigen Wortes; allein,
ob sich gleich diese Meinung zur Noth rechtfertigen ließe, so ist doch
wahrscheinlicher, daß Elend in dieser Bedeutung, wenigstens seiner Form
nach, ein eigenes und besonderes Wort ist. Ihre leitet es von dem alten ill,
böse, schlecht, her, aus welchem vermittelst des Ableitungslautes d oder
end, das Abstractum Elend geworden; so wie auf ähnliche Art aus jung, das
Hauptwort Jugend, und von taugen, Tugend geworden ist. Indessen stehet es noch
dahin, ob dahin, ob dieses ill nicht auch zudem oben gedachten alten Worte el,
alius, fremd, gehöret, so daß Elend eigentlich alles bedeuten
würde, was einem Dinge fremd ist, oder zu dessen Vollkommenheit nicht
gehöret.
S. das folgende. Einige Mundarten sprechen das erste e
in diesem Worte hoch, wie das erste e in gehen, die meisten aber tief, wie ein
ä aus. In allen drey Substantiven, so wie in dem folgenden Adjective hat
die erste Sylbe den gedehnten Hauptton, die zweyte aber einen sehr
be- [
1789-1790] stimmten halben Ton, daher man, z. B. Elend
nicht mit fehlend reimen kann, weil hier die letzte Sylbe tonlos
ist. [
1791-1792]