Eigen
, adj. et adv. welches überhaupt den Besitz einer Sache,
mit Ausschließung jeden andern Besitzers andeutet.1. Eigentlich. 1) Von
Theilen unseres Körpers, ingleichen, von allem, was von einem Wesen
herkommt, und von demselben gewirket wird; in welchen Fällen das Wort
eigen oft den Possessivis mein, dein, sein u. s. f. zur desto genauern
Bestimmung und um desto mehrern Nachdruckes willen beygefüget wird. Ich
habe es mit eigenen Hand geschrieben,
S. Eigenhändig. Dein eigener Mund verräth
dich. Er kann es nicht läugnen, seine eigenen Worte verrathen ihn. Ich tue
es aus eigenem Triebe, ohne Bewegungsgründe außer mir. Es war ja dein
eigener Wille. Eigenes Lob, welches man sich selbst beyleget, stinkt, im
gemeinen Leben. Es betrifft deine eigenen Angelegenheiten, deine eigene Ehre,
deinen eigenen Nutzen u. s. f. Jeder Tag hat seine eigene Plage. Eigene
Wechsel, worin man sich über eine Schuld nach Wechselrecht verschreibt,
die man auf sich selbst anstellet. Sein eigenes Haar tragen, im Gegensatze des
fremden oder falschen.
S. auch Eigenlob, Eigenliebe, Eigennutz u. s. f. In der
adverbischen Form ist eigen in dieser Bedeutung nicht üblich. 2) Was man
mit Ausschließung anderer zu seinem Nutzen anwenden kann, von Dingen
außer uns. Dein eigenes Haus haben. Eigener Herd ist Goldes werth,
Sprichw. Er besitzet nichts Eigenes. Ich habe es von meinen Eigenen gegeben.
Ein freyes eigenes Gut, ein Allodium. Eigene Leute, in den mittlern Zeiten und
noch jetzt in einigen Gegenden, Leibeigene, die dem Eigenthumsherren mit Leib
und Gut gehören,
S. Eigenbehörig.
Min eigen lute lasse ich fri, Winsbeck Str. 75.
Es ist mein eigen, es gehöret mir allein
eigenthümlich zu. Das Land zu eigen haben, 4. Mos. 32, 22. Einem etwas zu
eigen geben, oder machen, ihm das Recht des Eigenthumes darüber
übertragen; welche Wortfügung mit Wörtchen zu doch, [
1669-1670] in der guten Schreibart wenig mehr gebraucht wird. Sie
einem ganz zu eigen geben, figürlich, sich seinem Dienste widmen.
Der ich wil fur eigen leben, Heinr. von Sax.
Ich bin nicht mein eigen, oder ich bin nicht mein eigener
Herr, ich hänge nicht von mir allein ab.
Wär ich auch frey, wär sich mein Herz so eigen, Als.
u. s. f. Schleg.
S. Eigenthum.Ehedem wurde Eigen auch als Hauptwort
gebraucht, eigene oder eigenthümliche Güter, besonders Landgüter
zu bezeichnen, in welchem Sinne schon bey dem Kero Eikan, bey dem Ottfried
Eigan, und bey dem Notker Eigen vorkommt.
Si machent breitu eigen smal,
sie (Spiel und Üppigkeit) machen große Güter
klein, Winsbeck Str. 42.
Baide ir Erbe und ir aigen Vnd darzu alle ir varende habe,
Stryker Kap. 13.
Im Oberdeutschen wird Aigen noch jetzt für
eigenthümliche Landgüter, Dörfer und Marktflecken gebraucht; ja
auch in den Hochdeutschen Kanzelleyen ist der Ausdruck Erb und Eigen nicht
unbekannt.
S. Erbe.2. In weiterer und figürlicher Bedeutung.
1) Von denjenigen, was seinen Grund in dem Wesen eines Dinges hat,
S. Eigenschaft. Eigene Wörter, eigene Bedeutungen
der Wörter; wofür doch eigentlich üblicher ist,
S. dieses Wort. Die Bewegung ist den Thieren eigen.
Verstand ist den Geistern eigen. In weiterer Bedeutung, auch von
zufälligen Beschaffenheiten, besonders solchen, welche häufig, oder
auf eine herrschende Art bey einem Dinge angetroffen werden. Die
Unbeständigkeit ist dem Glücke eigen. Krankheit ist dem Alter eigen.
Diese Gewohnheit ist dir allein eigen. Er sprach es mit dem ihm eigenen Stolze.
Sich etwas eigen machen, es sich ganz eigen machen, es sich angewöhnen, es
gleichsam mit seinem Wesen verbinden. 2) Besonder, für eine Sache
besonders bestimmt; nur als ein Beywort. Das ist alles geschrieben in einem
eigenen Buche, 1 Macc. 16, 24. Jemanden ein eigenes Haus, ein eigenes Zimmer
einräumen. Jemanden einen eigenen Bothen schicken.
S. Eigens. 3) Genau, accurat; größten Theils
nur als ein Adverbium. ich weiß es sehr eigen. Ich habe es eigen behalten.
Ich verstehe es so eigen nicht.
Wenn die Jugend eigen wüßte, Was das Alter haben
müßte,Sparte sie die meisten Lüfte, Logau.
Zuweilen auch als ein Adjectiv. Das waren die eigenen Worte,
das waren genau dieselben Worte. In beyden Fällen findet diese Bedeutung
nur im gemeinem Leben Statt. Im Oberdeutschen wird es auch für das
Demonstrativum derselbe, dieselbe, dasselbe gebraucht. Noch den eigenen Abend,
demselben Abend. Im Nieders. egen und enken. 4) Genau, accurat im
Äußern; auch nur im gemeinem Leben. Er ist sehr eigen, er will alles
sehr accurat haben, man kann ihm nichts zu Danke machen. 5) Sonderbar, seltsam,
wunderlich. gleichfalls nur im gemeinen Leben. Er ist ein eigener Mann, eine
gemilderte Benennung eines wunderlichen Mannes, eines Sonderlinges. Es ist doch
eigen, oder es ist doch was eigenes, daß ich ihn niemahls antreffen
kann.Anm. Dieses Wort lautet so wohl in der eigentlichen, als ersten
figürlichen Bedeutung bey dem Kero eigan, oigan, eikan, bey dem Ottfried
eigan, bey dem Willeram eigen, bey dem Ulphilas aigin und aihn, im Angels.
agen, im Nieders., Dän. und Schwed. egen, im Engl. own, im Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Es
hän-get mit dem alten Zeitworte eigan, haben Griech -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , sehr genau
zusammen;
S. Eigenen. Ihre leitet auch das alte nordische Wort Od,
im Isländ. Audr, im Angels. Aeth, Ath, Besitz, Eigenthum, aus dieser
Quelle.
S. auch Echt und Ehe, welche in einigen Bedeutungen
gleichfalls zu diesem Worte gehören. In verschiedenen Zusammensetzungen
ist eigen auch in ein zusammen gezogen worden. Ehedem war Eige auch für
Eigener, Eigenthümer üblich; wenigstens hat es noch in dem Worte
Biereige diese Bedeutung. [
1671-1672]