Dünn
, -er, -este, adj. et adv. welches von einer Art der
körperlichen Ausdehnung gebraucht, und dem, was dick ist, entgegen
gesetzet wird. 1. Eigentlich, eine geringe Dicke habend, aus wenig über
einander befindlichen Theilen bestehend, folglich auch in dieser Art der
Ausdehnung einen kleinen Raum einnehmend. Ein dünnes Bret. Ein dünner
Draht. Der Faden ist sehr dünn. Dünne Ohren haben, leise hören,
ist eben so niedrig, als eine dünne Nase, einen feinen Geruch, haben. 2.
Figürlich. 1) Abgetragen, im gemeinen Leben. Die Leinwand, das Zeug wird
sehr dünn. 2) Aus wenig und weit von einander entfernten Theilen
bestehend; gleichfalls im Gegensatze des dick und dicht. Luft ist dünner
als Wasser, weil sie in einerley Raum weniger Materie enthält. Sehr
dünne Haare haben.Doch wird es hier am häufigsten als ein Adverbium
gebraucht. Der Wald ist sehr dünn geworden. Das Gras, das Getreide stehet
hier sehr dünn. Die Vorzüge sind bey ihnen sehr dünn
gesäet. Wir sind fast dünne worden, Ps. 79, 8. Ich mache die
Gottlosen dünne, wo sie sind, Hiob 40, 7, ich vermindere sie, mache sie
selten. Besonders, 3) wegen der geringern Menge der über einander
befindlichen Theile einen geringern Zusammenhang habend. Eine dünne
Leinwand, welche locker gewebt ist. Besonders, 4) von flüssigen
Körpern. Dünnes Blut. Dünnes Bier. Die Milch, die Tinte ist zu
dünn. Dünne Lust. Ein dünner Nebel lag wie durchsichtiger Flor
über der stillen Fläche, Dusch. * Durch dick und dünn, durch
Sümpfe und Moräste.Anm. Dieses Wort lautet im Nieders. dunn, bey dem
Kero dunna, im Schwabensp. dunn, im Angels. thyn, im Engl. thin, im
Isländ. thunnur, im Schwed. tunn, im Wallis. tene, im Bretagn. tanao, im
Irländ. tana, im Pers. tend, im Slavon. tenky, im Latein. tenuis, im
Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - . Es gehöret ohne Zweifel zu dehnen, und dessen Neutro, dem noch
im Nieders. üblichen Zeitworte dunen, aufschwellen.
S. Dunst und Aufdunsen. Ehedem hatte man auch das
Zeitwort dunnen, dünn werden, welches bloß das Intensivum von dunen
ist. Dünne, mit dem angehängten e, ist unnöthig, ungeachtet
solches oft in der Deutschen Bibel vorkommt. Im Oberdeutschen ist dünn
auch niedrig, seicht. Das Wasser des Flusses ist so dünn, d. i. seicht,
Bluntschli. Übrigens wird dieses Wort im gemeinen Leben mit vielen Bey-
und Nebenwörtern zusammen gesetzet, ihre dünne Beschaffenheit
anzuzeigen, die hier nicht alle angeführet werden dürfen; z. B.
dünnbärtig, dünnleibig, dünnfüßig,
dünnstämmig, dünnbäuchig, u. s. f. [
1577-1578]