* Die Dohle
, plur. die -n, ein im Hochdeutschen unbekanntes, in den
gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes aber sehr häufiges Wort,
einen Canal, einen Graben, zur Ableitung des Wassers und anderer
Feuchtigkeiten, eine Abzucht, anzudeuten. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort
Dole, Dolle, Tole. In den Monseeis. Glossen wird Dolun durch cloacas
erkläret. Im Niders. ist Dole eine kleine Grube, welche als ein Merk-mahl
auf den Äckern aufgeworfen wird. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist
dieses Wort männlichen Geschlechtes, der Dohl. Im Wallisischen ist Twll,
ein Loch, eine Grube, welche Bedeutung auch das Goth. Daly, das Schwed. Tull,
das Pohln. Dol, das Böhm. Dulek, und das Engl. Till hat.
S. Dille. Im mittlern Lateine kommt Dola für einen
niedrigen am Wasser gelegenen Acker vor, und auf dem Lande um Leipzig und in
Meißen ist Dölle oder Tölle, eine niedrige Stelle in einem
Acker, in welcher sich in nassen Jahren das Wasser stammet;
S. Thal und Teller. Du Fresne führet bey dem Worte
Dolium folgende Stelle aus einer Urkunde von 1191 an: Decretum est quod Domini
de Vico habeant in perpetuum medietatem pulmenti, et quod Praepositio et
ecclesiae Magalonensi remaneat salvum in perpetuum totum pulmentum, seu
usaticum dolii Gradus; quod dolium ita interpretatur, quantum durant undique
littora maris, id est, quantum durat canalis a mari usque ad stagnum. Er
weiß dabey nicht, was er aus dem Worte dolium hier machen soll, und
möchte es gern für einen Fehler des Abschreibers halten, der dolium
für Dnium, d. i. Dominium, gelesen. Allein es ist deutlich genug, daß
es unser Wort Dohle ist.2. [
1509-1510]