Doch
, ein Partikel, welche eigentlich für den Nachsatz
gehöret, und überhaupt betrachtet, eine Bejahung andeutet, obgleich
diese Bejahung gemeiniglich mit allerley Nebenbegriffen verbunden ist. In den
sieben ersten Bedeutungen hat sie die Gestalt eines Bindewortes; allein in der
letzten kann sie zuweilen für ein bloßes Nebenwort gelten. Sie
dienet,1. Einem Satze zu Begleiten, welcher dem Vordersatze zu Folge eigentlich
nicht Statt finden sollte, wie dennoch. Ob du mir gleich viel vorgeplaudert
hast, so habe ich doch nichts verstanden. Ungeachtet er mich sahe, so redete er
mich doch nicht an. Wenn der Vordersatz sich mit keinem Bindeworte
anfänget, so stehet doch am liebsten hinter dem Verbo finito, so daß
dieses den Nominativ vor sich hat. Zanken sie immer; ich weiß doch,
daß sie mich lieb haben. Gehen sie immer sauer aus; sie meinen es doch gut
mit mir. Man beleidiget mich täglich; aber ich werde doch nicht müde,
Gutes zu thun. Ich verboth es ihm; aber er that es doch. Du redest fast so
klug, wie mein Bruder, und hast doch nicht studiret, Gell. Im gemeinen Leben
läßt man das doch den Nachsatz zuweilen anfangen; alsdann tritt der
Nominativ hinter das Zeitwort. Die Sache war richtig; doch wollten sie nicht
daran. Minder hart klingt es, wenn und vorher gehet. Die Sache war richtig, und
doch wollten sie nicht daran. Zuweilen ist der Satz, wor-auf sich doch
beziehet, versteckt, und weit vorher zu suchen. Gutes Kind, du wirst doch
denken, daß ich ihn zu deinem Vergnügen habe herbitten lassen, Gell.
Es ist doch ein unertraglicher Stolz, daß er mich verläßt,
ebend. Zuweilen wird er auch in dem Nachsatze eingeschaltet. Dieß kann
ich, so alt ich bin, doch wohl leiden, ebend.
S. Dennoch.2. Bezeichnet sie auch einen Gegensatz
dessen, was im Vorhergehenden gesagt worden, wie aber; da sie denn den Nachsatz
alle Mahl anfängt. Du polterst und drohest nur immer; doch ich habe
gelindere Mittel. Er hatte versprochen zu kommen; doch er kam nicht.3. eine
Compensation dessen, was in dem Vordersatze war gesagt worden, da sie denn
gleichfalls für aber, und auch zu Anfange eines Nachsatzes stehet. Er
spricht schlecht; doch er schreibt gut. Du hättest alles erhalten, wo
nicht mit Gewalt, doch mit Güte.
Leicht läßt sich die Vernunft, doch schwer das Herz
betriegen, Gell.
4. Eine Einschränkung des Vordersatzes, auch wie aber;
da es gleichfalls den Nachsatz anfängt. Ich erlaube dir viel, doch nicht
zu viel.
Zwar lehren wir und lernen beyde; Doch unsre Wissenschaft ist
Freude, Und unsre Kunst Gefälligkeit, Haged. Apoll vergaß bey muntern
Chören, Wenn ihm ein holder Mund gefiel, Die stolze Harmonie der
Sphären; Doch nicht sein sanftes Saitenspiel, ebend.
5. Einen Einwurf; immer noch wie aber, und auch zu Anfange
des Satzes. Es ist freylich nicht erlaubt; doch er kann nicht gewußt
haben, daß es verbothen ist. Die Natur ist hier schön; doch wird sie
es auch für mich seyn?6. Eine Bedingung, in der vertraulichen Sprechart.
Morgen erwarte ich sie; doch daß sie mir das Bewußte mitbringen. Ich
will es ihnen sagen; doch müssen sie mir versprechen, daß sie mich
nicht verrathen wollen. auch hier kann es durch das Bindewort aber ersetzet
werden.7. Oft dienet es bloß, eine vorher angefangene Rede abzubrechen,
welchen Gebrauch es mit dem aber gleichfalls gemein hat. Es wäre viel
davon zu sagen; doch wir wollen hier keine Untersuchungen anstellen. Es ist
freylich nicht recht; doch wir wollen davon abbrechen.8. Noch öfter werden
die bisher bemerkten Bedeutungen, und die Beziehung auf das Vorhergehende
unkenntlich, und da hat diese Partikel eine intensive Kraft, durch ihre
bejahende Bedeutung den Nachdruck zu erhöhen, oder doch wenigstens die
Vollständigkeit und die Ründe der Rede zu befördern. Sie stehet
in diesem Falle alle Mahl hinter einem oder mehreren Worten. Sie begleitet
alsdann, 1) eine einfache Bejahung oder Verneinung. Ja doch! Nein doch! Nicht
bloß! wo die Partikel zugleich einigen Unwillen verräth. 2) Einen
bejahenden Satz. Auf diese Art weiß man doch, worauf man sich zu verlassen
hat, Gell. wir müssen doch mit ihr reden. Ich möchte doch wissen, was
sie mir zu sagen hätte, ebend.
Die Alte sollte sich doch schämen, Die Mannsperson mir zu
entziehn, ebend.
Zuweilen kann durch eine Inversion, welche in der
vertraulichen Sprechart ihre Anmuth hat, der Nominativ hinter das Zeitwort
gesetzt werden. Bricht mir doch der Angstschweiß darüber aus,
für es bricht mir doch u. s. f. Ist mirs doch recht lieb, daß ich sie
hier sehe. Wäre ich doch vorhin bald eben so leichtgläubig gewesen.
Hätte ich doch nicht gedacht, daß du [
1505-1506] so verliebt wärest! Gell. Sieht sie doch so freundlich aus, als
wenn u. s. f.
Verlier ich doch, so mächtig ich auch bin, An dir den Ruhm
der größten Zauberinn, Gell.
Hast du mich doch erschreckt, daß ich beynahe die Blumen
verschüttet habe! Weiße. 3) Einen Imperativ, wo doch oft einigen
Unwillen verkündet. Wirf mir doch das nicht vor. Laß mich doch
zufrieden. So höre doch. Ach gehe doch. Oft hat es auch nur die Gestalt
einer Bitte. Sage mir es doch. Folgen sie mir doch. Wo ist er denn? O, zeiget
mir ihn doch, Gell. Aber auch in dieser letzten Gestalt setzt es
Vertraulichkeit voraus, daher man es in dieser Bedeutung gegen Personen, denen
man Ehrerbiethung schuldig ist, nicht gebrauchen darf. 4) Eine Frage. Sie haben
es doch? Es ist doch wohl nichts Böses? Sie wird doch nicht Tag und Nacht
bethen? Das will ich nicht hoffen, Gell. Camilla? - doch wohl nicht die
Schwester des Lälio? Es ist doch Weiberlehn?
Seht, was ich fand, ihr habts doch wohl verloren? Gell.
Auch wenn diese Frage einen Verweis, einen Unwillen
enthält. Was reden sie doch? Du wirst doch nicht schon wieder sitzen? Wie
könne sie sich doch ohne Noth traurig machen? Gell. Du wirst doch wissen,
ob du ihm gut bist? Sie werden mir doch nicht zumuthen, daß ich in ihre
Seele reden soll? 5) Einen Ausruf, einen Wunsch. O, daß doch meine Vater
käme! O, könnte er doch nur lieben! Ingleichen eine Klage. Die Zeiten
sind doch gar zu schlecht! O, daß ihr Leute doch allenthalben
Widersprüche findet!Anm. Im Nieders. lautet diese Partikel doch, bog, bey
dem Ulphilas thau, bey dem Ottfried thoh, bey dem Willeram doh, im Angels.
deah, im Holländ. doch, im Engl. though, Dän. dog, im Schwed. dock.
Sie scheinet aus da auch zusammen gesetzet zu seyn, welches wenigstens mit
ihren Bedeutungen sehr gut überein kommt. Die Alten gebrauchten sie auch
im Vordersatze für obgleich, und so gebraucht schon Kero sein dohdoh.
S. Dennoch und Jedoch. [
1507-1508]