Denn
, eine Conjunction, welche allezeit den Indicativ zu sich nimmt,
und die natürliche Wortfügung eines Satzes in den allermeisten
Fällen nicht verändert. Sie bezeichnet,1. Die Ursache eines vorher
gegangenen Ausspruches, in welcher Bedeutung sie zu Anfange eines Satzes
stehet. Er ist immer vergnügt, denn er ist mit allem zufrieden. Erinnere
dich deiner Geburt, denn sie legt dir Pflichten auf. Erinnere dich deiner
Ahnen; denn sie sind Beyspiele für dich. Zuweilen stehet der Satz, von
welchem denn die Ursache, enthält, nicht deutlich da, sondern muß
darunter verstanden werden; z. B. der vortreffliche Mann! Lebt er noch? denn in
meiner Einsamkeit höre ich schon lange nichts mehr, kann so ergänzet
werden: lebt er noch? ich muß nach ihm fragen, denn u. s. f. Zuweilen kann
um des Nachdruckes willen auch die gewöhnliche Folge der Wörter
verändert werden. Vermuthlich steckt etwas anders dahinter: denn wirklich
sahe er sehr verwirrt aus, für denn er sahe wirklich u. s. f. Welches im
gemeinen Leben auch alsdann geschiehet, wenn denn mit der Partikel wie
verbunden wird. [
1449-1450]
Von vielen nicht gekannt, und andern auch vernichtet; Wie denn
die schnöde Welt nur nach den Augen richtet, Opitz.
S. Wie.2. Einen gemeiniglich versteckten Schluß aus
einem vorher gegangenen Satze. In diesem Falle wird es mit so verbunden, und
stehet hinter dem Verbo finito und persönlichen Fürworte. So mag es
denn gut seyn. So bleibt es denn dabey. So wollen wir denn aufbrechen. So
kommen sie denn. Man bath mich zu singen, und weil man es durchaus haben
wollte, so sang ich denn endlich.3. Eine Bedingung. Ich sähe denn nicht
recht. Er verspreche mir denn, daß er nächstens zu mir kommen wolle.
Er bezahle mir denn die alte Schuld. Es sey denn, daß er es läugne.
Du sollst nicht sterben, du habest denn erst den Herren gesehen. In diesem
Falle wird denn zwar mit dem Conjunctivo verbunden, es regieret ihn aber nicht,
sondern die ungewisse Beschaffenheit der Sache selbst erfordert denselben. Auch
hier hat es den Nominativ, das Verbum finitum, und zuweilen eine Endung des
persönlichen Fürwortes vor sich.4. Eine Einschränkung, ein
Subject genau zu bestimmen, besonders nach verneinenden Ausdrücken,
für als. Wir haben uns vor niemanden zu fürchten, denn vor ihn.
Dieß hat kein anderer gethan, denn du. Nichts denn Gold.5. Eine
Vergleichung, doch nur nach den Comparativen, gleichfalls für als. Wer ist
reicher, denn er? Ich bin eher gekommen, denn du. Ehe, denn ich sterbe.6. Eine
Zeitfolge, in Gestalt eines Adverbii. Erst wollen wir essen, denn spazieren
gehen.
Du bist gerecht; denn auch bescheiden? Liebst
Mäßigkeit; denn auch Geduld? Gell.
Im Hochdeutschen ist in dieser Bedeutung dann üblicher.
S. Dann.7. Dienet es auch zur Ausfüllung der Rede,
um ihr die gehörige Vollständigkeit zu geben, wie das Latein. nam.
Ich bin besorgt, was denn wegen dieser Sache beschlossen werden möchte.
Wohlan, vernichte denn durch deinen Unverstand, die Sorgfalt, die ich
angewandt! Gell. So wies denn kommt. Besonders nach Fragewörtern. Wo ist
er denn? Ist er denn gelehrt? Hast du denn auch geschrieben? Kann denn ich was
dafür? oder kann ich denn was dafür? Wissen sie denn, daß sie
dazu verbunden sind? Hat denn ein süßer Herr Verstand? Gell.
Können denn die Großen, denen diese Welt gehört, auch seufzen?
Sonnenf.Anm. 1. Ein im Hochdeutschen veralteter Gebrauch dieser Partikel ist
es, wenn selbige im Oberdeutschen für ferner gebraucht wird. Unsere
Freunde, denn mehr andere patriotische Stände. Ingleichen für weil.
Denn die Stunde gekommen war.
Dasselb beschach Darumb dann zum Held der Jeger sprach,
Theuerd. Kap. 20.
Opitz gebraucht dann - dann, für bald - bald, ein im
Hochdeutschen eben so ungewöhnlicher Fall:
Dann mußten sie vertragen, Daß man sie eingesteckt,
dann daß man sie geschlagen.
Anm. 2. Im Oberdeutschen lautet diese Partikel
durchgängig dann, im Nieders. den. In Fragen gebraucht Notker für die
Enklitika denn schon tenne, Ottfried thanne, Isidors Übersetzer aber
dhanne. Nach einem Comparative setzt Ottfried thanne und Kero denne; aber der
letztere gebraucht dieses Bindewort auch für wenn, und danta für
weil. Wanta ist noch eine andere verwandte Partikel, welche Ottfried und
Willeram für denngebrauchen, und die noch in dem Niedersächsischen
wante vorhanden ist. Wenn denn eine Ursache bezeichnet, so hat derjenige Satz,
in welchem es vorkommt, eigentlich ein Kolon oder doch ein Semikolon vor sich.
Ist aber der vorher gehende Satz nur kurz, so ist er auch mit bloßen Komma
zufrieden. [
1451-1452]