Der Deich
, des -es, plur. die -e, ein nur in den Niedersächsischen
Marschländern übliches Wort, einen Damm von Erde zu bezeichnen, der
zur Abhaltung des zuweilen einbrechenden Fluß- oder Seewassers
aufgeführet wird. Einen Deich aufführen. Einen Deich durchstechen.
Den Deich einlegen, zurück legen, einziehen, oder eine Einlage machen,
einen beschädigten Deich in einer kürzern Linie aufführen. Zu
Deiche fahren, zur Ausbesserung eines Deiches abgehen. Von dem Deiche fahren,
von der Arbeit an einem Deiche wieder nach Hause gehen. Die Deiche belaufen,
besichtigen. Einem Deiche schaufrey machen, ihn so ausbessern, daß die
Aufseher nicht daran auszusetzen finden. Den Deich aus der Last bringen, den
Durchbruch eines Deiches vorerst so ausbessern, daß die gewöhnliche
Fluth davon abgehalten wird. Figürlich werden in Niedersachsen auch die
Torfhaufen, wenn sie einem Damme oder Deiche gleichen, Deiche genannt. Den Torf
in Deiche setzen.Anm. 1. Im Nieders. lautet dieses Wort Diik, im Holländ.
Dyk, im Angels. Dic, Dice, im Engl. Dike, im Franz. Digue, alle in der
Bedeutung eines Dammes oder Walles von Erde. Eigentlich ist dieses Wort
einerley mit dem Hochdeutschen Teich, piscina, welches im Nieders. gleichfalls
Diik, im Angels. Dic, im Engl. Ditch, Dich, im Schwed. Dike, im Isländ.
Diki, lautet, und womit das Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ein Wasserbehältniß, und das
Latein. ducere fossam, überein kommt. Ohne die vielen zum Theil seltsamen
Ableitungen des Nieders. Deich. anzuführen, soll hier nur bemerket werden,
daß Wachters Ableitung noch die vernünftigste ist, der das Angels.
dican, graben, für das Stammwort hält, von welchem unser
Hochdeutsches stechen nur durch den Zischlaut verschieden ist;
S. dieses Wort. Deich und Teich kommen also darin
überein, daß sie beyde ein Werk bedeuten, welches durch Graben
hervorgebracht worden. Die Benennung zweyer einander so entgegen gesetzter
Dinge, als Teich, piscina, und Deich, Damm, sind, mit einem und eben demselben
Worte, kann eben so wenig befremden, als daß Damm im
Niedersächsischen auch einen Fischteich, einen Graben, Graben aber im
Osnabrückischen auch einen Erdwall bedeutet. Agger bedeutete im
Römischen Festungsbaue so wohl einen Damm, als einen Graben, und im
mittlern Lat. sind Fossa und Fovea so wohl ein Hügel und Damm, als ein
Canal. Vielleicht hat das Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , eine Mauer, anfänglich auch nur einen
Erddamm bedeutet, und alsdann würde es gleichfalls hierher
gehören.Anm. 2. Die Ursache aber, warum man Deich in der Bedeutung eines
Erddammes hier mit einem weichen D geschrieben findet, ist nicht, um es von
einem Fischteiche zu unterscheiden, sondern weil es in dieser Bedeutung ein
Kunstwort der Niedersachsen ist, welches sie, auch wenn sie Hochdeutsch
schreiben und sprechen, beständig mit einem D ausdrucken. Das Wort Damm
ist bey den Niedersachsen von einem Erdwalle gleichfalls üblich, doch
gebrauchen sie von den Dämmen wider das See- und Flußwasser am
häufigsten und liebsten das Wort Deich. Da auf diesen Deichen die ganze
Sicherheit der niedrigen Marschländer beruhet, so sind sie auch ein sehr
wesentliches Stück der Polizey und Rechtsgelehr-samkeit dieser Gegenden.
Man hat daher auch eine Menge dahin gehöriger Zusammensetzungen, von
welchen die vornehmsten im folgenden angeführet werden sollen. Andere, die
leicht zu verstehen sind, wie Deicharbeit, Deicharchiv, Deichbau,
Deichbaumeister, Deichbedienter, Deich-Commissarius, Deicherde, Deichfuhre,
Deich-Inspector, Deich-Interessent, Deich-Casse, Deichkosten, Deichobrigkeit,
Deichrechnung, Deichregister, Deichrentmeister, Deichsache, Deichschreiber,
Deich-Secretär, Deichverständig, Deichwesen u. a. m. habe ich
übergehen zu können geglaubt. [
1435-1436]